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Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.M. Remarque
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er.
    Ich habe nachmittags zu Hause gesessen und versucht, irgendetwas zu tun. Aber es ist nichts geworden, und seit einer Stunde schon streife ich ziellos durch die Straßen. Dabei komme ich an der Holländischen Diele vorbei. Das ist die dritte Likörstube, die im Laufe von drei Wochen eröffnet worden ist. überall schießen diese Dinger mit ihren bunten Schildern wie Fliegenpilze zwischen den Häuserfronten heraus. Die Holländische Diele ist die größte und feinste.
    Vor der erleuchteten Glastür steht ein Portier, der halb wie ein Husarenoberst und halb wie ein Bischof aussieht, ein mächtiger Kerl mit einem gold beschlagenen Stab in der Hand. Ich fasse ihn schärfer ins Auge – da verlässt ihn auch schon alle Würde, er stößt mir seinen Knüppel gegen den Magen und schmunzelt: »Salü, Ernst, alte Vogelscheuche! Kommang ßawa, wie der Franzose sagt.« Er ist der Unteroffizier Anton Demuth, ein früherer Küchenbulle von uns. Ich mache ihm eine stramme Ehrenbezeigung, denn beim Kommiss wurde uns eingebläut, Ehrenbezeigungen gälten der Uniform und nicht dem Träger. Diese Fantasieuniform hier aber ist große Klasse und mindestens ein Frontmachen wert.
    »Mahlzeit, Anton«, lache ich, »sag mal, um gleich von was Vernünftigem zu reden: hast du was zu fressen?«
    »Pupille«, antwortet er zustimmend, »Elstermanns Franz ist nämlich auch hier in diesem Saftladen. Als Koch!«
    »Wann kann ich vorbeikommen?«, frage ich, denn diese Tatsache genügt, um Bescheid zu wissen. Elstermann und Demuth waren die größten Requirierer von ganz Frankreich.
    »Nach ein Uhr heute Abend«, zwinkert Anton, »wir haben von einem Proviantamtsinspektor ein Dutzend Gänse rübergeschoben gekriegt, Schleichware. Da kannst du sicher sein, dass Elstermanns Franz vorher ein paar amputiert! Wer will behaupten, dass es bei Gänsen keinen Krieg gibt, in dem sie ihre Beine verlieren können?«
    »Keiner«, sage ich und frage: »Betrieb hier?«
    »Jeden Abend bombenvoll. Mal reinsehen?«
    Er schiebt die Portiere etwas zur Seite. Ich schiele durch einen Spalt in den Raum. Weiches, warmes Licht liegt über den Tischen, bläulicher Zigarettenrauch zieht in Streifen hindurch, Teppiche schimmern, Porzellan glänzt, und Silber leuchtet. An den Tischen sitzen Frauen, von Kellnern umgeben, und bei ihnen Männer, die nicht im Geringsten schwitzen oder verlegen sind. Mit wunderbarer Selbstverständlichkeit geben sie ihre Anweisungen.
    »Na, Mensch, mal mit so einer richtig auf die Rutschbahn, was?«, meint Anton und knufft mich in die Rippen.
    Ich antworte nicht, denn dieser farbige, wolkige Ausschnitt Leben erregt mich merkwürdig. Es ist etwas Unwirkliches darin, fast als träumte ich nur, hier auf der dunklen Straße im nassen Schneebrei zu stehen und dieses Bild durch den Türspalt zu sehen. Ich bin gebannt davon, ohne zu vergessen, dass da vermutlich nur eine Anzahl Schieber ihr Geld ausgibt – aber wir haben zu lange in dreckigen Erdlöchern gelegen, als dass nicht manchmal eine heftige und ganz irrsinnige Gier nach Luxus und Eleganz in uns aufspränge – denn Luxus ist Behütet- und Gepflegtsein –, und gerade das kennen wir ja überhaupt nicht.
    »Na, Mann, wie ist das?«, fragt Anton mich noch einmal, »ganz mollige Bettmiezen, was?«
    Ich komme mir albern vor, aber ich kann im Moment nicht richtig antworten. Dieser ganze Ton, den ich nun schon jahrelang gedankenlos mitmache, erscheint mir mit einmal roh und widerlich. Zum Glück erstarrt Anton gerade in Haltung und Würde, weil ein Auto vorfährt. Ein schlankes Geschöpf steigt aus und geht durch die Tür, ein wenig vorgebeugt, den Pelz mit einer Hand auf der Brust gerafft, das Haar glänzend unter einem eng anliegenden goldenen Helm, die Knie dicht beieinander, mit schmalen Füßen und schmalem Gesicht. Mit leicht nachgebenden Gelenken schreitet es an mir vorüber, in einem matten, bitteren Duft – und plötzlich erfasst mich ein rasender Wunsch, mit diesem Frauenkind durch die Drehtür zu den Tischen gehen zu können in die wohlige, behütete Atmosphäre der Farben und des Lichtes, sorglos schlendernd durch ein von Kellnern, Dienern und der Isolierschicht des Geldes eingefasstes, mildes Dasein, ohne die Not und den Dreck, die seit Jahren unser tägliches Brot sind. Ich muss wohl sehr schuljungenhaft aussehen, denn Anton Demuth lässt ein Gelächter aus seinem Bart kollern und pufft mich mit schiefem Blick in die Seite. »Wenn sie auch in Samt und Seide gehen – im Bett ist das

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