Der Wettflug der Nationen
ja 1.070 Stundenkilometer. Mir scheint's, jetzt bin ich Ihnen 7.000 Dollar schuldig.“
Kelly schmunzelte vergnügt. „Ich hoffe, daß es bis Bay City noch etwas mehr werden. Jetzt ist die Eagle erst so recht in Schuß und braucht nicht mehr zu steigen. Ich hoffe, die Wette wird Sie allerlei kosten.“
Er griff zum Telefon und sprach zu den Piloten. Und dann wurde das schrille Heulen der Triebwerke leiser. Schon lag der See wieder tief unter ihnen, schon kam die Saginaw-Bucht wieder in Sicht. Dann lagen die Reading-Werke wieder vor ihnen.
„Ein Uhr 56 Minuten 15 Sekunden“ las John Sharp vom Ziffernblatt seines Chronometers ab, als die Schwimmer der Eagle den Seespiegel berührten. Eifrig begann er zu rechnen. Frank Kelly klopfte ihm auf die Schulter. „Unnötige Mühe, lieber Freund. Ich habe das Resultat schon. Mit durchschnittlich 1.175 Stundenkilometern hat die Eagle den Flug gemacht. 17 500 Dollar dürfte Sie der Spaß kosten.“
„Mit Vergnügen, Kelly, mit größtem Vergnügen.“ John Sharp zog sein Scheckbuch und schrieb den Betrag aus. — Während sie zusammen über den Werkplatz schritten, rechnete er weiter. Kelly erklärte: „Auf dem Rückflug sind wir fast an die Schallgeschwindigkeit herangekommen, freilich nicht im Horizontalflug.“ Sharp interessierte das im Augenblick nur wenig. Er rechnete und sprach dabei: „1.175 Stundenkilometer ... Wenn ich richtig gerechnet habe, Kelly, macht das eine reine Flugzeit von 34 Stunden und 3 Minuten für den Weg um den Erdball ... Wenn's beim Rennen ebenso klappt. Rechnen wir sechs Zwischenlandungen für Betriebsstoffaufnahme mit zusammen etwa zwei bis drei Stunden dazu ... Ich glaube, Kelly, man könnte jetzt die Stundenzahlen von 36 bis 37 mit einiger Aussicht auf Gewinn bei den Herren Harrow & Bradley wetten.“
„Kann sein, daß Sie recht haben, trotzdem möchte ich Ihnen dringend davon abraten.“ John Sharp sah ihn verwundert an. „Kelly, ich verstehe Sie nicht, warum soll ich nicht ebenso wetten können wie jeder andere Bürger der Vereinigten Staaten?“
„Weil Sie der Präsident des Reading-Kuratoriums sind. Wenn Sie eine Wette bei Harrow & Bradley placieren, würde es schneller bekannt werden, als Sie ahnen. Unsere Konkurrenten würden aus den von Ihnen gesetzten Zahlen sofort ihre Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit unserer Maschine ziehen und danach ihre Maßnahmen treffen.“ John Sharp strich sich über die Stirn.
„Sie haben recht, Kelly. Das darf nicht sein. Die Leistungen der Eagle müssen geheim bleiben, bis der Startschuß zum Rennen fällt.“ —
Während dieses Gespräch vor der großen Montagehalle der Reading-Werke stattfand, stand im European-Hotel in Mattawa Herr Hidetawa am Fernsprecher und telefonierte mit Yoshika in Bay City.
„Das neue Vierdüsenflugzeug der Reading-Werke hat Mattawa um 1 Uhr 31 überflogen und gewendet.“
Yoshika notierte die Zeitangabe zu anderen Ziffern auf einem Block, auf dem das Wort Eagle zu lesen war. Je weiter die Zeit voranschritt, um so stärker nahm das kommende Reading-Rennen das allgemeine Interesse in Anspruch. Auch bei dem Empfang, den der französische Generalkonsul in
New York, Monsieur Gerardin, am 15. März in den Gesellschaftsräumen seines Konsulates abhielt, war reichlich viel davon zu spüren.
Eben drangen noch die Klänge eines Tangos aus dem Raumstrahler, nach dessen Rhythmus sich elegante Paare auf dem Parkett des großen Gesellschaftssaales bewegten. Jetzt verstummten sie, und Worte flatterten aus der Membrane: „Nachricht vom Reading-Rennen: Der deutsche Renn-Ausschuß hat sich entschlossen, für Start und Ziel einen Punkt an der Ostküste Grönlands unter 35 Grad westlicher Länge zu wählen. Die Stelle liegt auf dem nördlichen Polarkreis in der Schreckensbucht. Der Gegenpunkt liegt in Claryland am Ran-de des antarktisdien Kontinents. Die Deutschen haben sich zu dieser Wahl entschlossen, weil an beiden Stellen schon seit längerer Zeit deutsche meteorologische Stationen bestehen und zum Teil bereits überwintert haben. Sie gedenken die wissenschaftlichen Niederlassungen für die Organisation der Rennstrecke nutzbar zu machen.“
Die Meldung war beendet. Unter den Gästen wurde die Nachricht lebhaft besprochen. „Poor Germany!“ konnte man hören, „das arme Deutschland muß mit seinen Stationen in die Fremde gehen ...“
Monsieur Gerardin nahm ein Glas mit Eissorbet vom Tablett, das ein livrierter Diener anbot,
„Ja, mein lieber Tredjakoff“, sagte
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