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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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würde.
    Mildrith hatte sich neben mich gestellt. Sie war merklich erschüttert von Haralds Vorladung, gab sich aber alle Mühe, ihre
     Haltung zu bewahren. «Es tut mir leid um Eure Frau», sagte sie.
    Der Vogt bekreuzigte sich, und auf seinem Gesicht flackerte Schmerz auf. «Sie war lange krank, nun hat Gott sie in seiner
     Gnade zu sich genommen.»
    Ich hatte nicht gewusst, dass er Witwer war, noch kümmerte es mich besonders. «Sie war eine gute Frau», sagte Mildrith.
    «Ja, das war sie», bestätigte Harald.
    «Ich bete für sie.»
    «Ich danke Euch», sagte Harald.
    «So wie ich auch für Odda den Älteren bete», fuhr Mildrith fort.
    «Er lebt, Gott sei gepriesen.» Harald bekreuzigte sich abermals. «Aber er ist noch sehr schwach und leidet Schmerzen.» Er
     berührte seinen kahlen Schädel und zeigte die Stelle, an der Odda der Ältere verletzt war.
    «Und wer ist der Richter?», unterbrach ich die beiden gereizt.
    |150| «Der Bischof», antwortete Harald.
    «Nicht der Aldermann?»
    «Der ist in Cippanhamm.»
    Mildrith bestand darauf, Harald und seine Männer mit Bier und Speisen zu bewirten. Die beiden sprachen noch lange miteinander
     und tauschten Neuigkeiten über Nachbarn und Familienangehörige aus. Beide stammten aus Defnascir, ich jedoch nicht, sodass
     mir kaum jemand, über den sie sich unterhielten, bekannt war. Trotzdem spitzte ich die Ohren, als Harald sagte, Odda der Jüngere
     würde eine junge Frau aus Mercien heiraten. «Sie ist mit ihrer Familie hierhergeflüchtet», erzählte er.
    «Ist sie von hoher Geburt?», wollte Mildrith wissen.
    «Von sehr hoher Geburt», antwortete Harald.
    «Ich wünsche ihnen alles Gute», sagte Mildrith, und es schien, als meinte sie es ernst. Sie war in guter Stimmung an diesem
     Tag, froh über Haralds Gesellschaft, doch als er sich schließlich verabschiedet hatte, tadelte sie mich für mein ruppiges
     Verhalten. «Harald ist ein guter Mann», sagte sie, «ein freundlicher Mann. Er hätte sicher einen guten Rat für dich gehabt.
     Er hätte dir helfen können!»
    Ich hörte nicht auf sie, ging aber zwei Tage später nach Exanceaster, begleitet von Iseult und all meinen Männern. Einschließlich
     Haesten unterstanden mir jetzt achtzehn Kämpfer. Ich hatte sie mit Waffen, Schilden und Lederpanzern ausgerüstet und führte
     sie über den Markt, der immer abgehalten wurde, wenn das Gericht tagte. Es gab Stelzengänger und Jongleure zu sehen, einen
     Mann, der Feuer schluckte, und einen tanzenden Bären. Da waren Bänkelsänger, Harfner, Geschichtenerzähler, Bettler, jede Menge
     Federvieh und Pferche voller Schafe, Ziegen, Kälber und Schweine. Käselaiber, Räucherfisch, mit Schmalz gefüllte Schweinsblasen,
     Töpfe voll Honig, Stiegen mit |151| Äpfeln und Körbe mit Birnen. Iseult, die zum ersten Mal in Exanceaster war, staunte über die Größe der Stadt mit ihren dicht
     an dicht gebauten Häusern und das geschäftige Leben. Ich sah Leute, die sich bei ihrem Anblick bekreuzigten, denn es hatte
     sich herumgesprochen, dass auf Oxton eine fremde, heidnische Schattenkönigin lebte.
    Die Bischofspforte wurde von Bettlern belagert. Da waren eine verkrüppelte Frau mit einem blinden Kind und an die zwei Dutzend
     Männer, die im Krieg Arme oder Beine verloren hatten. Ich warf ihnen eine Handvoll Pennys hin und ritt, den Kopf unter dem
     Torbogen geduckt, in den Hof neben der Kathedrale, wo etliche Häftlinge in Ketten lagen und auf ihr Urteil warteten. In einer
     Ecke kauerten, eingeschüchtert von den Häftlingen, mehrere Mönche, die Bienenkörbe flochten, während etwa zwölf bewaffnete
     Männer um drei Feuer saßen. Sie warfen argwöhnische Blicke auf meine Begleiter, und ein junger Priester kam aufgeregt gestikulierend
     durch die Pfützen herbeigelaufen. «Waffen sind auf dem Domplatz nicht gestattet!», erklärte er streng.
    «Die sind auch bewaffnet», sagte ich und nickte in Richtung der Männer, die sich am Feuer wärmten.
    «Das sind die Männer des Landvogts.»
    «Je eher meine Sache geregelt ist», sagte ich, «desto schneller sind meine Waffen wieder verschwunden.»
    Er blickte ängstlich zu mir auf. «Eure Sache?»
    «Ich muss mit dem Bischof reden.»
    «Der Bischof betet gerade», entgegnete der Priester, brüskiert, als ob ich das hätte wissen müssen. «Außerdem empfängt er
     nicht jeden. Ihr könnt mit mir reden.»
    Ich lächelte und sagte mit leicht erhobener Stimme: «Vor zwei Jahren war Euer Bischof einer jungen Frau namens Eanflæd

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