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Der werfe den ersten Stein

Der werfe den ersten Stein

Titel: Der werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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Egon Jönsson holte einen zusammengefalteten Bogen Papier aus der Innentasche seines Jacketts.
    »Wir müssen eine Hausdurchsuchung in Ihrem Haus vornehmen und auch das Auto untersuchen«, sagte er und hielt Jasmina Mehmedović das Blatt Papier vors Gesicht. »Ich bitte Sie, die Arbeit unserer Kollegen von der Technik so weit wie möglich zu erleichtern. Behindern Sie sie vor allen Dingen nicht.«
    Jönsson zuckte von einem leichten Stoß in die Seite zusammen. Ein Mädchen lief an ihm vorbei zu Jasmina Mehmedović und schlang die Arme um sie.
    »Mama«, flüsterte sie.
    Jasmina Mehmedović drückte das Kind an sich. Sie schaute erst Niklasson an und dann Jönsson geradewegs in die Augen.
    »Meine Tochter. Sind Sie jetzt zufrieden? Ein unschuldiges Kind so zu erschrecken. Sie ist erst neun Jahre alt. Wenn Sie etwas von Ismail wollten, hätten Sie ihn auch aufs Revier bestellen können.«
    Niklasson schaute auf den Tisch. Jönsson drehte sich um und verließ die Küche. An der Haustür traf er mit Eriksson und Määttä zusammen.
    »Ich nehme an, wir können jetzt anfangen«, sagte Määttä.
    Jönsson nickte. Auf dem Bürgersteig vor dem Haus standen drei Personen und sahen in den Streifenwagen, in dem Ismail Mehmedović neben Agestål auf dem Rücksitz saß. Jönsson setzte sich neben Karlsson nach vorn.
    »Fahr los«, sagte er.
     
    Punkt vier verschloss Elina Wiik die Tür zu ihrem Dienstzimmer und ging direkt nach Hause. Den ganzen Tag war ihr Konzentrationsvermögen durch das blockiert gewesen, was bei der Morgenbesprechung vorgefallen war. Sie wusste nicht, was sie am meisten irritierte, Jönssons barsche Äußerungen oder die Tatsache, dass Mehmedović verhaftet wurde aus Gründen, die sie nur schwer akzeptieren konnte.
    Sie saß in ihrem Großvatersessel im Wohnzimmer und hatte keine Ahnung, was sie mit dem Rest des Tages anfangen sollte.
    Sei ehrlich zu dir selber, dachte sie. Was dich in Wirklichkeit fuchst, ist die Tatsache, dass du bei dieser Ermittlung im Abseits gelandet bist. Dass du nicht dabei sein darfst, wenn es spannend wird.
    Sie erhob sich, unfähig, still zu sitzen.
    »Scheiße!«
    Sie streckte sich nach dem Telefon und tippte eine Nummer ein, die mit 08 begann.
    »Botwid«, meldete sich jemand am anderen Ende.
    »Hallo, Papa. Wie geht es dir? Und Mama?«
    Unbewusst verfiel sie in den Dialekt ihres Vaters von Österbotten.
    »Elina, mein kleiner Liebling, wie geht’s dir?«
    Elina lächelte.
    »Ich hab zuerst gefragt, Papa. Aber ich kann natürlich auch als Erste antworten. Nicht besonders, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Und was fehlt dir?«
    »Eigentlich nichts. Ich sollte nicht jammern. Aber ich hab das Gefühl, ich komm nicht voran in meinem Job.«
    Sie erzählte bis ins letzte Detail, was morgens passiert war. Botwid Wiik hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen.
    »Ich bin zwar nicht sicher, ob die Polizei konservativer ist als andere Berufsgruppen, wenn es um Frauen geht«, sagte er, als sie fertig war, »aber es scheint so, wenn ich nicht ganz vernagelt bin. Alle Organisationen sind dafür geschaffen, bestehende Traditionen zu bewahren. Was dich angeht, so scheinst du eine extra Steigung vor dir zu haben. Aber weißt du, ich hab heute Nacht von dir geträumt. In meinem Traum warst du Polizeichefin.«
    »Hab ich diesen Jönsson in seine Schranken gewiesen?«, fragte Elina lachend. »Na, das war wohl kein Traum, der in Erfüllung geht. Aber ich will auch gar nicht Chef werden, ich möchte nur eine anständige Chance haben. Einen großen Fall.«
    »Bald kriegst du auch einen Kick. Und wie geht es mit der Liebe, mein Kind? Mama spricht so oft von Enkelkindern.«
    Elina wusste nicht, was sie antworten sollte.
    »Genauso mühselig wie die Arbeit«, antwortete sie schließlich. »So was kriegt man ja nicht einfach auf Bestellung hin.«
    »Hohe Erwartungen, hohe Erwartungen«, sagte Botwid Wiik.
    Ja, dachte Elina, als sie auflegte. Das ist mein Fluch. Zu hohe Erwartungen an alles. It’s got to be perfect.

12
    An der Decke hing eine matte Glaskuppel. Die Tapeten im Zimmer waren grau und in einem dunkleren grauen Ton kaum erkennbar gemustert. An der Wand hing eine weiße Uhr mit schwarzen Zeigern. Der Fußboden war mit grünem Laminat ausgelegt. Auf dem lackierten, aber ungestrichenen Tisch war eine Büroleuchte neben einem Tonbandgerät festgeschraubt. Zwei Stühle standen auf der einen Seite des Tisches, auf der anderen Seite standen zwei weitere.
    In diesem Raum hatten viele Menschen ihr

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