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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Rudledge nickte heftig.
    »Genauso ist es, General. Infanterie, Kavallerie, Artillerie – alles, was dazugehört. Der alte Santa Ana hat einiges aufgeboten, um mit uns fertig zu werden.«
    »Wenn das so ist, müssen wir rasch handeln. Fitchner, Sie werden morgen die dreißig Meilen ausmessen, aber in die Gegenrichtung. Wir ziehen uns zurück. Du«, Houstons rechter Zeigefinger stach auf Rudledge zu, »reitest zum Alamo und überbringst Colonel Travis den Befehl, das Fort zu räumen. Niemand kann die Mauern dort gegen eine solche Armee halten. Das Gleiche gilt für Colonel Fannin in Goliad. Ich brauche die beiden und ihre Männer bei meiner Armee.«
    Walther fragte sich, ob es überhaupt Sinn hatte, den Kampf gegen einen solchen Gegner aufzunehmen. Mit fünftausend Mann war Santa Ana ihrer eigenen Armee derzeit um fast das Zehnfache überlegen. Selbst wenn die etwa fünfhundert Mann von Travis und Fannin zu ihnen stießen, war das Verhältnis immer noch fünf zu eins zu ihren Ungunsten. Hoffentlich ist Gisela früh genug nach Louisiana aufgebrochen, dachte er und betete, dass seine Frau mit dem ungeborenen Kind, Josef und Nizhoni in Sicherheit waren. Für ihn galt es, alle Kraft einzusetzen, um zu verhindern, dass Santa Anas Truppen in Texas die gleichen Greueltaten begehen konnten wie in Yucatán und Zacatecas.
    »Was machen wir jetzt, General – außer davonzulaufen?«, fragte er Houston.
    Der sah ihn mit einem Achselzucken an. »Wenn ich das wüsste, wäre mir wohler. Vorerst können wir den mexikanischen Soldaten nur so viel Staub zu schlucken zu geben, dass sie daran ersticken.«

12.
    D as Leben in San Felipe de Austin wurde immer beschwerlicher. Die Stadt war überfüllt, weil etliche Bewohner der weiter westlich gelegenen Siedlungen in ihr Zuflucht gesucht hatten, um nicht sofort von Santa Anas Armee überrollt zu werden. Gleichzeitig machten Gerüchte die Runde, der Diktator von Mexiko habe ein Heer aufgestellt, wie es die westliche Welt noch nicht gesehen habe.
    Als Gisela an diesem Tag den Laden betrat, war Jack in ein Gespräch mit zwei Kunden verwickelt und dachte nicht daran, sie nach ihren Wünschen zu fragen.
    »Ich habe gestern mit einem Mann gesprochen, der von einem Franzosen, der in Mexiko war, erfahren hat, dass Santa Ana bereits unterwegs ist. Zuverlässigen Berichten zufolge soll er mehr als zehntausend Mann unter Waffen haben. Gegen die hat Houston mit seinen paar hundert Milizionären nicht die geringste Chance!«, berichtete gerade einer der Männer.
    Jack schnaufte erschrocken. »Zehntausend Mann, sagen Sie?«
    »Mindestens! Die Engländer sollen seine Armee ausgerüstet haben, weil sie hoffen, dass es zu einem großen Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko kommt, in den sie von Kanada aus eingreifen können, um uns wieder zu ihrer Kolonie zu machen. Beste Gewehre, sagt der Franzmann, dazu erstklassige Geschütze, Uniformen, Decken, Tornister, einfach alles, was ein Heer braucht. Santa Ana wird über Texas hinwegfegen wie ein Hurrikan, und danach wird kein einziger Amerikaner mehr hier sein. Wer nicht rechtzeitig flieht, wird massakriert!«
    Es lief Gisela kalt den Rücken hinunter. Das musste Walther befürchtet haben, sonst hätte er ihr nicht zur Flucht nach Louisiana geraten. Nun ärgerte sie sich, weil sie sich hatte überreden lassen, hierherzukommen. Sie hätte Josef nehmen und schnurstracks nach Osten fahren müssen. Nun aber würde ihr nichts anderes übrigbleiben, als es von hier aus zu tun.
    Da Jack noch immer nicht daran dachte, sie zu bedienen, verließ sie den Laden wieder und kehrte zu Annelieses Hotel zurück. Dort hatten sich nach Charlotte Poulains Tod einige Änderungen ergeben. Nizhoni, Gertrude, Arlette, Cécile und sie schliefen nun in der Waschküche, denn Anneliese hatte mittlerweile auch den Schuppen an Obdachsuchende vermietet. Es war in dem kleinen, nach Laugenseife riechenden Raum nicht besonders bequem, doch angesichts der Umstände mussten ihre Freundinnen und sie dankbar sein, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Das wird nicht mehr lange so bleiben, dachte Gisela, als sie in die Küche trat und dort Anneliese antraf, die eben Gertrude und Arlette anwies, den Gästen das Frühstück zu bringen.
    »Hast du den Kaffee, oder ist er schon zu teuer für uns geworden?«, fragte sie Gisela, als diese hereinkam.
    Gisela schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe nur Jack und zwei Männern zugehört. Santa Ana soll mit einer gewaltigen Armee unterwegs

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