Der werfe den ersten Stein
schien ständig anwesend zu sein. Das kam wahrscheinlich daher, dass er immer zum Einsatz bereit war, auch wenn er keinen Dienst hatte.«
»Was wird mit dem Haus passieren?«, fragte Elina.
»Die Versicherung deckt den größten Schaden ab. Schon in der nächsten Woche wird das Grundstück abgeräumt. Mitten in der Stadt kann es ja nicht aussehen wie auf einem Kriegsschauplatz. Das ist nicht gut für die Stimmung im Ort. Dann bauen wir neu. Wir müssen; es geht auf lange Sicht ums Überleben von Surahammar.«
»Wie meinen Sie das?«
Evert Bergman seufzte.
»Alles ist anders als früher«, antwortete er. »Die Leute ziehen weg aus dem Ort. Jugendliche kehren nach dem Studium nicht zurück, hier gibt es nichts für sie.«
Er sah ihr in die Augen.
»Innerhalb weniger Jahrzehnte hat das Gebiet Bergslagen seine Zukunft verloren. Wir von der Arbeiterbewegung haben geglaubt, wir bauen weiter am Volksheim unserer Eltern, aber irgendwo ist etwas schief gegangen. Die Zeit ist uns davongelaufen. Jetzt wissen wir nicht, wie wir es anstellen sollen, sie wieder einzuholen. Mir ist immer, als wäre in jener Nacht das Haus meines Vaters abgebrannt.«
»Das ist sonderbar«, sagte Elina. »Ich hatte die gleiche Vorstellung. Mein Vater ist auch Sozialdemokrat, ich habe es genau wie Sie empfunden.«
»Wir müssen das Bürgerhaus ganz einfach wieder aufbauen«, sagte Evert Bergman.
Auf dem Heimweg beschloss Elina, einen Abstecher nach Surahammar hinein zu machen. Als Erstes fuhr sie an Ismail Mehmedović’ gelbem Haus vorbei, um sich ein Bild zu verschaffen, wie die Überwachung zu bewerkstelligen war. Sie konnte keine andere Möglichkeit entdecken, als in einem geparkten Auto vor dem Haus zu sitzen. Da Henrik Svalberg ihr Gesellschaft leisten würde, konnte einer von ihnen regelmäßig eine Runde ums Haus gehen, damit auch die Rückseite einigermaßen unter Kontrolle war.
Dann fuhr sie am Zentrum vorbei, über den Kanal und hinaus auf die 252. Vor Bertil Adolfssons Haus hielt sie an. Sie überlegte, ob sie klingeln sollte, ließ es aber. Sie hatte am Morgen schon kurz mit Margareta Adolfsson gesprochen und wusste, dass es nichts Neues gab. Bertil Adolfsson war immer noch spurlos verschwunden. Bis jetzt war die Suchmeldung ohne Ergebnis geblieben.
Sie saß still im Auto und schaute zum Haus. Was hatte jemand gesagt? Wer von ihnen war es gewesen? Es irritierte sie mehr als so manches andere. Sie versuchte, ihren Blick zu schärfen, als ob ein intensives Starren ihr Unterbewusstsein dazu veranlassen könnte, im Gehirn ein klares Bild von dem zu formen, was sie gesehen und gehört hatte. Aber es geschah nichts weiter, als dass ihre Irritation noch mehr wuchs.
Sie trat aufs Gas und fuhr mit einem Blitzstart davon.
Zwanzig Minuten vor Mitternacht öffnete Elina Wiik die Haustür auf dem Oxbacken und ging hinaus auf die Straße. Die Nacht war hell, aber sie sah ein paar Sterne am Himmel. Es war windstill und vom Ringvägen waren Geräusche von vereinzelten Autos zu hören.
Ein Auto bog in ihre Straße ein und hielt vor ihren Füßen. Die Beifahrertür wurde geöffnet.
»Guten Abend«, sagte Henrik Svalberg.
»Ja, wahrhaftig ein guter Abend«, sagte Elina. Sie setzte sich neben ihn. Er lächelte. Sie lächelte zurück.
»Hast du etwas geschlafen?«, fragte er.
»Ich bin ungefähr für eine Stunde eingedöst, und du?«
»Das Gleiche. Vor einer Stunde hab ich mit dem Einsatzleiter gesprochen. Seit die Fensterscheiben zerdeppert wurden, ist es vor dem Haus ruhig geblieben. Ich glaube, heute Nacht wird auch nichts passieren.«
»Wollen wir’s hoffen.«
Henrik Svalberg setzte den Wagen zurück in eine breitere Straße und fuhr los.
»Ich bin draußen gewesen und hab die Lage überprüft«, erzählte Elina. »Das Haus liegt auf einem Eckgrundstück. Ich glaube, der beste Parkplatz ist schräg hinter der Garageneinfahrt. Dann haben wir Haus und Kreuzung im Blick.«
In Mehmedović’ Haus waren noch mehrere Fenster erleuchtet. Elina ging zur Haustür und klopfte leise, um niemanden zu wecken.
»Wer ist da?«, hörte sie eine Frauenstimme hinter der Tür.
»Elina Wiik von der Polizei.«
Die Tür wurde langsam geöffnet.
»Ich bin Jasmina«, sagte die Frau.
»Wir stehen die ganze Nacht hier draußen«, sagte Elina. »Ich glaube, Sie können ruhig schlafen. Aber lassen Sie bitte die Außenbeleuchtung an.«
»Mach ich«, sagte die Frau und schloss die Tür.
Elina sah, wie das Licht im Haus erlosch. Die Lampe vor der
Weitere Kostenlose Bücher