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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Austin und anderen Teilen Texas flohen, musste sie zu Gisela und Josef zurückkehren. Die beiden brauchten sie nach dem Verlust des Zugpferds dringender denn je.
    Als sie in einem Tempo, das die Stute nicht überforderte, zurückritt, traf Nizhoni immer wieder auf Reiter oder Reisende mit Pferd und Wagen, die ostwärts strebten, und ihr war klar, dass dies die Richtung sein würde, die sie bald selbst mit Gisela und Josef würde einschlagen müssen.

Siebter Teil Die Flucht

1.
    D ie Gerüchte, die San Felipe de Austin erreichten, überschlugen sich förmlich, und in ihnen wuchs die Stärke der mexikanischen Armee ins Uferlose. Gleichzeitig berichteten angebliche Augenzeugen von Greueltaten, die Santa Anas Soldaten in Zacatecas und anderen Gebieten Mexikos verübt haben sollten. Auch hieß es, der General habe geschworen, keinen einzigen Nordamerikaner in ganz Texas am Leben zu lassen.
    Als sich an diesem Morgen mehrere Übernachtungsgäste in Anneliese Belchers Hotel darüber unterhielten, dass es wohl das Beste wäre, Texas zu verlassen und nach Louisiana zurückzukehren, wurde die Besitzerin wütend.
    »Schließt euch lieber Sam Houstons Armee an, damit er Santa Ana den Hintern verbläuen kann!«, forderte sie.
    Die Männer reagierten je nach Temperament nur abwehrend oder entsetzt. »Houston hat nicht den Hauch einer Chance«, sagte einer. »Santa Ana kommt mit einer riesigen Armee, vor der sogar der Präsident der Vereinigten Staaten Angst hat. Oder warum traut Jackson sich nicht über den Sabine River?«
    »Wenn wir Texaner tapfer kämpfen und ein paar Wochen durchhalten, wird Andrew Jacksons Armee den Sabine River überschreiten und Santa Ana vertreiben!«, antwortete die Wirtin, die noch immer an die Hilfe aus dem Norden glaubte.
    Während die Männer den Kopf schüttelten, weil sie keine Chance mehr für Texas sahen, kehrte Anneliese in die Küche zurück. Gertrude und Arlette waren gerade dabei, das Geschirr zu spülen, während Gisela Fencheltee schlürfte.
    »Diese Kerle sind das Allerletzte!«, fauchte Anneliese. »Angeblich sind sie nach Texas gekommen, um uns gegen Santa Ana beizustehen, und jetzt wollen sie wieder nach Louisiana zurückkehren, ohne auch nur einen Schuss abgegeben zu haben – bloß weil ein mexikanischer Soldat auf dem Weg nach Norden gesehen worden sein soll!«
    »Es war sicher mehr als ein Soldat«, berichtigte Gisela sie. »Aber ich habe mir schon gedacht, dass diese Leute Maulhelden sind, denn sonst hätten sie sich längst Houstons Armee angeschlossen.«
    »Was hört man eigentlich von unseren Männern?«, fragte Arlette.
    »Wenig! Houston soll wieder kehrtgemacht haben und nach Osten zurückweichen.« Annelieses Schnauben zeigte, dass sie diese Haltung nicht für richtig hielt. In ihren Augen hatte eine Armee zu kämpfen und nicht davonzulaufen.
    Gisela sah die Sache anders, denn sie hatte erlebt, wie die gewaltigste Armee der Welt in den Weiten Russlands zugrunde gegangen war. Wie es aussah, wollte Sam Houston die Mexikaner zwingen, tiefer in das Land einzudringen, so dass es Santa Ana immer schwerer fiel, den Nachschub zu organisieren. Das sagte sie auch, traf aber bei den anderen nicht auf Verständnis.
    »Wenn Houston sich Santa Ana nicht entgegenstellt, wird dieser bis hierher vordringen. Dann müssen auch wir fliehen«, erklärte Gertrude.
    »Wir sollten uns vorbereiten. Ich hoffe nur, dass Nizhoni rechtzeitig zurück ist. Notfalls muss ich ein Pferd kaufen, das den Wagen ziehen kann.«
    Gisela hatte das letzte Wort noch nicht ausgesprochen, als Anneliese bitter auflachte. »Ein Pferd willst du kaufen? Du kannst einhundert Quadratmeilen gutes Land für ein paar Dollar erwerben, doch selbst die älteste Mähre kostet mittlerweile ein Vermögen. Einige Farmer haben ihre Gäule verkauft und glauben, sie wären nun reich. Aber wenn Santa Ana kommt, werden sie zu Fuß vor ihm davonlaufen müssen.«
    »Das droht uns auch, wenn Nizhoni nicht bald zurückkommt«, warf Gertrude ein, die mittlerweile die Hoffnung auf ein gutes Ende aufgegeben hatte.
    Doch Gisela wusste, dass sie daran festhalten mussten. »Wir dürfen nicht verzweifeln! Houstons Männer sind tapfer, und sie werden Santa Anas Armee schlagen«, sagte sie beschwörend.
    In diesem Augenblick platzte Cécile herein. »Nizhoni kommt zurück. Aber sie hat das andere Pferd nicht dabei.«
    Das hatte Gisela auch nicht erwartet. Erleichtert, ihre Freundin wohlbehalten zurückkehren zu sehen, stemmte sie sich hoch, nahm Josef,

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