Der Weihnachtswunsch

nachdem er wieder an die Arbeit zurückgekehrt war, weiter, womit er begonnen hatte. Er nahm erneut Kontakt zu Grimes auf, allerdings diesmal klugerweise per Telefon. Der erste und zweite Versuch waren nicht viel erfolgreicher als sein Besuch bei Grimes, allerdings weniger schmerzhaft – Grimes schimpfte obszön und legte auf.
    Schließlich veranlasste Kier Lincoln, einen offiziellen Brief an Grimes zu schreiben, in dem er diesem drohte, ihn wegen Körperverletzung zu verklagen, sollte er nicht zu einem Treffen in Kiers Büro erscheinen. Als zusätzliche Maßnahme ließ er das Schreiben von einem Polizisten in Uniform während dessen Freizeit ausliefern.
    Grimes erschien zur festgesetzten Zeit am angegebenen Ort – wütend, besorgt und mit einer Überzahl von Kiers Mitarbeitern konfrontiert, zu denen auch zwei stämmige Vorarbeiter gehörten, die dafür sorgen sollten, dass alles friedlich ablief.
    Vor allen Anwesenden entschuldigte sich Kier förmlich bei Grimes. Dann unterbreitete er ihm ein Angebot, das Grimes kaum ausschlagen konnte, wenn er bei Sinnen war.
    Grimes schlug es tatsächlich nicht aus.
    Heute leitet Eddie Grimes alle geschäftlichen Projekte von Kier Company.
    Zum einjährigen Jubiläum seiner Anstellung lud Kier Grimes zu einem Essen an seinem Tisch im Rossi’s ein. Die Männer aßen, tranken und lachten zusammen. Dann machte Kier Grimes ein unerwartetes Geschenk: Anteile im Wert von drei Prozent der Kier Company.
    Grimes, der naturgemäß spontan körperlich reagierte, umarmte ihn.
    Die beiden Männer wurden die besten Freunde.
    Mit Lindas Unterstützung spürte Kier Gary Rossis Frau auf, Melissa. Sie war versöhnungsbereiter als Rossis Schwester. Kier überschrieb ihr die Hälfte des Restaurants, überreichte ihr einen Scheck über den ihr zustehenden Gewinn und richtete Ausbildungskonten für jedes ihrer drei Kinder ein. Inzwischen nehmen Melissa und ihre drei Kinder als Kiers Geschäftspartner jedes Jahr an der Weihnachtsfeier des Unternehmens teil.
    Estelle Wyss besuchte Kier nie mehr. Allerdings stiftete er in ihrem Namen ein Stipendium, wodurch jährlich das Auslandsstudium einer jungen Studentin der University of Utah in Italien finanziert wird.
    Kier besuchte auch Carnes nie wieder. Carnes’ Buch, Jäger oder Gejagter , erschien im folgenden Mai in den USA. Zu Kiers Entsetzen war es ihm gewidmet.
    Carnes hielt Wort und schickte ihm ein Exemplar der ersten Auflage mit einer persönlichen Widmung. Eine zweite Auflage gab es nicht mehr. Im Dezember entdeckte Kier auf dem Wühltisch am Eingang von Barnes & Noble ein signiertes Exemplar des Buches als Sonderangebot für drei Dollar.
    Zwei Jahre nach Saras Tod übergab Kier die Leitung von Kier Company an Tim Brey und verließ das Unternehmen, um die Sara-E.-Kier-Stiftung zu gründen, eine gemeinnützige Organisation, die Unterkünfte für jugendliche Ausreißer bereitstellt. Indem er das tat, verwirklichte er schließlich seinen Traum, in Schwierigkeiten geratenen Jugendlichen zu helfen. Heute sind sieben solcher Einrichtungen in Betrieb.
    In einer der Thanksgiving-Ausgaben der Salt Lake Tribune erschien ein Artikel, in dem die Äußerungen mehrerer Prominenter aus Utah über die »wahre Bedeutung von Weihnachten« zitiert wurden. So lautete Kiers Antwort:
    Die wahre Bedeutung von Weihnachten? Gottes Gnade. Und das Begreifen, dass wir Gnade ebenso wenig erwerben können, wie sich um Liebe feilschen lässt. Ihrem Wesen entsprechend wird Gnade freiwillig gewährt und ohne dass man sie verdient hätte, das heißt: ohne Gegenleistung, Zwang oder Vorschrift. Das Beste, was wir tun können, besteht darin, unsere Herzen zu öffnen, um sie ganz zu empfangen, mit all unserer Stärke, unserer Sehnsucht und unseren Absichten, sodass wir der Gabe Gottes teilhaftig werden können. Jedenfalls macht das meiner Meinung nach Weihnachten aus. Aber was weiß ich schon, ich bin nur ein Zimmermann.

Über den Autor
    Als sich Richard Paul Evans hinsetzte, um Die wundersame Schatulle zu schreiben, hätte er sich nie vorstellen können, dass sein Buch zu einem Bestseller werden würde. Die leise Erzählung über elterliche Liebe und die eigentliche Bedeutung von Weihnachten schrieb Geschichte, als sie in den Vereinigten Staaten gleichzeitig die Hardcover- und die Taschenbuch-Bestsellerlisten anführte. Seither hat er dreizehn New-York-Times -Bestseller in Folge geschrieben. Er ist einer der wenigen Autoren, dessen Werke auf der Sachbuch-Bestsellerliste standen, und