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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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verabschiedete sich mit einem knappen Gruß. Kaum hatte er den Raum verlassen, hob Austin mit einer hilflos wirkenden Geste die Hände.
    »Nicht zuletzt wegen solcher Narren muss ich nach Mexico City reisen. Die Regierung von Mexiko soll wissen, dass wir Siedler, die auf der Grundlage fester Abkommen hierhergekommen sind, zu dem Treueid stehen, den wir diesem Land geleistet haben. Außerdem wollen wir Texaner das Recht behalten, unsere eigene Miliz zu unterhalten. Zum einen müssen wir uns und unsere Familien vor Indianern schützen, und zum anderen wilde Siedler aus dem Norden dazu bewegen, entweder die Gesetze Mexikos anzuerkennen oder in die Vereinigten Staaten zurückzukehren.«
    »Das schaffen Sie schon, Mister Austin«, sagte der Mann, der Walther in die Stadt gebracht hatte.
    »Ich will es hoffen!« Austin blickte Walther an. »Ich bin nicht der Rebell, als den Hernando de Gamuzana mich hinstellen will. Aber Recht muss Recht bleiben, und Pflichten dürfen nicht einseitig erklärt werden. Ich hoffe, der Präsident der Republik Mexikos sieht dies ebenso.«
    »Das hoffe ich auch«, antwortete Walther. »Ich habe meine Heimat wegen der Willkür der Mächtigen verlassen und will mich hier nicht unter der Willkür anderer Herrschender krümmen.«
    »Das ist ein Wort!« Austin ergriff Walthers Hand und hielt sie fest. »Sie könnten etwas für mich tun«, setzte er leiser hinzu. »Halten Sie Kontakt mit meinen Leuten, und stellen Sie auf Ihrem Gebiet eine Miliz auf.«
    »Fürchten Sie, dass es zum Krieg kommt?«, fragte Walther besorgt.
    »Ich kann nur hoffen, dass er sich vermeiden lässt. Aber wir sollten auf alles vorbereitet sein.« Austin klang mutlos. Er hustete heftig und drehte sich dabei um, als wolle er verhindern, dass die anderen ihn so sahen.
    Thierry hatte sich schon vor einer Weile zu der Gruppe gesetzt, war aber ungewohnt schweigsam geblieben. Nun trat er zu Walther und zupfte ihn am Ärmel. »Ich habe mitbekommen, was hier gesagt wurde, und stimme dir zu. Sollte allerdings die Regierung von Mexiko unsere Rechte beschneiden wollen, so möchte ich dich daran erinnern, dass es unser Ziel war, in den Vereinigten Staaten ein neues Zuhause zu finden«, sagte er auf Englisch zu Walther.
    »Eigentlich sind wir hierhergekommen, um ein paar Waren einzukaufen, die es in Gamuzanas Stadt nicht gibt«, antwortete Walther mit einem gezwungenen Auflachen ebenfalls auf Englisch.
    »Wenn ihr Geld habt, könnt ihr hier fast alles bekommen«, warf ein Mann ein und stellte sich als Besitzer des Ladengeschäfts vor.
    Walther wechselte einen kurzen Blick mit Thierry. »Ein wenig Geld haben wir«, sagte er dann. »Vor allem brauchen wir Waffen, denn damit hat Gamuzana uns nur sehr sparsam ausgestattet.«
    »Die Waffen bekommt ihr notfalls auf Kredit, wenn ihr sie für die richtige Seite verwendet«, bot der Ladenbesitzer an.
    »Wir sehen uns morgen alles an. Jetzt ist es schon spät.« Bislang waren für Walther Waffen nebensächlich gewesen. Nun wurde ihm klar, dass es besser war, sich auf mögliche Stürme vorzubereiten. Er wollte jedoch nichts auf Kredit kaufen, um sich niemandem zu verpflichten. Thierry hingegen würde es tun müssen, doch der Normanne hatte sich bereits entschieden. Wenn Mexiko die Forderungen der Siedler ablehnte, würde dieser Mann einer der Ersten sein, der für ein freies Texas eintrat. Was er selbst in dem Fall tun würde, hätte Walther in diesem Augenblick nicht zu sagen gewusst.

12.
    D er Laden war erstaunlich gut ausgestattet, und Walther nahm an, dass kein einziges Stück, das hier angeboten wurde, je einen mexikanischen Zollbeamten gesehen hatte. Das konnte man schon an den Preisen ablesen. In San Felipe de Guzmán hatte er schweren Herzens auf ein paar Dinge verzichtet, die ihm zu teuer gewesen waren. Hier aber stapelten sich die Waren innerhalb kürzester Zeit auf seinem Wagen. Einen Teil der Ladefläche belegte Thierry, der für seine ganze Sippe einkaufte und zuletzt keinen Cent mehr besaß, so dass er sich von Walther ein paar Pesos leihen musste.
    »Du wirst mich heute auch beim Essen freihalten müssen«, bekannte der Normanne freimütig. »Aber dafür lade ich dich zu mir ein, wenn ich einmal eine Frau habe, die kochen kann.«
    Er grinste erwartungsvoll, denn er hatte am Vorabend einen Farmer kennengelernt, der mehr Töchter als Kühe zu Hause hatte und in ihm einen möglichen Schwiegersohn mit eigenem Land sah. Daher hatte Thierry sich entschlossen, den Heimweg auf eigene Faust

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