Der Wettflug der Nationen
wir gleich sehen, Wolf.“ Bei diesen Worten rupfte Berkoff einige Fasern aus der Putzwolle, legte sie auf seinen Teller und brachte ein brennendes Streichholz heran. In dem Augenblick, in dem die Flamme die Fasern berührte, zerpufften sie wie Schießpulver. Noch ein paarmal wiederholte Berkoff den Versuch mit kleineren und größeren Proben.
„Zum Teufel, Georg, was ist das? Was hat das zu bedeuten?“
Berkoff pfiff durch die Zähne. „Nitroöl, mein Lieber. Stark explosives Nitroöl. Was meinst du, wie der Stoff unseren
Triebwerken bekommt, wie schnell er sie zerschlagen würde?“
„Nitroöl? Ich verstehe immer noch nicht, Sprengöl... Wie kommt der gefährliche Stoff in unsere Tanks?“ Berkoff wollte antworten, als er plötzlich erblaßte.
„Herrgott im Himmel, Wolf, wir stehen hier und reden wie die alten Weiber. Unsere Seeschwalbe ist vor einer Stunde hier fortgeflogen, sicherlich mit demselben Höllenzeug in den Tanks.“
Schon während der letzten Worte war er zur Funkanlage des Schiffes gestürzt. Die Morsetaste des Senders trommelte unter seiner Hand, er nahm die Verbindung mit der Seeschwalbe auf. —
Die Borduhr der Seeschwalbe zeigte neunzehn Uhr sechzehn Minuten. Aber über dem 125. Grad westlicher Länge, den das Flugzeug eben passierte, war es noch früher Nachmittag. Die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte auf die unendliche Meeresfläche.
Hein Eggerth saß am Steuer, Bert Röge neben ihm bediente das Funkgerät. Hinter ihnen hatte es sich Schmieden zu einem gesunden Schlaf bequem gemacht.
Endlos dehnte sich unter ihnen die See, fast tiefschwarz, nur in Richtung Sonne einen grellen Lichtpfeil spiegelnd. Den Ozean und immer wieder den Ozean würden sie jetzt unter sich haben. — viele Stunden hindurch. Über 26.000 Kilometer lang war ja jener Teil der deutschen Route, der von Los Angeles über die Manihiki-Inseln nach dem Kontrollpunkt in Claryland und dann weiter über den Indischen Ozean nach Aden führte. Eintönig, beinahe einschläfernd der gleichmäßige schnelle Flug über dem tiefschwarzen Schild des erdumgürtenden Ozeans.
Plötzlich drückte Bert Röge die Kopfhörer fester an die Ohren, schrieb ein paar Worte auf seinen Block, gab durch den Bordsender Antwort. Immer schneller eilte dabei sein Bleistift über das Papier. Jetzt funkte er wieder zurück, hörte,
funkte noch einmal, hörte dann lange.
„Was gibt's, Bert? Mit wem sprachst du eben?“
„Mit Berkoff. >ST 1< liegt noch in San Pedro, wo die Maschine eben Brennstoff genommen hat...“ Röge betrachtete die Benzinuhren der verschiedenen Tanks auf dem Apparatenbrett. „Ein Glück, Hein, daß wir mit unserem alten Brennstoff aus dem Hecktank weitergeflogen sind ... Eine tolle Sache, die Berkoff mir eben funkte. Hör zu, aber laß nicht etwa vor Schreck das Steuer los. >ST 1< haben sie in San Pedro explosives Nitroöl in den Tank gepumpt. Nur durch einen glücklichen Zufall haben Hansen und Berkoff es gemerkt. Berkoff vermutet, daß es bei uns ebenso ist. Er warnt uns.“ „Warnen? Warnen? Ja, was will er denn? Was sollen wir tun? Jetzt etwa umkehren? Nach San Pedro? Neuen Stoff nehmen? Das hieße die besten Chancen aus der Hand geben.“ „Das verlangt Berkoff nicht Er warnt nur, den Tank mit dem Nitroöl in Betrieb zu nehmen. Wir sollen mit unserem alten Öl — ich habe ihm gefunkt, daß es noch für zweieinhalb Stunden reicht — auf unserem Kurs weiterfliegen. Hansen und Berkoff wollen die Saboteure, soweit sie sie fassen können, der Polizei übergeben, neuen guten Treibstoff nehmen und uns dann mit ihrer höchsten Geschwindigkeit nachkommen... “
Hein Eggerth schüttelte den Kopf und kratzte sich hinter dem rechten Ohr.
„Pfui Teufel, Junge. Ist das eine Situation. Hundert Meilen vom nächsten Land entfernt, acht Kilometer hoch ... einen Tank mit etlichen Kubikmetern Sprengöl hinter sich... ich kann mir was Schöneres denken.“
Röge hatte keine Zeit zum Antworten, er mußte sich um den Funk kümmern. Erst nach Minuten tat er den Mund auf. „Du, Hein, das ist interessant. Weißt du, wer der Saboteur in San Pedro ist? Du wirst's nicht erraten. Unser verflossener Schulze 3 aus Walkenfeld, der damals aus dem Sicherheitsraum ausrückte. Na, Hansen und Berkoff scheinen dem das
Leder ja nicht schlecht vollgehauen zu haben.“
„Schade um jeden Schlag, der daneben geht“, knurrte Hein Eggerth wütend vor sich hin. „Wollen bloß hoffen, daß auch alles andere klappt, könnten sonst eklig in die
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