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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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äußerst
     zugetan. Sie hat rotes Haar und |152| arbeitet im Wachtelkönig, das ist ein Gasthaus. Sie ist eine Hure.»
    Der Priester gestikulierte wieder in einem Versuch, mich dazu zu bewegen, leiser zu sprechen.
    «Ich war bei Eanflæd», fuhr ich fort, «und sie hat mir viel vom Bischof erzählt. Sie hat gesagt   …»
    Die Mönche hatten aufgehört, ihre Körbe zu flechten und hörten zu, doch der Priester unterbrach mich halb schreiend: «Vielleicht
     hat der Bischof doch einen Moment Zeit für Euch.»
    «Dann meldet ihm, dass ich gekommen bin», sagte ich freundlich.
    «Seid Ihr Uhtred von Oxton?», fragte er.
    «Nein», entgegnete ich. «Ich bin Graf Uhtred von Bebbanburg.»
    «Ja, gnädiger Herr.»
    «Mitunter auch bekannt als Uhtredærwe», fügte ich hämisch hinzu. Uhtred der Böse.
    «Ja, Herr», wiederholte der Priester und hastete davon.
    Alewold war eigentlich der Bischof von Cridianton, aber weil dieser Ort als nicht so sicher wie Exanceaster galt, lebten die
     Bischöfe von Cridianton schon seit vielen Jahren in der größeren Stadt, was jedoch, wie ihnen Guthrum zeigte, nicht der Weisheit
     letzter Schluss gewesen war. Guthrums Dänen hatten die Kathedrale geplündert und auch den Bischofssitz nicht verschont, der,
     wie ich nun sah, immer noch nur aufs Notdürftigste eingerichtet war. Alewold saß an einem Tisch, der aus einem Schlachthaus
     zu stammen schien. Die dicke Tischplatte war übersät mit Kerben und Flecken alten Blutes. Der Bischof musterte mich empört.
     «Ihr solltet nicht hier sein», sagte er.
    «Warum nicht?»
    |153| «Weil Ihr morgen vor Gericht zu erscheinen habt.»
    «Morgen», sagte ich, «seid Ihr Richter. Heute seid ihr Bischof.»
    Alewold nahm meine Bemerkung mit einem kleinen Kopfnicken hin. Er war ein älterer Mann mit fülligem Gesicht und stand im Ruf,
     ein strenger Richter zu sein. Als die Dänen über Exanceaster hergefallen waren, hatte er sich mit Alfred in Scireburnan aufgehalten.
     Diesem Umstand verdankte er sein Leben. Wie alle Bischöfe in Wessex war er ein glühender Anhänger des Königs, und ich zweifelte
     keinen Augenblick daran, dass Alewold wusste, wie sehr mich Alfred ablehnte, und das bedeutete: Vor Gericht konnte ich von
     ihm keine Milde erwarten.
    «Ich habe zu tun», sagte Alewold und deutete auf die Schriftstücke, die über den fleckigen Tisch verteilt lagen. Mit am Tisch
     saßen zwei Schreiber, und hinter dem Stuhl des Bischofs hatten sich sechs Priester zusammengeschart, die aus ihrer Abneigung
     mir gegenüber kein Hehl machten.
    «Meine Frau», sagte ich, «hat eine Schuld an die Kirche geerbt.»
    Alewold warf einen Blick auf Iseult, die als Einzige mit mir in das Gebäude gekommen war. Sie sah wunderschön aus, stolz und
     vermögend. Am Hals und im Haar trug sie silbernen Schmuck, und der Umhang wurde von zwei Broschen zusammengehalten, die eine
     aus Jett, die andere aus Bernstein. «Eure Frau?», fragte der Bischof abfällig.
    «Ich bin gekommen, um die Schulden abzutragen», sagte ich, ohne auf seine Frage einzugehen, warf einen Sack auf seinen Schlachtertisch,
     und der große Silberteller, den wir auf Ivars Schiff gefunden hatten, rutschte heraus. Das Silber machte ein sattes Geräusch,
     als es auf den Tisch prallte, und plötzlich wurde es in dem engen |154| düsteren Raum, dessen Licht nur von drei Binsenlampen und einem kleinen, holzvergitterten Fenster kam, so hell, als wäre die
     Sonne aufgegangen. Alewold starrte wie gebannt auf das schwere, glänzende Silber.
    Es gibt gute Priester. Beocca und Willibald zählen dazu, doch habe ich in meinem langen Leben die Erfahrung gemacht, dass
     die meisten Kirchenmänner Armut predigen, selbst aber dem Reichtum verfallen sind. Sie lieben das Geld, und die Kirche zieht
     Geld an, wie eine Kerze die Motten. Ich wusste, dass es Alewold nach Geld gelüstete, mindestens ebenso sehr wie nach den Freuden,
     die eine rothaarige Hure aus Cippanhamm zu spenden vermochte. Er konnte seinen Blick nicht von dem Teller abwenden. Er streckte
     die Hand aus und streichelte den dicken Rand, als könne er seinen Augen nicht trauen. Dann zog er den Teller zu sich und musterte
     die zwölf Apostel. «Eine Patene», sagte er ehrfurchtsvoll.
    «Ein Teller», sagte ich lässig.
    Einer der Priester beugte sich über die Schultern eines Schreibers. «Irische Arbeit», bemerkte er.
    «Sieht ganz danach aus», bestätigte Alewold. Dann blickte er mich argwöhnisch an. «Den wollt Ihr der Kirche

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