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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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solltest weniger an eine Niederlage denken, sondern Fahles Haar vertrauen! Er wird wissen, was zu tun ist. Und jetzt trinkst du diesen Tee und legst dich ins Bett. Dein Kind will ruhen!«
    »Josef will auch ruhen«, meldete sich da der Junge. Er schoss um die Ecke und schlang seine Arme zuerst um Nizhoni und dann um seine Mutter.
    Beide Frauen betrachteten ihn mit gleichem Stolz. Zwar war er Nizhonis Brust längst entwachsen, dennoch bestand noch immer ein enges Band zwischen ihm und seiner Amme. Er hing jedoch ebenso an seiner Mutter, so dass Gisela nur gelegentlich auf den Einfluss eifersüchtig wurde, den die Indianerin auf den Jungen ausübte.
    Nun zeigte Nizhoni auf das Bett. »Du darfst bei deiner Mama mit im Bett schlafen, aber nur, wenn du brav bist und sie nicht trittst.«
    »Eigentlich bin ich nicht müde«, meinte der Junge, kletterte aber dann doch aufs Bett. »Wann kommt Papa wieder?«, fragte er.
    »Bald«, antwortete Gisela, während sie sich ebenfalls ins Bett legte und Josef an sich zog.
    »Ich hab dich lieb!«, flüsterte sie ihm ins Ohr und sah sich dann zu Nizhoni um, die eben die Großvaterpistole lud, die Quique ihr geschenkt hatte. »Was hast du vor?«
    »Mich überkommt ein seltsames Gefühl – wie vor einem schlimmen Unwetter. Deswegen will ich mich ein wenig draußen umsehen.«
    »Tu das! Vielleicht kommt Walther schon zurück.« Gisela war zu müde, um zu begreifen, dass es für eine Rückkehr ihres Mannes viel zu früh war. Während der Junge in ihren Armen einschlief, dachte sie noch ein wenig über die Situation in Tejas nach und flehte in Gedanken die Heilige Jungfrau an, Walther, Josef, sie selbst und alle, die sie mochte, zu beschützen.
    Als Nizhoni sah, dass Gisela wegdämmerte, verließ sie lächelnd das Haus. Draußen schaute sie sich nach Pepe um. Dieser war gerade dabei, Mais zu schälen, blickte aber auf, als ihr Schatten auf ihn fiel.
    »Ich werde zu den Vaqueros reiten und dann Jemelins Hacienda aufsuchen. Gib du inzwischen hier acht. Die Flinten und Pistolen im Haus sind geladen. Sollte sich etwas ereignen, so gib einen Alarmschuss ab! Julio und seine Männer sind dann innerhalb weniger Minuten hier!«
    »Das werde ich tun«, versprach Pepe, gedachte jedoch, in einem solchen Fall der Señora den Vortritt zu lassen.
    Nizhoni ging zum Stall, zog dort ihre indianische Lederkleidung an, die sie zum Reiten benutzte, und sattelte die kleine, gescheckte Stute ebenfalls auf indianische Art. Auf Walthers Anweisung blieb das Tier beim Haus, damit sie im Notfall Hilfe holen konnte. Als sie auf dem Pferd saß, wirkten beide, als wären sie ein Wesen. Nizhoni benötigte keine Sporen, und sie benützte auch kaum die Zügel, denn das Tier reagierte auf die kleinste Bewegung, als könnte es ihre Gedanken erraten.
    Nachdem sie den Himmel gemustert hatte, der keinerlei Anzeichen eines Sturms oder Gewitters erkennen ließ, ritt sie zu den Pferden, die gut zwei Meilen von den Farmgebäuden entfernt weideten. Die durch Capitán Velasquez dezimierte Herde war bereits wieder am Wachsen. Zwei Stuten hatten gefohlt, außerdem hatte Walther zehn weitere Mustangs von den Komantschen erstanden. Auch besaß er mehr Rinder als früher. Wegen der unsicheren Situation hatte er darauf verzichtet, das Land der mexikanischen Farmer zu kaufen, die kürzlich aufgegeben hatten, aber er hatte ihnen einen guten Preis geboten und ihr Vieh übernehmen können.
    Nizhoni musterte zuerst die beiden Herden, die sich aus dem Weg gingen, und lenkte dann ihre Stute zu Julio.
    Der Vaquero verhielt sein Pferd. »Gibt es Neues?«
    »Nein, ich will mich nur einmal umsehen«, antwortete Nizhoni. »Es sieht so aus, als wäre hier alles in Ordnung.«
    »Und ob es das ist!« Julio klang beleidigt, denn die Pferde und die Rinder der Farm waren sein ganzer Stolz.
    »Gebt weiter acht! Irgendetwas liegt in der Luft.« Nizhoni konnte nicht sagen, was sie beunruhigte, und das gefiel ihr nicht. Manchmal hatten ältere Männer oder Frauen ihres Volkes auf diese Weise Angriffe feindlicher Stämme vorhergesehen. Aber die kamen vor Sonnenaufgang und nicht am helllichten Tag. Erleichtert, weil es bei den Herden keine Probleme gab, verabschiedete sie sich von Julio und ritt weiter.
    Ein Gefühl der Freiheit überkam sie, als sie über die Prärie preschte, und sie dachte daran, dass niemand sie daran hindern könnte, in ihre Heimat zurückzureiten. Allerdings gab es dort keinen Menschen mehr, der auf sie wartete. Auch fühlte sie sich Josef

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