Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weihnachtspullover

Der Weihnachtspullover

Titel: Der Weihnachtspullover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Beck
Vom Netzwerk:
großzügigste Mensch, den es gibt. Sie hat schon genug gelitten. Ich kann mit deiner selbstsüchtigen Gehässigkeit umgehen, aber wenn du dieser Fraunoch weiter das Herz brichst, dann wirst du dich vor mir verantworten müssen, das schwöre ich dir.«
    Ich schaute in die Küche. Großmutter hatte uns den Rücken zugekehrt, während sie an der Spüle den Abwasch erledigte. Für einen kurzen Moment hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr das Leben so schwermachte. Aber das ging schnell vorüber.
    »Halt dich einfach aus meinem Leben raus. Ich werde das Gleiche mit deinem tun«, schnaubte ich zornig.
    »Nein, so funktioniert das nicht, Eddie. Ich werde dich lieben, ganz egal, wie sehr du auch gegen mich ankämpfst. Ich wünschte allerdings, es wäre nicht so. Ich würde viel lieber wieder mit dir lachen und Eiscreme essen gehen. Ich würde lieber hören, dass Großmutter uns fragt, wo wir in den letzten drei Stunden gesteckt haben. Ich würde dir lieber den Rest der Weihnachtsverstecke zeigen, die ich über die Jahre entdeckt habe, aber am allerliebsten hätte ich meinen besten Freund wieder zurück.«
    Das konnte doch wohl nicht wahr sein – schon wieder so ein Vortrag! Und er war noch nicht fertig. »Wenn du dich weiterhin selbst bemitleiden möchtest, dann tu das, es ist deine Entscheidung, aber es ist der falsche Weg. Doch wie dem auch sei, ich werde immer für dich da sein. Ich werde mit offenen Armen auf dich warten, bereit, dir zu beweisen, wie gut das Leben sein kann, wenn man sich anderen Menschen gegenüber nicht verschließt.Aber bis es so weit ist, werde ich dich mit Argusaugen beobachten. Du kannst mir nichts vormachen, Eddie. Ich verstehe dich besser, als du dich selbst verstehst.«
    »Du kannst mich beobachten, so viel du willst. Ist mir egal. Vielleicht lernst du ja noch etwas dabei. Außerdem gibt es hier nur einen Menschen, der mich auch nur ansatzweise versteht – und das bist bestimmt nicht du.«
    Großvater wirkte für einen Moment verwirrt und blickte kurz zur Küche hinüber.
    »Es ist auch nicht Grandma«, sagte ich mit mehr Verachtung, als ich empfand. »Ich rede von Russell.«
    »Von wem?«
    »Russell. Der Mann, der nebenan wohnt.«
    »Eddie, ich weiß nicht, was du damit bezwecken willst, aber hör endlich mit diesem Russell-Unsinn auf. Ich bin ein paarmal mit einigen Nachbarn drüben gewesen, und wir haben niemanden dort gesehen. Und es gibt auch kein Anzeichen dafür, dass die Johnsons die Farm verkauft haben.«
    »Nun, dann kennt ihr euch alle offenbar weniger gut, als ihr dachtet. Russell wohnt dort, und er kapiert es. Er weiß, wer ich bin.«
    Großvater funkelte mich wütend an. »Ich erkenne dich wirklich nicht mehr wieder, Eddie. Ich habe keine Ahnung, ob du tatsächlich etwas gesehen hast oder ob du dich da inirgendeine Fantasie flüchtest. Falls das der Fall sein sollte, so wird es nicht funktionieren. Aber wie dem auch sei, halt dich von der Johnson-Farm fern. Du hast kein Recht, dich dort ohne meine Begleitung aufzuhalten.«
    »In Ordnung«, erwiderte ich, obwohl es alles andere als das war. In diesem Augenblick wurde mir klar, wie sehr sich das Verhältnis zu meinem Großvater verschlechtert hatte. Er vermochte seinem Enkelsohn nicht einmal mehr zu vertrauen.
     
     
    Es war mir inzwischen zur Gewohnheit geworden, genau das Gegenteil von dem zu tun, was mir mein Großvater sagte.
    Ich stapfte durch das Gestrüpp zu der Farm der Johnsons hinüber und schritt an dem Pferch vorbei. Die Stute war draußen. Sie sah zu, wie ich vorüberging, und begrüßte mich mit einem Schnauben und einer kurzen, zuckenden Bewegung ihres Schweifes.
    Dasselbe Pferd, das zuvor so aggressiv gewesen war, war nun so zahm. Es schien wie verwandelt.
    Die unterste der Stufen, die zur Veranda vor dem Haus hinaufführten, war weggebrochen, und ich konnte die nächste Stufe nur mit einem kleinen Sprung erreichen. Oben angekommen, verharrte ich und lauschte dem mattenKupferwindspiel, das in der Nähe der Tür hing. Ein leichter Wind versetzte es in Bewegung und zwang es, ein paar wenig beeindruckende Töne von sich zu geben. Ich fragte mich, ob ich nicht besser umkehren und wieder nach Hause gehen sollte.
    Welches Zuhause?
    Die zerrissene Fliegengittertür ließ sich quietschend öffnen, während sich die Feder zum millionsten Mal streckte. Ich zögerte, klopfte dann aber leise an die Tür. Kleine Farbsplitter des alten Anstrichs lösten sich unter meinen Knöcheln. Ich entschloss mich, es noch einmal

Weitere Kostenlose Bücher