Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Armee ernannt worden und hätte für diese Aufgabe alle Kraft gebraucht, die ein Mann aufbringen konnte.
    In diesem Augenblick fragte Walther sich, ob es sinnvoll gewesen war, Austin zu wählen, zumal viele Siedler gerne Sam Houston, den ehemaligen Gouverneur von Tennessee, als Oberbefehlshaber gesehen hätten. Sorgenvoll gesellte er sich zu Austin und reichte ihm die Hand.
    »Wie geht es, Stephen?« Seit er Austin von San Felipe de Guzmán zu Belchers gebracht hatte, waren sie Duzfreunde geworden.
    Austin steckte rasch sein Taschentuch weg und versuchte zu lächeln. »Ganz gut! Und dir?«
    Walther merkte, dass er log. Die Kerkerhaft in Mexiko hatte zwar nicht Austins Willen, aber seinen Körper zerbrochen. Dabei wäre es notwendiger denn je, dass Austin sich gegen Männer wie Travis durchsetzen konnte. Im Gegensatz zu diesen gab er dem Verstand den Vorzug und verstrickte sich nicht in leidenschaftliche Schwärmerei.
    Mit einem Mal fuhr es Walther wie ein Stich durch den Magen. Dicht bei William Travis stand der Mann, dem zu begegnen ihm ein Greuel war. Obwohl seit der Schlacht von Waterloo zwanzig Jahre vergangen waren, hatte Nicodemus Spencer sich kaum verändert. Er war immer noch derselbe hagere, spitzgesichtige Mann mit schlechten Zähnen. Nein, nicht ganz, fand Walther. Auf seiner linken Wange trug der Mann nun ein paar Narben, die er bei ihrem letzten Zusammentreffen noch nicht gehabt hatte. Trotz seines Abscheus musste Walther lächeln. Anscheinend hatten ein paar seiner Schrotkugeln den Kerl getroffen.
    Unterdessen sprach Travis davon, dass Texas eine Armee aufstellen müsse, um Santa Ana besiegen zu können. Seine Stimme klang barsch, so als ärgere er sich darüber, dass sich nicht alle Anwesenden umgehend zum Dienst an der Waffe meldeten.
    »Wir brauchen Soldaten, viele Soldaten!«, rief er beschwörend. »Soviel wir erfahren haben, hebt Santa Ana schon wieder neue Truppen aus.«
    »Der ist doch noch immer in Zacatecas beschäftigt«, warf ein Mann ein.
    »Das stimmt!«, gab Travis zu. »Aber sobald er den Aufstand dort niedergeschlagen hat, wird er nach Texas marschieren. Wenn wir nicht wollen, dass er uns mit seiner Übermacht niederwalzt, müssen wir vorbereitet sein.«
    »Trotzdem können wir nicht jetzt schon jeden Farmer zur Armee holen«, erklärte einer der beiden anderen Männer, die bei Bowie und Travis standen.
    »Wer ist das?«, fragte Walther.
    »Sam Houston!«, gab Austin knapp zurück.
    Walther musterte den Mann. Dem Gerücht nach sollte er ein Säufer sein, manche bezeichneten ihn als Wüstling. Tatsächlich prangten auf seinem Gesicht mehrere Narben, die die von Spencer weit übertrafen. Auf Walther wirkte er wie ein Raubtier, das zwar halb schlief, aber dennoch auf alles achtete, was um es herum geschah. Er war breit gebaut und weitaus kräftiger als Austin, seinen ersten Worten nach aber kein Feuerkopf wie Travis.
    »Aber wir müssen die Männer ausbilden, Mister Houston«, erklärte Travis verärgert.
    »Natürlich müssen wir das! Aber gleichzeitig müssen die Farmen bewirtschaftet werden. Wenn es zum Krieg kommt, brauchen wir Vorräte. Soldaten sollen zwar die Erde verteidigen, die sie nährt, aber diese nicht essen!« Houston wandte sich Austin zu. »Das sagen Sie doch auch, General?«
    »Da haben Sie recht, Mister Houston. Wir müssen so viele Nahrungsmittel wie möglich lagern, um die Armee versorgen zu können.«
    »Welche Armee?«, rief Travis dazwischen. »Die paar Ranger und Milizionäre, die Sie bis jetzt befehligen, sind keine Armee! Wenn Santa Ana kommt, braucht er bloß in die Hände zu klatschen, und die Leute laufen davon.«
    Diese Worte kamen bei den versammelten Texanern nicht gut an. Jim Bowie legte dem kleineren Travis die Hand auf die Schulter und zog ihn herum. »Hören Sie, Mister Travis! Wir Texaner mögen zwar keine Soldaten sein, die im Stechschritt vor ihren Generälen paradieren, dafür treffen wir aber einen Mexikaner auf dreihundert Schritt genau zwischen die Augen.«
    »So ist es, Mister Bowie«, stimmte Jack, der Handelsgehilfe, dem Sprecher zu.
    Walther schmunzelte, denn Jack war nicht gerade als guter Schütze bekannt. Aber er war ein aufrechter Mann, so wie die meisten hier im Raum. Der Einzige, der nicht in diese Versammlung passte, war Spencer. Doch gerade der Kerl begann jetzt wortreich, den Anwesenden die unverbrüchliche Hilfe ihrer Landsleute aus Louisiana zu versprechen.
    »Ich habe erst letztens wieder mit Gouverneur Roman gesprochen und die

Weitere Kostenlose Bücher