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Der Wettermacher

Der Wettermacher

Titel: Der Wettermacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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erfüllen konnte, mit eigenen Erinnerungen, mit selbst erworbener Weisheit, mit seiner eigenen Moral und seinem eigenen Gewissen; in dem er eigene Gefühle besitzen konnte.
    Für eine kurze Zeit hatte er diesen Luxus genossen.
    Stand er hier vor einem anderen, der suchte wie er?
    Dorema und Verica starrten mit weit aufgerissenen Augen auf ihre teilnahmslosen Gefährtinnen. Es gab kein Lächeln, kein Willkommen, nur dieses Grauen der blicklosen Augen. Sie begannen zu begreifen, daß dies keine Heimfahrt sein würde, sondern eine Reise in ein schreckliches Ende. Sie verstanden mehr als die Sasgen, vier an der Zahl, was ihnen bevorstand.
    Dann sah Dilvoog, wie etwas nach den neuen Gefangenen griff. Er spürte es selbst.
    Die Augen der beiden Amazonen wurden weit vor Entsetzen. Aber gleich darauf schwand die Furcht und machte einer Schläfrigkeit Platz, die allen Widerstand lähmte, und aus der sie nie wieder erwachen würden.
    Auch zwei der Sasgen geschah das gleiche. Die anderen beiden, einer von ihnen war Oghden, wehrten sich. Dilvoog verstand nicht, wieso es ihnen gelang. Vielleicht hatten sie genug Opis in sich. Mit opisberauschtem Verstand hatten die Lorvaner schon mehrfach den Einwirkungen der Finsternis widerstanden.
    Mit langsamen, mühseligen Schritten erreichten sie die Reling.
    »Verdammt, Caer!« keuchte Oghden. »Hilf uns!«
    Dilvoog erkannte in diesem Augenblick, daß er selbst nicht mehr frei war von dem Einfluß der fremden Macht. So unmerklich war es geschehen und so fasziniert war er von der Verwandlung der anderen gewesen, daß ihm erst Oghdens Stimme die Gefahr bewußt machte.
    Die beiden Sasgen brachen in die Knie.
    »Nnneeeiiin!« brüllte Oghden und versuchte, sich auf die Reling zu stemmen.
    Dilvoog ergriff ihn unter den Armen und hob ihn über die Reling. Es war keine Zeit für ein Tau, keine Zeit zu klettern. Es gab nur diesen Sprung. Dilvoog faßte den zweiten Sasgen und rollte ihn über die Reling.
    Oghden fiel in das dunkle Wasser der Bucht. Der andere schlug mit einem berstenden Geräusch in eines der Boote.
    Dilvoog nahm Dorema an den Armen.
    Es ist unklug, was du tust!
    Dilvoog hielt inne. »Weshalb?«
    Es ist nur eine Verschwendung von Leben. Auch wenn sie nicht zu Tode stürzt, wird sie nicht mehr leben.
    Dilvoog gab die Amazone frei. »Wer bist du?«
    Ich bin das Einhorn. Ich bin das Schiff.
    »Was bedeutet es?«
    Ich bin das Schiff. Ich lenke es. Ich befehlige es.
    »Das Schiff ist dein Körper?«
    Ich benutze viele Körper.
    »Diese hier an Deck?«
    Diese. Und alle, die ich mir hole.
    Dilvoogs Interesse wuchs.
    Ich weiß nicht, weshalb es mich beunruhigt, wenn ich dich berühre. Du bist nicht allein. Du bist Dilvoog. Du bist Mon’Kavaer. Du bist Lirry O’Boley. Es ist nicht dein Körper. Du bist einer wie ich. Du bist… Dilvoog ist… Die lautlose Stimme zitterte. Dilvoog ist… ein Dämon!
    Der andere zog sich hastig zurück.
    »Ich bin kein Dämon!« rief Dilvoog, und als keine Antwort mehr kam: »Hörst du mich, Schiff? Ich bin kein Dämon! Ich bin wie du. Ich suche einen Körper. Ich habe viele besessen… nein, nicht besessen. Ich habe in vielen gewohnt!«
    Als wieder keine Antwort kam, fügte er hinzu: »Du fürchtest mich!«
    Das Schiff erzitterte.
    Nein! Ich bin mächtiger als die Dämonen, die mich als ihr Werkzeug geschaffen haben. Die Menschen nennen mich den Deddeth. Ich bin aus dem Leben und aus dem Tod. Die Erschlagenen von Dhuannin, ihre verlöschenden Geister, ihre heulenden Seelen, ihr schreiendes Fleisch – das bin ich, der Deddeth! Die Schlacht von Dhuannin ist unauslöschlich. Ich bin ihre Erinnerung, immer lebendig durch die Kraft der Finsternis. Einst war ich wie du. Da begehrte ich einen Körper – einen für mich allein. Aber ich zerstörte sie, wenn ich sie hatte. Und ich haßte die Finsternis und ihre Dämonen dafür, daß sie mir das nicht geben konnten, was tausend Erschlagene in mir als unbezähmbare Sehnsucht weckten. Aber nun habe ich dieses Schiff, und ich habe Körper, so viele ich will, wenn mich das Verlangen überkommt. Ich werde bis ans Ende der Zeiten segeln, so lange es Leben gibt. Wenn es keines mehr gibt in den dunklen Tagen am Ende der Welt, werde ich genug Erinnerungen für die Ewigkeit haben.
    Dilvoog nickte zu sich. Er verstand den Deddeth. Er verstand menschliche Sehnsüchte. Er versuchte sich vorzustellen, aus welchen Kräften der Deddeth bestand. Welche Magie ihn geboren hatte. Aber wie die menschliche Seele ein großes

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