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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Besuch anmeldete, lief alles durcheinander, und jede Ecke wurde gereinigt, denn sie machte sich
     Sorgen darüber, was die Nachbarn über ihren Haushalt wohl dachten.
    Sie drängte mich, Oswalds Wergeld zu zahlen. Dass ich ihn als Dieb überführt hatte, war für Mildrith unwichtig; sie wollte
     nur, dass mit der Entrichtung des Wergeldes auch im Tal der Uisc Frieden einkehrte. Sie verlangte sogar von mir, Odda den
     Jüngeren aufzusuchen. «Ihr könntet Freundschaft schließen», meinte sie.
    «Mit dieser Schlange?»
    «Und Wirken sagt, du hättest den Zehnten noch nicht bezahlt.»
    Wirken war der Priester von Exanmynster, und ich hasste ihn. «Der versäuft den Zehnten doch nur», knurrte ich. Der Zehnte
     war eine Abgabe, die alle Landbesitzer an die Kirche entrichten mussten, und nach dem Recht hätte ich Wirken einen Teil meiner
     Ernte schicken müssen, doch ich hatte es nicht getan. Dennoch kam der Priester häufig nach Oxton, und zwar immer dann, wenn
     er mich auf der Jagd wähnte. Dann trank er mein Bier und aß sich an meinen Speisen dick und fett.
    «Er kommt, um mit uns zu beten», sagte Mildrith.
    «Er kommt, um zu fressen», entgegnete ich.
    «Und er sagt, dass uns der Bischof das Land abnehmen wird, wenn wir die Schulden nicht begleichen.»
    «Die Schulden werden beglichen.»
    «Wann? Wir haben doch das Geld!» Sie deutete auf den neuen Palas. «Wann?»
    «Wenn ich es will», knurrte ich. Ich sagte ihr nicht, wann und von welchem Geld, denn sonst hätten bald auch der Priester
     und der Bischof Bescheid gewusst. Mit der Bezahlung der Schulden war es nicht getan. Mildriths Vater, |145| dieser Dummkopf, hatte einen Teil der zukünftigen Erträge unseres Landes der Kirche vermacht, diese Last wollte ich los sein,
     und weil ich sonst bis an mein Lebensende verschuldet wäre, dachte ich daran, den Bischof mit einer Überraschung günstig zu
     stimmen. Aber davon sollte Mildrith nichts wissen, denn sie hätte unweigerlich nur wieder angefangen zu weinen. Ich war ihrer
     überdrüssig, und das wusste sie auch. Eines Tages erwischte ich sie dabei, wie sie Iseults Dienerin schlug. Das Mädchen war
     Angelsächsin, und ich hatte sie Iseult zur Dienstmagd gegeben, doch sie arbeitete auch in der Milchküche, und Mildrith schlug
     sie, weil nicht alle Käselaiber gewendet worden waren. Ich zerrte Mildrith von ihr weg, was natürlich einen weiteren Streit
     nach sich zog. Sie war offenbar doch nicht so blind gewesen, wie ich es vermutet hatte, und warf mir vor, dass ich von Iseult
     Bastarde haben wollte, und das stimmte auch. Aber dann erinnerte ich sie daran, dass ihr Vater auch jede Menge Bastarde in
     die Welt gesetzt hatte, von denen übrigens ein halbes Dutzend in unseren Diensten stand. «Lass Iseult und ihre Magd in Ruhe»,
     sagte ich, und wieder fing sie zu weinen an. Es waren keine glücklichen Tage.
    Mit der Zeit lernte Iseult Englisch zu sprechen, genauer gesagt: ein northumbrisches Englisch, denn sie lernte das meiste
     von mir. «Du bist mein Mann», sagte sie. Ich war Mildriths Mann und Iseults Mann. Sie sagte, dass sie an dem Tag, an dem ich
     in Peredurs Palas gekommen sei, neu geboren wurde. «Ich hatte von dir geträumt», sagte sie, «von dem großen Mann mit den goldenen
     Haaren.»
    «Träumst du jetzt nicht mehr?», fragte ich, denn ich wusste, dass sie ihre Weissagungen aus ihren Träumen bezog.
    «Doch», antwortete sie. «Von meinem Bruder. Er spricht zu mir.»
    |146| «Dein Bruder?», fragte ich überrascht.
    «Wir sind Zwillinge», erklärte sie. «Mein Bruder kam zuerst, und als ich dann geboren wurde, starb er. Er ging in die Schattenwelt
     und berichtet mir seitdem, was er dort sieht.»
    «Und was sieht er?»
    «Er sieht deinen König.»
    «Alfred?», sagte ich missmutig. «Ist das gut oder schlecht?»
    «Ich weiß es nicht. Die Träume bleiben unklar.»
    Sie war keine Christin. Stattdessen glaubte sie, jeder Ort und jedes Ding sei von einem eigenen Gott oder einer Göttin beseelt:
     ein Bachlauf von einer Nymphe, ein Wald von einer Dryade, ein Baum von seinem Baumgeist, es gab einen Gott für das Feuer und
     einen für die See. Der Christengott war für sie, wie auch Thor oder Odin, nur eine von vielen Gottheiten in dieser unsichtbaren
     Schar der höheren Mächte, und wenn sie träumte, war es ihr, als belausche sie die Götter. Eines Tages, als sie neben mir über
     die Hügel ritt, sagte sie plötzlich, dass mir Alfred große Macht geben werde.
    «Er verachtet mich», erklärte

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