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Der werfe den ersten Stein

Der werfe den ersten Stein

Titel: Der werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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Moment, dann können Sie mit dem Diensthabenden sprechen.«
    Der Polizist verschwand durch eine Tür. Eine Minute später war er wieder da.
    »Kommen Sie mit mir«, forderte er Ismail auf.
    Er wurde durch einen Korridor in ein Zimmer geführt. Hinter dem Schreibtisch saß ein Polizist mit grauen Haaren.
    »Setzen Sie sich«, sagte er. »Ich bin hier heute der Diensthabende. Vor mir liegt der Bericht von heute Nacht. Eine unangenehme Angelegenheit. Es ist uns leider nicht gelungen, einen der Täter zu fassen.«
    »Ich will Schutz haben. Sie haben geschrien, dass sie mein Haus abbrennen wollen.«
    »Sind Sie sicher? Meinen Sie nicht, das nur in der Hitze des Gefechts verstanden zu haben?«
    »Es war kein Gefecht. Ich weiß, was Gefechte sind. Sie haben uns mitten in der Nacht überfallen. Ich weiß, was ich gehört habe.«
    »Ich kann Ihnen keine Bewachung Ihres Hauses versprechen, jedenfalls nicht rund um die Uhr. Aber ich will sehen, was ich tun kann.«
    »Und was ist das? Ich möchte es jetzt wissen.«
    »Ich werde mit dem Abteilungschef Per-Göran Larsson sprechen. Er entscheidet, welchen Einsatz wir leisten können.«
    »Herr Polizist«, sagte Ismail Mehmedović, »ich komme aus Banja Luka in Bosnien. Die Tschetniks haben mich einen verdammten Türken genannt und mein Haus abgebrannt. Die Polizei hat ihnen geholfen. Ich bin hierher geflohen, um in Frieden zu leben. Jetzt werde ich von irgendwelchen Verrückten Kanake genannt, die drohen, mein Haus abzubrennen. Weil die Polizei mich einer Tat angeklagt hat, die ich nicht begangen habe.«
    »Ich werde dafür sorgen, dass Sie erfahren, was wir tun können«, sagte der Diensthabende. »Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen.«
    Ismail Mehmedović blieb auf dem Stuhl sitzen. Er sah auf seine leeren Hände. Dann erhob er sich und ging. Auf der Treppe drehte er sich zum Polizeirevier um. Er holte tief Luft und spuckte gegen die Wand.
     
    Auf Elina Wiiks indischem Couchtisch lagen ein Slip und ein dazu passender BH der Größe 70B. Smaragdgrün und weiß. Die Preisschilder hingen noch dran. Beides hatte entschieden mehr gekostet, als Elina sich eigentlich leisten zu können meinte.
    Sie war gerade von ihrer Samstagsrunde durchs Zentrum nach Hause gekommen und stand in der Küche und schnitt die Stängel der Blumen ab, die sie gekauft hatte. Auf dem CD-Player drehte sich Iris Dements Troublesome Waters.
     
    Troublesome waters around me do roll
    They’re rockin’ my boat and wreckin’ my soul
    Loved ones are driftin’ and livin’ in sin
    The treacherous whirlpools are pullin’ them in
     
    Elina sang leise mit. Sie besaß die Scheibe schon seit sieben Jahren und konnte den Text auswendig.
    Als das Telefon klingelte, stellte sie die Lautstärke leiser und setzte sich aufs Sofa.
    »Kärnlund«, hörte sie Oskar Kärnlund sagen. »Ich störe hoffentlich nicht?«
    Er redete weiter, ohne die Antwort abzuwarten.
    »Ein paar Rowdys haben heute Nacht Steine auf Ismail Mehmedović’ Haus geworfen, und Larsson hält es für das Beste, wenn wir für eine Bewachung sorgen, jedenfalls für die nächste Woche, bis sich alles beruhigt hat. Heute Nacht schaffen wir es nicht, weil Wochenende ist, aber die Nachtstreife hat Order bekommen, so oft wie möglich dort vorbeizufahren. Von der Nacht auf Montag an stellen wir zwei Leute vors Haus. Die Dezernate müssen sich das teilen. Ich wollte dich fragen, ob du den ersten und zweiten Nachtdienst übernehmen kannst. Das bedeutet, dass du von Sonntag auf Montag um Mitternacht zum ersten Mal dran bist.«
    Elina dachte eine Weile nach.
    »Ich hab Anfang der nächsten Woche nichts, was besonders eilig ist«, sagte sie. »Wenn nicht etwas passiert, was den verschwundenen Bertil Adolfsson betrifft.«
    »Gut. Danke und bis dann.«
    Sie legte auf und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Ein Bewachungsauftrag. Sie konnte sich nicht entscheiden, was sie von Mehmedović und dem Brand hielt.
    Aber vielleicht sollte ich froh sein, dass wenigstens einer an meiner Anwesenheit zur Nachtzeit interessiert ist, dachte sie und seufzte.
    Die Gedanken wanderten wie auf einer Schnitzeljagd durch die Ereignisse der letzten Tage. Sie holte sich den Geruch im Haus der Familie Adolfsson zurück. Sie hörte ihre Stimmen. Mikael, der fast wortlos redete. Die Hinweise des übereifrigen kleinen Peter. Die Ängste der Ehefrau, die wie Schweißtropfen aus der Haut hervortraten.
    Was haben sie mir gesagt?, dachte Elina. Wer hat das gesagt, was ich gehört, aber nicht

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