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Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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Sie mich auf dem Laufenden. Ich bin in meinem Büro.«
    Die Türen knallten zu, aber Canonicos Präsenz hing noch ein paar Sekunden im Korridor wie ein schlechter Geruch.
    »Der hat dir wohl nie verziehen, was?«, fragte De’Ath.
    »Nein. Wird er auch nie tun. In welchem Zimmer ist Kipp?«
    »B. Was hältst du denn von dem Mädel?«
    »Jung. Hübsch. Unschuldig.«
    »Mann, aus dir würde nie ein Cop.«
    »De’Ath, dazu hätte ich auch gar keine Lust. Nicht in einer Million Jahren. Übrigens wäre sie gern die Handschellen los.«
    »Vorschrift, Doc. Sie ist eine Mordverdächtige, noch dazu in einem widerwärtigen Fall. Sie behält die Handschellen, bis wir sicher wissen, dass sie harmlos ist. Du kannst mir ja nur sagen, ob sie zurechnungsfähig ist, aber nicht, ob sie mir eventuell die Augen auskratzen würde. Überlass sie den Fachleuten. Und heb dir dein Mitleid für die Opfer auf.«
    »Warum das Blut?«
    »Blut?«
    »Auf Mund und Händen. Sagtest du nicht, die Forensik hätte sie schon durchgecheckt?«
    »Ja, Abstriche und Proben. Ist jetzt alles im Labor.«
    »Warum hat man sie denn nicht gewaschen?«
    »Man, wir sind eine Polizeiwache, keine Reinigung! Sie kann sich später waschen; jetzt muss ich in einem Mordfall ermitteln. Konzentrier du dich auf Mr. Kipp. Nachdem du das Batmobil weggekarrt hast.«
    »Nenn es nicht so, De’Ath. Ich hasse das!«
    De’Aths Lachen hallte durch den Flur, als er an die Tür des Zimmers klopfte, in dem Terry saß. Als sie aufging, sah ich Terry über De’Aths Schulter hinweg. Sie blickte hoch und lächelte mich schwach an, dann fiel die Tür zwischen uns wieder zu.
    Ich ging hinaus und fuhr meinen Wagen weg, dann nahm ich mir Henry Kipp vor. Er war so zurechnungsfähig wie ich, möglicherweise mehr als ich. Am Olympic Boulevard hatte er den Drugstore eines alten polnischen Ehepaars überfallen. Er hatte dem Alten eins mit dem Kolben seiner abgesägten Flinte übergezogen und ein paar hundert Dollar aus der Kasse genommen. Seiner weinenden Frau hatte Kipp dann die Doppelläufe in den Mund gedrückt und ihr befohlen, damit aufzuhören. Um ihr anschließend das Gesicht wegzupusten.
    »Die Stimmen haben es mir befohlen.« Lachend bleckte Kipp seine faulen Zähne.
    »Was für Stimmen?«
    »Teufel«, sagte er. »In meinem Kopf. Sie sagen mir, was ich tun muss.«
    »Männliche oder weibliche Stimmen?«
    »Männliche.«
    »So wie die Stimme Ihres Vaters?«
    »Die habe ich nie gehört. Der war schon über alle Berge, als ich geboren wurde.«
    Er hatte raspelkurzes Haar, und die Nase war schon so oft gebrochen worden, dass sie ganz platt war. Die Fingernägel an seinen klobigen Pranken waren abgekaut; starke Hände waren das, die er zu Fäusten ballte, während er die Maus traktierte, und zwar so energisch, dass sie klapperte. Zähneknirschend beantwortete er die fünfhundert Fragen. Er atmete durch die Nase, was sich wie das schwere Schnauben eines Tiers anhörte. Doch laut Programm war er zurechnungsfähig. Aggressiv, amoralisch, grausam und ein Abschaum der Menschheit, aber zurechnungsfähig. Zurechnungsfähig nach dem Beaverbrook-Modell, was in der Phase als einziges zählte. Er log in Bezug auf die Stimmen, das stand völlig außer Zweifel. Ein Amateur-Anwalt, den er während eines früheren Knastaufenthalts kennengelernt hatte, musste ihm erzählt haben, dass Unzurechnungsfähigkeit eine gute Verteidigung war, aber das manische Lachen und der stiere Blick täuschten das Programm nicht. Als ich es laufen ließ, zeigte der blinkende Stern, der Kipps Psyche darstellte, alles im Rahmen dessen, was das Gericht als zurechnungsfähig anerkannte. Etwas unterhalb und weiter links als der von Terry, aber dennoch zurechnungsfähig.
    Die Tür von Zimmer F war geschlossen, als ich in den Korridor zurückging, und ich blieb stehen und legte mein Ohr auf das Holz und lauschte. Ich konnte De’Ath hören, aber nicht deutlich genug, um seine Worte zu verstehen. Ich überließ ihm das Feld.
    Der Sturm war noch lange nicht vorbei, als ich das Präsidium verließ und in den Wagen stieg. Als ich den Motor anließ, sah ich, dass jemand eine kleine Gummifledermaus an die Antenne gehängt hatte. Vermutlich De’Ath. Es war nicht Canonicos Art von Humor. Der hätte die Antenne abgebrochen und mir die Reifen zerstochen – das war eher sein Stil. Ich ließ die Fledermaus auf dem ganzen Heimweg im Wind flattern.

DER ALBTRAUM
    Die Gasse war dunkel, unfassbar dunkel. Sie war auch ganz eng. Hätte ich wie ein

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