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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hat meine Frau den Hauptmann mit einer Pistole bedroht und ihm erklärt, er solle mit seinem Gesindel sofort verschwinden. Der Kerl ist dann ohne Vorräte abgezogen, aber die Pferde waren weg.«
    Belcher hörte ihm mit wachsendem Groll zu. »Seit Santa Ana Präsident ist, nehmen sich diese Kerle immer mehr heraus. Doch so übel sind sie hier in der Gegend noch nie aufgetreten. Was werden Sie jetzt unternehmen?«
    »Ich reite zu Gamuzana und beschwere mich. Immerhin ist er der Empresario dieser Region. Sollten die mexikanischen Soldaten noch einmal kommen, werde ich schießen!«
    »Das würde ich auch tun«, erklärte Belcher. »Die mexikanischen Behörden halten Stephen Austin noch immer fest und stellen ständig neue Forderungen an uns amerikanische Siedler. Dabei sind unsere Rechte und Pflichten in dem Vertrag festgelegt, den Moses Austin mit der damaligen spanischen Kolonialverwaltung abgeschlossen hat und der nach der Unabhängigkeit von der mexikanischen Regierung bestätigt worden ist. Moses’ Sohn Stephen hat die ersten dreihundert Siedler nach Texas gebracht, prachtvolle Frauen und mutige Männer, alle bereit, Mexiko die Treue zu halten. Doch wie soll man das tun, wenn die Mexikaner uns wie Hunde behandeln? Langsam glaube ich, William Barret Travis hat doch recht, wenn er fordert, wir Texaner sollten uns den Vereinigten Staaten anschließen.«
    »Dann ständen wir mitten im Krieg«, wandte Walther ein.
    »Jetzt haben wir eine plündernde Soldateska im Land! Wie lange, glauben Sie, werden die Kerle sich damit zufriedengeben, nur Pferde und Essen zu stehlen? Sie haben doch selbst miterlebt, dass die Kerle Ihre Sklavin notzüchtigen wollten. Über kurz oder lang wird es Tote geben. Ich sage Ihnen: Sobald der erste Siedler erschossen worden ist, wird uns nichts mehr bei Mexiko halten.«
    Das war nicht mehr der Farmer, dem es gleichgültig war, wo er lebte, solange er in Ruhe seinen Mais anpflanzen konnte, und Walther konnte es Belcher nicht verdenken. In den Vereinigten Staaten war ein solches Schurkenstück wie das des Capitán Velasquez unmöglich, und er sagte sich, dass Hernando de Gamuzana gute Argumente brauchte, um ihn zu versöhnen.
    Als er dann noch von Belcher erfuhr, dass die mexikanischen Behörden die nordamerikanischen Siedler aufgefordert hatten, ihre Waffen abzugeben, weil die Armee sie gegen die Indianer schützen würde, platzte ihm der Kragen. »Das ist unmöglich!«, rief er erregt. »Wenn wir Farmer unbewaffnet sind, fordern wir die Tonkawa und die anderen Stämme doch geradezu auf, uns zu überfallen!«
    »Vor allem die Komantschen würden sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen«, erklärte Belcher. »Daher wird keiner von uns seine Waffen abgeben. Im Gegenteil! Wir haben unsere Miliz sogar noch verstärkt. Wie ist es bei Ihnen im French Settlement?«
    »Unsere Miliz umfasst vierzig Mann. Allerdings sind wir erst dreimal zusammengekommen, denn wir hatten bisher noch keine Indianerüberfälle.«
    »Das ist kein Wunder, denn Sie treiben mit den Komantschen Handel«, sagte Belcher. »Aber im Gegensatz zu anderen verkaufen Sie den Rothäuten wenigstens keine Schusswaffen und keinen Schnaps. Am schlimmsten sind die Kerle, wenn sie besoffen sind! Daher bedauere ich, dass auch einige aus unserem Siedlungsgebiet so unvernünftig sind, denen das Zeug zu liefern.«
    »Da wir am Rand ihrer Jagdgründe siedeln, will ich friedlich mit den Komantschen auskommen.«
    »Sie sind eben doch ein Deutscher, auch wenn Sie sich kaum um uns Deutsche hier in San Felipe de Austin und auch in Industry kümmern.«
    »Ich komme fast jedes Mal bei Ihnen vorbei, wenn ich nach San Felipe de Austin reite«, antwortete Walther.
    »Das schon, aber wir sehen Sie und Ihre Frau niemals auf einem unserer Feste. Es würde Ihnen beiden gewiss gefallen.«
    »Meine Frau ist nicht gesund«, antwortete Walther, weil ihm keine bessere Ausrede einfiel, und wechselte das Thema. »Mir gefällt das Gerede vom Krieg nicht. Mexiko verfügt über eine Armee, wir Texaner nicht.«
    »Als sich die dreizehn Staaten von England losgesagt haben, hatten sie auch keine Armee, sondern genau wie wir nur eine Miliz. Zudem ist ihnen kein Land wie Mexiko gegenübergestanden, sondern das mächtigste Reich der Welt. Wir haben trotzdem gewonnen!« Andreas Belcher klang so stolz, als hätte er persönlich an General Washingtons Seite die Kapitulation der Engländer entgegengenommen.
    Es war dieser Mythos, der die Amerikaner in Texas antrieb. Nach

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