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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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lässt?«
    »Nein.«
    »Napoleon des Westens! Und das nur, weil er einen Sieg über ein paar hundert spanische Soldaten und schlecht ausgerüstete Freiheitskämpfer erringen konnte.« Austin lachte bitter, denn er bekam die Bilder nicht aus dem Kopf, wie Santa Anas Soldaten in den unterworfenen Gebieten gemordet und geschändet hatten. »Wenn seine Truppen nach Texas kommen, wird es nicht anders sein«, murmelte er.
    Walther musste schlucken. »Auch Napoleon hatte sein Waterloo. Hoffen wir, dass es für Santa Ana Texas sein wird!«
    Austin lenkte sein Pferd näher an Walthers und reichte ihm die Hand.
    »Fitchner, Sie sind ein Mann nach meinem Herzen!«
    Es klang so aufrichtig, dass Walther ihm die falsche Aussprache seines Namens verzieh.
    Er blickte über das Land, das sich schier endlos von Horizont zu Horizont dehnte, und nickte dann. »Dieses Land hier ist mir zur Heimat geworden, und ich will es nicht verlieren. Doch wir müssen alles tun, damit es ein Land freier Männer bleibt, in dem alle ihren Platz haben, ob sie nun aus den Vereinigten Staaten, aus Europa oder aus Mexiko stammen.«
    »Sie meinen Gamuzana! Ich hoffe, er entscheidet sich für uns, denn ein großer Teil der mexikanischen Bewohner von Texas sieht in ihm ihren Anführer. Wenn er gegen Santa Ana steht und sich vielleicht sogar uns anschließt, wäre es ein großer Gewinn für unsere Sache.«
    »Was ist unsere Sache?«, fragte Walther leise. »Unsere eigene Freiheit oder der Anschluss an die Vereinigten Staaten?«
    Austin musterte ihn nachdenklich. »Ich weiß nicht, ob Ersteres möglich ist ohne das Zweite. Bevor Santa Ana die Macht ergriffen hat, hatte ich gehofft, Mexiko würde uns in Freiheit leben lassen. Doch wo es einen Santa Ana gibt, kann es auch einen zweiten geben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Sie glauben, es gäbe in Mexiko kein friedliches Dasein mehr für uns?«, fragte Walther.
    »So sehe ich es. In diesem Land leben zu viele Männer mit Einfluss, die selbst Macht ausüben wollen. Jeder von ihnen dürfte unsere Versuche, eine Autonomie für Texas zu erreichen, im Keim ersticken wollen – oder besser gesagt in Blut, so, wie Santa Ana es vorhat.«
    »Und was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?«
    »Uns auf jeden Fall nicht ins Bockshorn jagen lassen! Mein Ziel ist es, so rasch wie möglich ein Parlament wählen und von diesem eine Regierung bestimmen zu lassen, die offiziell mit den Vereinigten Staaten verhandeln kann. Außerdem brauchen wir eine Armee, mit der wir Santa Ana gegenübertreten können.«
    Obwohl es Austin körperlich schlechtging, redete er wie von einem inneren Feuer getrieben. Fast fünfzehn Jahre lang hatte er dem Traum von einem Texas angehangen, das zu einem Juwel für Mexiko werden sollte. Santa Ana hatte ihn durch die Haft brechen wollen, damit aber nur Austins Willen gestärkt, sich die Freiheit mit allen Mitteln zu erhalten.
    »Meine Hoffnungen ruhen auf den Vereinigten Staaten. Wenn deren Regierung auf unserer Seite eingreift, wird Santa Ana scheitern«, erklärte Austin.
    Walther sah ihn nachdenklich an. »Und wenn die Vereinigten Staaten nicht eingreifen? Was passiert dann?«
    »Dann muss Santa Ana an uns Texanern scheitern! Oder wollen Sie als Bettler in die Vereinigten Staaten ziehen? Wir haben dieses Land unter den Pflug genommen und aufgebaut. Es gehört uns!«, rief Austin voller Zorn.
    Die Wunden müssen tief sein, dachte Walther, um aus einem so friedlichen Mann wie Stephen Austin einen Rebellen zu machen. Aber er stand vor derselben Entscheidung. Wenn Santa Ana die europäischen Siedler vertreiben wollte, gab es auch für ihn nur Kampf oder Flucht.
    »Hoffen wir, dass die Vereinigten Staaten eingreifen!« Noch während Walther dies aussprach, wusste er, dass die Entscheidung gefallen war. Entweder zog Santa Ana seine Truppen aus Texas ab und ließ es sich selbst verwalten, oder er würde dieses Land ganz verlieren.

9.
    A ustins Zustand war so schlecht, dass sie bis zu Belchers Farm zwei Tage länger benötigten als sonst. Als sie schließlich auf die Farmgebäude zuritten, kniff Walther die Augen zusammen. Das Anwesen wirkte verändert. Das Wohnhaus hatte nun feste Fensterläden mit kleinen Luken, so dass man aus ihrer Deckung heraus feuern konnte. Auch ließ sich niemand sehen, obwohl Belcher sonst immer offen auf Besucher zugegangen war. Offenbar hatte die Nachricht von Velasquez’ Überfall bereits die Runde gemacht und seinen Nachbarn vorsichtig werden lassen.
    Erst als sie auf dem

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