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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Brust legte, musterte Walther sie nachdenklich.
    Durch das Leben im Haus war ihre Haut heller geworden und zeigte nur noch einen leichten Bronzeschimmer ähnlich dem, den auch Diego und Rosita Jemelin aufwiesen, obwohl diese nur einen gewissen Anteil indianischen Blutes in sich trugen. Ihr Haar war so schwarz wie Rabenflügel, aber auch damit hätte sie eine hübsche Mexikanerin sein können. Das machte es Walther leichter, daran zu denken, dass sie mit Josef und Pepe allein auf der Farm bleiben würde. Außerdem wollte er nicht lange ausbleiben, sagte er sich und wusch sich erst einmal die Hände.
    Als er am Tisch saß und Pfannkuchen mit der Marmelade aß, die Gisela und Nizhoni während seiner Abwesenheit eingekocht hatten, stellte er fest, dass er ein sehr glücklicher Mann war. »Das hier schmeckt gut«, lobte er Gisela.
    »Die Früchte hat Nizhoni gesammelt«, reichte diese das Lob an ihre Helferin weiter. Dann setzte sie sich zu ihm und aß ebenfalls einen Pfannkuchen.
    »Es schmeckt nach Heimat«, sagte sie leise und kämpfte gegen die Tränen an, die ihr bei der Erinnerung an die Freunde kamen, die sie in Europa hatte zurücklassen müssen.
    »Unsere Heimat ist hier!«, erklärte Walther ihr lächelnd. »Dieser Boden wird uns und unsere Kinder ernähren.«
    »Ich weiß!« Gisela atmete tief durch und versuchte, die trüben Gedanken zu vertreiben. »Wahrscheinlich ist es nur die Einsamkeit, die mich dazu bringt, dem nachzutrauern, was wir hinter uns gelassen haben. Das wird sich gewiss legen, wenn wir in San Felipe de Austin gewesen sind.«
    Mit einer gewissen Mühe gelang es ihr zu lächeln, und als sie in sich hineinhorchte, stellte sie fest, dass sie sich sogar auf die Fahrt freute, auch wenn sie Angst vor den Anstrengungen der Reise hatte. Walther aufzufordern, allein zu fahren, kam für sie nicht in Frage.

8.
    D er Abend kam und damit auch die Stunde, auf die Walther sich auf seiner ganzen Reise gefreut hatte. Allerdings störte ihn Nizhonis Anwesenheit gewaltig. »Ich werde Pepe ein paar um die Ohren geben, weil er noch keinen Verschlag für die Navajo angefertigt hat«, erklärte er missmutig, während Gisela das Bett für sie beide fertig machte.
    »Tu das! Andererseits habe ich ihn nicht dazu angetrieben, endlich mit dem Bau anzufangen. Mir war es nämlich recht, Josef in meiner Nähe zu behalten. Aus dem Grund musste auch seine Amme hier im Raum schlafen. Aber keine Sorge! Nizhoni wird sich mit einer Decke neben den Herd legen und uns nicht stören«, erklärte Gisela und besänftigte damit nicht nur Walthers Ärger, sondern flößte ihm sogar noch ein schlechtes Gewissen ein.
    »Es tut mir leid! An den Jungen habe ich nicht gedacht. Es ist nur …«
    »In unserer alten Heimat ist man auch nur selten dabei allein. Wenn acht und mehr Personen in einem Haus zusammenleben, ist es unmöglich, solche Dinge voreinander zu verbergen. Man muss nur den nötigen Takt aufbringen und so tun, als würde man nichts merken. Nizhoni besitzt diesen Takt.«
    Gisela lächelte der Indianerin kurz zu und blies die Tranlampe aus, die auf dem Tisch stand. Nun brannte nur noch eine kleine Flamme an einem Docht, der aus einem mit Pekannuss-Öl gefüllten Büffelhorn ragte. Auch diese Lampe hatte Nizhoni gebastelt und Nüsse dafür gemahlen und gepresst, deren Öl beim Brennen angenehm roch.
    Nun wartete die Navajo, bis das Ehepaar sich ins Bett gelegt hatte, und sah noch einmal nach Josef. Der Junge schlief bereits und brauchte erst spät in der Nacht wieder ihre Milch. Daher legte auch sie sich hin und dachte dabei über Gisela und Fahles Haar nach. Sie mochte die Frau und hätte sich gewünscht, immer bei ihr und vor allem bei dem Jungen bleiben zu können. Doch was hinter der Stirn des Mannes vorging, konnte sie nicht ergründen. Ihr gegenüber war er zumeist schroff, während er Gisela wie eine kostbare Blume behandelte, die es zu hegen und pflegen galt.
    Schließlich zuckte sie mit den Schultern. Es war nicht ihre Sache, sich über Fahles Haar Gedanken zu machen. Dennoch blieb sie noch eine Weile wach und lauschte den Geräuschen, die vom Bett her zu ihr drangen.
    Giselas Wunsch, so rasch wie möglich wieder schwanger zu werden, focht einen harten Kampf mit ihrer Schwäche aus. Obwohl sie noch jung war, fühlte sie sich so ausgemergelt wie eine alte Frau. Das erinnerte sie an den Förster Holger Stoppel in ihrer Heimat. Diesem hatte Napoleons Feldzug nach Russland schier das Mark in den Knochen erfroren, und er war

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