Der werfe den ersten Stein
ich noch neu bin, halte ich es aber für besser, mich nicht in persönliche Konflikte einzumischen.«
»Sehr klug von Ihnen. Trotzdem vielen Dank für das Kompliment. Ja, Sie wissen vermutlich, warum ich hier bin.«
»Nein, eigentlich nicht. Aber Sie sind mir immer willkommen.«
Elina musste ein wenig lachen. John Rosén pflegte eine Art altmodischen Gentlemanstil und neigte offenbar zu unaufdringlichem Flirten. Das wellige, leicht ergraute Haar und die etwas nonchalante Körperhaltung ließen ihn wie einen Charmeur aus einem französischen Film wirken.
Er lächelte, als sie lachte.
»Das werden Sie vermutlich nicht mehr sagen, wenn ich erzählt habe, was ich möchte«, sagte sie. »Ich bin nämlich hier, um Ihnen eine Arbeit aufzuladen. Das Ergebnis meiner nächtlichen Fahndungen. Ich gehe in Urlaub.«
»Wann?«, fragte er.
»Am liebsten vor fünf Minuten.«
»Dann lassen Sie mal hören.«
»Die Papiere sind alle in meinem Zimmer. Es handelt sich um das Feuer in der Kirche in Surahammar am Freitag. Wir haben jemanden festgenommen, bis heute. Peter Adolfsson, derselbe Junge, der Hauptzeuge war im Brandfall Bürgerhaus.«
»Dann komm ich also doch nicht an dem Konflikt zwischen Ihnen und Jönsson vorbei. Jönsson wird ja nicht besonders begeistert davon sein, dass wir seinen Starzeugen in Verdacht haben.«
»Vermutlich nicht. Aber er ist noch zwei Wochen in Urlaub. Mit ein bisschen Glück sind Sie vorher fertig.«
»Und wie ist der Stand der Ermittlungen?«
»Adolfsson leugnet, und es gibt niemanden, der bezeugen kann, dass er den Brand gelegt hat. Die beste Zeugin bin bis jetzt ich. Ich hab ihn zehn, fünfzehn Minuten nachdem es angefangen hat zu brennen, gesehen. Der Bericht liegt bei den Papieren. Aber ehrlich gesagt, wenn nichts an seiner Kleidung gefunden wird, dann ist die Beweislage schlecht.«
»Und wann kriegen wir das Resultat von der Technik?«
Elina beugte sich vor und hob den Telefonhörer auf Roséns Schreibtisch ab.
»Darf ich?«
»Bitte sehr«, sagte Rosén und fuhr mit der rechten Hand durch die Luft.
Per Eriksson meldete sich.
»Wir haben nichts an der Kleidung oder dem Fahrrad gefunden«, sagte er. »Ich hab das ganze Wochenende daran gearbeitet. In ein paar Stunden kriegst du ein Protokoll.«
»Schick es an John Rosén hier im Dezernat«, sagte Elina. »Er übernimmt die Sache von jetzt an.«
Sie legte auf und wandte sich an Rosén.
»Nichts«, sagte sie. »Dann besteht die Gefahr, dass Adolfsson gehen darf. Und dass es für Sie entschieden schwerer wird.«
»Der eine oder der andere Fall, was spielt das für eine Rolle?«, sagte Rosén. »Mir gefallen die schweren Fälle tatsächlich besser.«
»Ich sorge dafür, dass Sie die Unterlagen bekommen.«
»Ich geh mit Ihnen und hole sie mir.«
Als sie ihm die Papiere übergeben hatte, reichte Rosén ihr die Hand.
»Auf Wiedersehen«, sagte er. »Ich wünsche Ihnen einen schönen Urlaub.«
»Danke, er wird sicher schön«, antwortete Elina und wunderte sich fast darüber, dass er ihr keinen Handkuss gab.
Zwei Stunden später saß sie in ihrem Sessel in ihrer Wohnung. Auf dem Tisch lag ein dickes Buch über Bildkomposition, obendrauf eine moderne kleine Kamera. Und in der Tasche ihrer Sommerjacke steckte eine Fahrkarte. Etwas richtig Gutes in Italien hatte es nicht gegeben. Aber in Portugal. Start am nächsten Tag. Zehn Tage. Die erste Hälfte in Lissabon. Die zweite an der Südküste.
Das Flugticket hatte zwar ein großes Loch in ihre Kasse gerissen, aber durch dieses Loch würde viel Sonne hineinscheinen.
IV
13.-16. AUGUST
41
Als Elina Wiik am 13. August das Polizeipräsidium betrat, war es, als ob sie nie Urlaub gehabt hätte.
Ich hab mich ausgeruht, um arbeiten zu können, dachte sie.
Der Erste, der ihr begegnete, war Henrik Svalberg.
»Hallo«, sagte Elina. »Wollen wir zusammen eine Tasse Kaffee in der Cafeteria trinken? Und Urlaubserinnerungen austauschen?«
Sie setzten sich vor ihre Kaffeetassen.
»Griechenland«, sagte Svalberg verträumt. »Ich sage nur: Griechenland.«
»Ich höre«, sagte Elina und lachte. »Kannst du mir nicht lieber erzählen, wie es in Griechenland war?«
»Ungefähr wie früher. Ich war bestimmt schon zum fünften Mal da.«
»Aber du wirkst besonders zufrieden, Henrik. Gibt es da womöglich etwas, worüber ich nicht informiert bin? Zum Beispiel ein Mädchenname?«
Henrik Svalberg seufzte und sah fast träumerisch aus.
»Sieht man mir das so deutlich an? Oder bist du nur eine
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