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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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nichts, wenn sie den Mann einfach niederschoss. Danach würde sie als Mörderin gelten und verhaftet werden, und das durfte sie weder Walther noch Josef antun. Da sie den Mann nicht bestrafen konnte, belauschte sie das Gespräch.
    Gerade gestikulierte Spencer heftig vor Henry Smiths Nase. »Mister Gouverneur, ich verspreche Ihnen dreihundert Mann, prächtige Burschen aus Louisiana und Alabama und begierig darauf, die Mexikaner zu verhauen. Aber Sie müssen mich verstehen! Die Anwerbung dieser Männer und ihre Ausrüstung hat sehr viel Geld gekostet. Ich stehe, um es offen zu sagen, am Rande des Ruins. Wie wollen Sie mir meine Auslagen zurückzahlen? Da Sie keinen einzigen schimmeligen Cent in Ihrer Staatskasse haben, ist Land die einzige Währung, die wir nehmen können. Garantieren Sie jedem meiner Jungs fünf Quadratmeilen Land, und Sie werden sich wie Löwen auf die Mexikaner stürzen. Für das, was ich bis jetzt in Ihre Sache hineingesteckt habe, sind zweihundert Quadratmeilen guten Landes nicht zu viel verlangt. Ich kann es parzellieren und an Siedler aus den anderen Staaten verkaufen.«
    »Ich bin der gleichen Ansicht wie Mister Spencer«, sprang Schüdle seinem Begleiter bei. »Auch ich habe bereits etliches an Geld ausgegeben, um Texas und die Texaner zu unterstützen. Ich kann Ihnen gut einhundert Mann bringen und gebe mich selbst mit einem Drittel dessen zufrieden, was Mister Spencer verlangt. Was sind schon ein paar hundert Quadratmeilen in einem so großen Land wie Texas?«
    »Sie vergessen unsere eigenen Soldaten! Was würden die sagen, wenn sie erfahren, dass Ihre Leute um einiges mehr Land bekommen als sie selbst?« Smith wirkte verzweifelt, denn die Forderung der beiden Männer brachte ihn in eine Zwickmühle. Lehnte er ab, würde die Hilfe unterbleiben, die Texas dringend benötigte. Wenn er jedoch darauf einging, hatte er Ärger mit seinen Leuten und musste damit rechnen, dass diese ihn seines Amtes enthoben.
    »Woher sollen wir so viel freies Land nehmen?«, stöhnte er. »Es ginge höchstens weiter im Westen in der Prärie.«
    Schüdle maß den Gouverneur mit einem abfälligen Blick. »Damit unsere Jungs die verdammten Indianer am Hals haben? Jagen Sie doch die Mexikaner zum Teufel, diese Seguíns, Gamuzanas und wie die alle heißen! Dann haben Sie genug Land für Ihre Jungs und unsere.«
    Gisela hörte fassungslos zu, wie Spencer und Schüdle den Gouverneur erpressten.
    »Das kann ich nicht allein entscheiden, da muss das Parlament befragt werden«, rief Smith in höchster Not.
    »Kümmern Sie sich darum! Aber warten Sie nicht zu lange. Sonst ist Santa Ana schneller in San Felipe als unsere Jungs.«
    In Spencers Stimme schwang Spott mit. Er ging wohl fest davon aus, dass den Texanern gar nichts anderes übrigbleiben würde, als auf seine und Schüdles Forderungen einzugehen. Sichtlich zufrieden kehrte er dem Gouverneur den Rücken und schritt die Straße entlang. Dabei begegnete er Gisela, die das Zuckerfässchen wieder an sich genommen hatte. Ein hübsches Ding, dachte er, aber trotz der fortgeschrittenen Schwangerschaft irgendwie zu schmal und zu blass. Den hasserfüllten Blick, den Gisela ihm nachschickte, bemerkte er nicht. Schüdle achtete nicht auf die junge Frau, sondern berechnete, wie viel er an dem Land, das er haben wollte, verdienen würde, wenn die Vereinigten Staaten in Texas eingriffen und es sich einverleibten.

10.
    G iselas Wut war so groß, dass sie das Zuckerfässchen ohne einen weiteren Aufenthalt zu Anneliese Belchers Hotel schleppte. Dort stellte sie es schwer atmend auf den Tisch und überlegte, womit sie ihre Tirade beginnen sollte – mit den rasant steigenden Preisen oder ihrer Begegnung mit Spencer.
    Als Anneliese, Arlette und Gertrude in die Küche kamen und Gisela mit einer Miene wie eine Gewitterwolke am Tisch sitzen sahen, blickten sie diese verwundert an.
    »Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?«, fragte Anneliese.
    »Eine? Es waren gleich mehrere! Der Zucker ist doppelt so teuer wie letztens, und zum anderen habe ich diese Halunken Spencer und Schüdle gesehen und ihr Gespräch mit dem Gouverneur belauscht. Sie haben ihn auf der Straße angesprochen wie einen x-beliebigen Passanten.«
    »Mein Mann ist also hier!« Rau klang Gertrudes Stimme auf.
    »Wenn du ihn über den Haufen schießen willst, leiht Gisela dir gewiss ihre Pistole«, erklärte Arlette.
    Einen Augenblick lang sah Gertrude so aus, als wolle sie diesen Rat befolgen, dann

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