Der werfe den ersten Stein
erinnere ich mich. Vermutlich gab es einfach keine Arbeit für ihn, also etwas weniger qualifizierte Aufgaben, die ihm entsprachen.«
»War die Familie in ihrem Heimatort gut angesehen?«
»Sie war wie alle anderen.«
Elina meinte, einen Wechsel in Melker Hedins Stimme zu bemerken. Ein leichter Tonwechsel, der wert war, genauer hinterfragt zu werden.
»Und in der Gemeinde, was hielt man dort von Bertil Adolfsson?«
»Adolfssons waren Gemeindemitglieder und sie wurden als gute Gemeindemitglieder betrachtet«, antwortete Hedin. »Worauf wollen Sie eigentlich mit diesen Fragen hinaus?«
»Gab es irgendwelche Probleme, die mit Bertil Adolfsson in Verbindung gebracht werden könnten?«
»Sollte es Probleme gegeben haben, hindert mich meine Schweigepflicht daran, mich dazu zu äußern.«
»Dann lassen Sie mich geradeheraus sagen, um was es geht«, sagte Elina.
»Nur zu«, sagte Hedin.
»Bertil Adolfsson hat seine Frau misshandelt und mindestens eins seiner Kinder geschlagen. Margareta Adolfsson und Mikael haben es mir selber erzählt. Ich habe Anlass zu glauben, dass diese Brutalität über lange Zeit ging. Was wissen Sie darüber?«
»Da Sie es also wissen, kann ich es bestätigen. Ich hatte selbst kurz vor dem Umzug ein Gespräch mit Bertil, und er hat versprochen, in Zukunft Milde zu zeigen. Es tut mir weh zu hören, dass er sich nicht beherrschen konnte.«
»Wie umfassend waren diese Misshandlungen?«
»Ich weiß es nicht. Das ist eine aufrichtige Antwort.«
»Hat er die anderen Kinder auch geschlagen?«
»Ich glaube … nein ich weiß, dass auch Peter geschlagen wurde. Über Stina kann ich nichts sagen. Ich will betonen, dass in unserer Kirche die Züchtigung von Kindern und noch mehr die Misshandlung von Frauen nicht geduldet wird.«
»Noch mehr von Frauen?«, fragte Elina. »Wollen Sie damit sagen, dass ein Schlag gegen Kinder leichter hingenommen wird als gegen Frauen?«
»Sie haben mich missverstanden«, korrigierte Melker Hedin sie. »Natürlich ist Gewalt an beiden verwerflich.«
»Waren die Misshandlungen der Grund, dass die anderen Gemeindemitglieder ihm nicht zu einem neuen Job verholfen haben?«
»Das war nicht der Grund … nein, ich glaube, die Gemeinde wusste nichts davon.«
»Sie wollten etwas sagen, Herr Hedin. Was war der Grund, warum ihm niemand zu einer neuen Arbeit verholfen hat?«
Elina saß schweigend da mit dem Telefonhörer in der Hand.
»Kein Mensch ist vollkommen«, sagte Melker Hedin schließlich. »Bertil Adolfsson hat einen Fehler gemacht, den die anderen ihm nicht vergeben konnten. Ich kann nicht, nein ich darf nicht erzählen, um was es ging.«
»Ich verstehe Ihre Situation. Könnten Sie mir einen Hinweis geben? Nennen Sie mir den Namen einer anderen Person, mit der ich sprechen kann.«
»Warten Sie einen Augenblick. Ich muss mal eben den Telefonhörer hinlegen.«
Elina wartete fast eine Minute. Dann hörte sie jemanden am anderen Ende der Leitung in Papieren blättern.
»Nehmen Sie diese Telefonnummer«, sagte Melker Hedin. Er las eine Zahlenreihe vor. Elina erkannte die Vorwahl, die in Bertil Adolfssons Heimatdorf führte.
»Fragen Sie nach Inez Wigren«, sagte er.
Nach dem Gespräch saß Elina mit dem Zettel in der Hand da.
Inez, dachte sie, was hast du mir zu erzählen?
Sie beugte sich vor und drückte die Nummer ein. Eine Männerstimme meldete sich mit seiner eigenen Telefonnummer.
»Ich heiße Elina Wiik und ich möchte Inez Wigren sprechen«, sagte Elina.
»Moment mal«, sagte der Mann und rief nach Inez.
»Hier bin ich«, sagte eine Frau nach einigen Sekunden.
Elina meinte, die Stimme klang wie die einer Frau mittleren Alters. Sie erklärte, wer sie war und dass sie wegen der Mordermittlung anrief.
»Ich bin Bertils Kusine«, sagte Inez. »Mein Geburtsname war Adolfsson.«
»Ich brauche Ihre Hilfe, um etwas zu verstehen«, sagte Elina. »Ich glaube, das ist wichtig, damit wir Bertils Mörder finden können. Und er muss gefasst werden, ganz gleich wer es war. Ich glaube nämlich, dass mehrere Menschen in Gefahr sind.«
»Innerhalb der Familie?« Inez Wigrens Stimme klang erschrocken.
»Ja«, sagte Elina. »Deshalb bitte ich um Ihre Hilfe, selbst wenn Sie das in eine schwierige Lage bringt.«
»Ich werde selbstverständlich tun, was ich kann.«
Elina ließ einige Sekunden verstreichen.
»Was hat Bertil getan, bevor die Familie weggezogen ist?«
»Wie meinen Sie das?«
»Etwas Ernstes, etwas, was dazu führte, dass er Schwierigkeiten in
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