Der Wettflug der Nationen
Somaliküste.“
„Warum diese ehrenvolle Begleitung?“ fragte Röge. „Ich meine, wir hätten an >St 1<-Eskorte genug.“
Kraus zuckte die Schultern. Sein Gesicht wurde ernst. „Genau kann ich es Ihnen nicht sagen. Sie wissen, daß Professor Eggerth die Gründe für seine Anordnungen gern für sich behält. Aber denken kann ich mir allerlei. Wenn Sie sich an den Untergang der amerikanischen Eagle-Maschine erinnern, werden Sie vielleicht ähnliche Gedanken haben.“
Röge schüttelte den Kopf.
„Keine Ahnung, Kraus! Bitte schießen Sie los! Was meinen Sie?“
„Ich meine, Röge, daß Ihr Überlandflug von der Somaliküste bis nach Europa noch allerlei Gefahren bringen könnte. Das Schicksal der Eagle mahnt zur Vorsicht. Deshalb hat der Professor angeordnet, daß wir von Obia aus beständig in Ihrer Nähe bleiben. Ich würde mich nicht wundern, wenn dort noch >St 2< zu uns stieße. Wir werden von dort an immer gemeinschaftlich tanken und die Augen sehr scharf offen halten.“
Röge warf die verbindende Trosse los. Ein letztes Winken und Grüßen von beiden Seiten. Dann stürmte die Seeschwalbe über das Wasser, hob sich aus den Wellen und flog auf Nordwestkurs davon. Gleich danach starteten auch die beiden Stratosphärenschiffe. >St 1< folgte der Seeschwalbe. >St 3< überholte sie und raste nach Mauritius voraus.
Am Steuer der Seeschwalbe saß Schmieden. Nach fast vierstündigem Schlaf fühlte er sich äußerst frisch und unternehmungslustig. Während er das Flugzeug auf 10.000 Meter Höhe brachte und nach der auf der Seekarte eingetragenen
Route auf genauen Kurs setzte, fand er noch Zeit und Gelegenheit, seine Shagpfeife anzuzünden. Behaglich sah er den blauen Rauchwölkchen nach, die vor der erleuchteten Instrumentenwand spielten.
„Eigentlich“, begann er zu Eggerth, „eigentlich ist so ein Weltflug um den Erdball die harmloseste Sache, die ich mir denken kann. Unsere Werkflüge mit der Seeschwalbe waren aufregender.“
„Danke deinem Schöpfer, Kurt, daß unser Weltflug bisher, unberufen ... toi, toi, toi... so harmlos, wie du dich auszudrücken beliebst, verlaufen ist.“
„Aber die Geschichte wird allmählich eintönig ...“
Eggerth fiel ihm lebhaft ins Wort:
„Je eintöniger, desto besser, Kurt! Denke an unsere Werkflüge. Wie oft haben wir da notlanden müssen. Wie oft mußte das Flugzeug auf unseren Lastkraftwagen nach Hause gebracht werden. Dann wurde umgebaut und geändert. Es kamen neue Flüge, neue Umkonstruktionen, bis die Seeschwalbe endlich so wurde, wie sie jetzt ist. Wie oft haben wir alle drei in Walkenfeld darüber geschimpft. >Der Alte wird niemals mit seinen Plänen fertig, dem ist eine Maschine nie gut genug<, hieß es da oft. Heute weiß ich, was mein Vater damit bezweckte, und ich bin ihm aus tiefstem Herzen dankbar dafür.“
„Bravo, Hein“, rief Röge und schlug Eggerth auf die Schulter. „Du hast mir aus der Seele gesprochen. Auf das Wohl deines alten Herrn.“
Er tat einen kräftigen Zug aus einem vollen Bierglas und sprach dann weiter:
„Ich bin stolz auf unsere Seeschwalbe . So regelmäßig wie die Kaffeemühlen mahlen ihre Triebwerke. Mit einer mathematischen Genauigkeit hält sie ihre Geschwindigkeit inne. Ihr habt doch auch die Meldungen über die anderen Maschinen gelesen. Wie sind die inzwischen von ihren Anfangsleistungen abgefallen. Unsere Seeschwalbe macht immer noch ihre
1.100 Stundenkilometer, so wie es ihr Konstrukteur wollte.“ „Du irrst dich, Bert“, fiel ihm Eggerth ins Wort. „Die Seeschwalbe macht jetzt 1.150 Stundenkilometer.“
„1.150 Stundenkilometer?“ warf Schmieden dazwischen. „1150“, wiederholte Eggerth, „und das war auch vorgesehen. Wir haben die Maschine über eine Strecke von 2.000 Kilometer eingeflogen. So sind wir mit ihr bei der Schreckensbucht in das Rennen gegangen. Die 20.000 Kilometer bis Claryland haben ihr erst so den richtigen letzten Schliff gegeben. Ich denke, sie wird jetzt auf der zweiten Hälfte des Weges immer noch besser werden.“
Schmieden schüttelte ungläubig den Kopf.
„Noch besser, Hein?“
„Jawohl, Kurt! Ich halte es für wahrscheinlich, daß unsere Seeschwalbe nach etwa 25 Stunden auf eine Geschwindigkeit von 1.200 bis 1.250 Kilometer kommen wird. Danach dürfte es mit der Geschwindigkeit wieder langsam bergab gehen. Aber jede Stunde bringt uns unserem Ziel näher, und bei unserer Ankunft in der Schreckensbucht werden wir immer noch 1.150 Stundenkilometer haben.
Das hat mein
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