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Der werfe den ersten Stein

Der werfe den ersten Stein

Titel: Der werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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ging, ist sie fast weggelaufen. Ihr Gesicht habe ich nicht richtig gesehen. Ich hab ihr was nachgerufen, und sie hat nur geantwortet: ›Mir kann keiner helfen.‹ Als ich Freitag im Haus war, hat Margareta Adolfsson gesagt: ›Sie müssen uns helfen.‹ Das war es, was ich gehört hab, das ich nicht in den richtigen Zusammenhang bringen konnte. Es war dieselbe Frau.«
    »Und was bedeutet das alles?«
    »Wir haben es mit einer Familie zu tun, in der misshandelt wird. Diese Frau hat viel durchgemacht, glaub mir. Man kann sich kaum einen unterwürfigeren Menschen vorstellen. Wie ein Hund, der Angst vor Prügel hat. Und die Kinder müssen damit leben, vielleicht sind sie auch Gewalt ausgesetzt gewesen. Das wirft unbestreitbar ein neues Licht auf Bertil Adolfssons Verschwinden, oder was meinst du?«
    »Ich mach La Ola. Damit weißt du aber immer noch nicht, was mit dem Mann passiert ist.«
    »Nein, aber jetzt kann ich andere Fragen stellen. Gezieltere Fragen. Und du, Henrik, um La Ola zu machen, dafür muss man mindestens zu zweit sein.«
    Sie zeigte es mit den Armen.
    »Ich mache es immer mit einem Arm«, sagte Henrik Svalberg.
    Dann schwiegen sie wieder eine Weile.
    »Ich will ja kein Spielverderber sein«, sagte er, »aber damit du neue Anhaltspunkte hast, über die du nachdenken kannst: Warum bist du dem Zeitungsboten gefolgt?«
    »Spielverderber«, seufzte Elina.

18
    Die Nachtwache gab Elina das Recht, einen Tag freizunehmen, aber sie hielt es zu Hause nicht aus. Sie wollte Kärnlund berichten, was sie jetzt über die Familie Adolfsson zu wissen meinte. Nach eineinhalb Stunden Schlaf war sie mit dem unbestimmten Gefühl aufgestanden, keinen richtigen Kontakt zur Wirklichkeit zu haben. Eine Dusche half ihr, mental anzukommen.
    Es war fünf vor halb neun, als sie von ihrem Dienstzimmer Kärnlund anrief und um ein Gespräch bat.
    »Komm in einer Viertelstunde«, sagte er.
    Sie öffnete die E-Mail und las die gestern eingegangenen Briefe. Dann klickte sie auf »New message«. Sie schrieb Martins E-Mail-Adresse und ging in das Mitteilungsfeld.
    Von wem hast du heute Nacht geträumt?, schrieb sie. Nicht mehr. Sie klickte auf »Send« und lehnte sich zurück. Nach fünf Minuten wurde ihr klar, dass er nicht da war, an seinem Computer. Er befolgte immer die Regeln ihres Spiels, die er selber vorgeschlagen hatte. Im »unbewussten Spiel« galten drei einfache Regeln: Man durfte nur nach etwas fragen, was nicht von bewussten Gedanken gesteuert wurde. Man musste sofort antworten. Und man musste ehrlich antworten.
    Auf diese Weise, hatte er gesagt, erfahre ich mehr über dich. Ich bekomme Verbindung zu deinem Unterbewusstsein. Und du wirst gezwungen, dich selbst von außen zu sehen. Außerdem komme ich deinem Sexualleben näher. Und du meinem.
    Die einfachsten Fragen galten Träumen und Gedanken. Nach einem halben Jahr waren die Fragen verzwickter geworden.
    Das Telefon klingelte.
    »Träumst du, Wiik? Ich warte.«
    » Yessir. I’m comin’! «
    Kärnlund betrachtete sie forschend, als sie hereinkam und sich auf einen Besucherstuhl setzte.
    »Du siehst mitgenommen aus, Wiik«, sagte er.
    »Genau das, was eine Frau hören möchte, Chef.«
    Er lachte kurz.
    »Ich meine müde, du hast heute Nacht gearbeitet. Wollen wir uns ernsthaft unterhalten oder weiter blödeln? Du wolltest mir etwas sagen.«
    Sie erzählte von der Begegnung bei H&M und wie sie schließlich einen Zusammenhang mit Margareta Adolfsson herstellen konnte. Kärnlund unterbrach sie nicht ein einziges Mal. Als sie fertig war, stand er auf und begann, im Zimmer herumzugehen.
    »Stark, Wiik, wirklich stark. Du hältst die Augen offen. Die Implikation geht unzweifelhaft weit, gibst du mir nicht Recht?«
    »Ja, das tu ich. Aber ich baue auf meine Erfahrungen mit Frauenmisshandlung.«
    »Entwickle das weiter«, sagte Kärnlund.
    »Mir ist noch nie ein Haustyrann begegnet, der seine Burg freiwillig verlassen hat. Ich hab nicht den kleinsten Beweis, das muss ich gleich hinzufügen, aber ich glaube nicht, dass er aus freiem Willen verschwunden ist.«
    »Was bedeutet?«
    »Wir müssen anfangen, uns vorzustellen, dass er ermordet wurde. Von einem Mitglied seiner Familie. Die dreizehnjährige Tochter können wir wohl gleich ausschließen, aber die Ehefrau und die beiden Söhne sind vorstellbare Verdächtige.«
    »Und wer von den dreien, was meinst du?«
    »Einer der Söhne. Die Frau würde den Druck nicht aushalten, glaube ich. Sie würde sich bei dem geringsten Antippen

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