Der Wettflug der Nationen
Frank Kelly. Wenn der wirklich zuerst Kealakekua erreichte, würden die Herren Harrow & Bradley sehr tief in den Beutel greifen müssen. —
Als die Uhr der alten Trinity Church die sechste Abendstunde kündete, lagen die japanischen und amerikanischen Maschinen ungefähr auf dem gleichen Längengrad. Schon jetzt ließ sich voraussehen, daß ihre Ankunftszeiten auf den Hawaii-Inseln nur um Minuten differieren konnten. Aber mochten auch die Japaner um diese Zeitspanne früher ihren Stützpunkt erreichen, ein schöner Sieg für die Eagle-Maschinen des Reading-Konzerns würde es immer noch sein. Der amerikanische Startpunkt bei Manila war ja 1.600 Kilometer weiter von den Hawaii-Inseln entfernt als der Japanische auf Jap. In sieben Flugstunden fast achtzehnhundert Kilometer gegen den Konkurrenten aufholen, das gab gute Aussichten auf den Endsieg. —
Noch waren in New York die Millionen Lichter des Broadway erst im Aufflammen, als der Reading-Sender die
Nachricht verbreitete: Zwei Maschinen vom Eagle-Typ 13 Uhr 37 Minuten Hawaii Time, 19 Uhr 27 Minuten American Eastern Time in Kealakekua gewassert! — Erst zehn Minuten später kam die Meldung aus Lanai, daß die ersten drei japanischen Maschinen fast gleichzeitig um dreizehn Uhr zweiundvierzig Hawaii Time niedergegangen seien. —
Mehr und mehr belebten sich die Straßen der Hudson-Metropole. Zu Hunderten strömte das Publikum in die Büros von Harrow & Bradley, die ihre Schalter auch die Nacht hindurch offenhielten. In diesen Stunden wurde die Firma um eine halbe Million ärmer. Ein Glück für sie, daß der größte Teil der ausgezahlten Gelder gleich wieder auf neue Wetten angelegt wurde, die für die Buchmacher bessere Chancen boten.
Als in New York im Flimmern der Leuchtreklamen die Volksmenge den Zwischensieg Frank Kellys und seiner Maschinen bejubelte, strahlte über Hawaii die Sonne hoch vom Zenit herab.
Blendende Sonnenflut hatte auf der See gelegen, als die zwei Eagle-Maschinen von Osten her aus der Höhe herabschossen und unter eigener Triebkraft in den Hafen von Kealakekua einfuhren. Es wirkte geradezu erfrischend auf die Piloten, als sie nach der Stille des Fluges das Heulen ihrer Triebwerke wieder hören konnten, während die Maschinen über die breite Hafenfläche bis zum Kai trieben. —
„Man erwartet uns, Hobby. Die Begrüßung wird nicht schlecht.“ Vergnügt lachend deutete Frank Kelly auf die Menge, die den Kai umsäumte.
Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als die Töne einer Musikkapelle vom Ufer her zu ihnen drangen. Frank Kelly stieß Hobby in die Rippen.
„Hobby! Mann! Hören Sie! Hail Columbia, der Lieblingssong von unserem dicken Juve. Ich möchte zehn Dollar wetten, daß er hier ist und uns erwartet.“
„Werten Sie nicht, Hobby!“ mischte sich Pender, der dritte Mann von der Besatzung der ersten Eagle-Maschine ins Gespräch. „Ich sehe da drüben vom Kai her was Rotes winken. Das kann nur Juves Taschenbuch sein. Es gibt kein zweites Exemplar von gleicher Größe in den Vereinigten Staaten.“
Langsam trieben die beiden Maschinen bis dicht an die Kaimauer heran. Ein Tusch der Kapelle klang auf, als Leinen hinübergeworfen und die Flugzeuge vertäut wurden. Ein kräftiges Händeschütteln dann zwischen ihren Besatzungen und der Stationsmannschaft der Reading-Werke, die mit allem Nötigen bereitstand, um sich sofort über die Flugzeuge herzumachen.
Im Triumph führte Dahl Juve die Piloten zur Station, wo Speise und Trank ihrer harrten. Bald saßen sie an der Tafel und taten dem Dargebotenen alle Ehre an. Juve erhob sein Glas zu einem schwungvollen Toast und feierte die Adlermaschinen als die besten Flugzeuge, ihre Besatzungen als die mutigsten und schnellsten Flieger der Welt.
Frank Kelly beteiligte sich an dem Trubel nicht. Er saß neben James Thomson, dem Chefpiloten der zweiten Adlermaschine, und war in ein Gespräch über technische Dinge verwickelt. Beide hatten ihre Bordbücher vor sich liegen und verglichen ihre Eintragungen.
Thomson hob sein Glas, um Dahl Juve zuzutrinken. Frank Kelly schüttelte leicht den Kopf. „Ich liebe die Vorschußlorbeeren nicht, Thomson! Gewiß! Unsere Maschinen haben sich bis jetzt wunderbar gehalten. Aber wir sind noch längst nicht über den Berg. Achttausend Kilometer sind noch nicht vierzigtausend!“
„Sie haben recht, Kelly! Der Weg vor uns ist noch lang. Irgendein dummer Zufall, eine lächerliche Panne könnten uns weit zurückwerfen. Sorge macht mir ein zwar langsames, aber
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