Der Wettflug der Nationen
das Rennen mit der Seeschwalbe machen. Die hat, wie Sie wissen, ja nur 1.100 Stundenkilometer. Es gibt immer noch Chancen für die Reading-Werke und die Eagle-Maschinen.“
„Aber Sie, Mr. Beckmann, und >St Sie sind doch auch im Rennen.“
Beckmann lachte.
„Sie irren sich, Mr. Watson! Wir sind gar nicht im Rennen.
Wir fliegen hier nur zu unserem Vergnügen etwas spazieren.“
Mit einer Geschwindigkeit von mehr als 2.400 Stundenkilometern schoß >St< auf seinem Kurs weiter durch die Stratosphäre. Um 4 Uhr 90 morgens, nach Eastern Time, stand das Schiff über dem amerikanischen Kontrollplatz am Juruena, auf dem infolge ihrer Funkmeldung alle Landefeuer brannten. Nach einer weilen Kurve setzte es auf dem Rasen vor der großen Wellblechbude auf, in der die Herren Scott Campbell und Williamson nun schon seit Monaten die amerikanische Nation mitten im Urwald vertraten.
Die Nacht vom ersten zum zweiten Renntag ging in New York ihrem Ende entgegen. Die Spannung, in der sich die Riesenmetropole seit mehr als 15 Stunden befand, hatte nicht nachgelassen.
Unablässig funkte der große Sender von Radio-City in kurzen Zwischenräumen die Renn-Nachrichten heraus, wie sie aus allen Teilen der Welt im Rockefeller Building einliefen.
Die Massen atmeten auf, als gegen 3 Uhr 40 Minuten die Nachricht kam, daß die Eagle 2 auf dem Oberlauf des Amazonas vor Anker gegangen sei. Jubel herrschte, als man in der vierten Morgenstunde hörte, daß die Eagle 2 wieder gestartet und mit eigener Maschinenkraft auf dem Wege zur brasilianischen Kontrollstelle am Juruena sei.
Andere Nachrichten liefen dazwischen ein. Aber zu groß war das Interesse der Amerikaner an den amerikanischen Maschinen, als daß sie diesen Nachrichten, die gewiß nicht unwichtig waren, besondere Beachtung schenkten. Da war schon kurz nach 3 Uhr die Meldung gekommen, daß eine der englischen Fisher-Ferguson-Maschinen in der Großen Victoriawüste in Westaustralien eine böse Notlandung gehabt hätte. Das Flugzeug ein Wrack, zwei Mann der Besatzung verletzt.
Ganz Australien war über diese Hiobsbotschaft in Aufregung geraten. Schon eine Stunde später starteten Fliegergeschwader der australischen Heeresverwaltung, um die Verunglückten vor einem qualvollen Ende in der großen Wüste zu bewahren.
Nach jedem dunklen Gesetz der Serie, das bei Unfällen zu herrschen scheint, meldete der Reading-Sender kurz nach vier Uhr, daß auch die beiden französischen Cassard-Maschinen in Victoria mit schweren Motordefekten zur Notlandung gezwungen worden waren.
Der Morgen graute über den Straßenschluchten von New York. Es war zu spät, um sich ins Bett zu legen, zu früh, um schon in die Büros zu gehen. Aufgeregt wogte die Menge durch die Straßen der unteren Stadt und staute sich vor dem Gebäude von Harrow & Bradley. Tausende, die Wettzettel von Harrow & Bradley in ihren Brieftaschen hatten, begannen zu rechnen. Ein einfaches Exempel: 2 mal 17 sind 34. Alle Wettzettel, die auf eine geringere Siegeszeit als 34 Stunden lauteten, schienen in diesem Augenblick wertlos... Die Ungeduld wuchs, doch man mußte warten.
Da ging eine Bewegung durch die Massen. Licht huschte über die große Leinwand an der Hausfront. Leuchtende Buchstaben bildeten sich auf ihr, und dann war es deutlich zu lesen:
„Amerikanische Kontrollstation am Juruena. Stratosphärenschiff der Eggerth-Werke mit zwei Mann Besatzung von Eagle 2 4 Uhr 50 Minuten gelandet.“
Von neuem kam Aufregung in die Massen. >St<, das geheimnisvolle Stratosphärenschiff! Was war mit dieser verteufelten Maschine eigentlich los? Überall auf dem Globus tauchte sie plötzlich auf ... hilfreich, nützlich ... das war ohne Zweifel zuzugeben. Schon die nächsten Buchstaben auf der Leinwand brachten wieder eine Bestätigung dafür.
„>St< hat Besatzung von Eagle 2 am Maranon bei Jaen aufgenommen, nach Kontrollstelle gebracht. Besatzung wartet dort auf Ankunft von Eagle 2 , mit James
Thomson am Steuer. >St< nach Treibstoffaufnahme zum Weiterflug gestartet.“
Da war wieder das Rätsel. Zu welchem Weiterflug war das Stratosphärenschiff denn gestartet? Claryland, die Kontrollstation der Deutschen, lag doch wenigstens um den Vierten Teil des Erdumfanges von der amerikanischen Station am Juruena entfernt. War das >St<-Schiff überhaupt noch im Rennen, oder trieb es seinen Scherz mit der ganzen Welt? Als wolle die Leinwand an der Hausfront eine Antwort auf die vielen Fragen geben, begann sie von neuem aufzuleuchten.
„Nach
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