Der Wettflug der Nationen
bisherigen Stand des Rennens gemacht hatten. Die Eagle 2 nicht mehr an der Spitze des Rennens, sondern so weit zurückgefallen? Die Nachricht ging den Yankees schwer ein. Nur allmählich besannen sie sich darauf, daß die Reading-Maschine durch ihren Unfall in den Kordilleren einen Vorsprung von rund 2.500 Kilometer eingebüßt hatte. Aber jetzt lag sie ja wieder im Rennen. Jetzt flog sie wieder mit wenigstens 1.200 Stundenkilometer. In kurzer Zeit würde sie die von Haus aus langsamere deutsche Maschine wieder hinter sich lassen...
An tausend Stellen begann ein eifriges Rechnen. Die Gesichter gerötet von der Aufregung und Spielleidenschaft, dividierten und addierten die Wettlustigen, um eine neue Stundenzahl herauszurechnen, auf die sie bei Harrow & Bradley setzen könnten. Und dann hub ein neuer Sturm auf die Schalter dieser geschäftstüchtigen Firma an. Diesmal war es die
Zahl 36, auf welche Harrow & Bradley im Laufe der nächsten Stunden mehr als 100.000 Dollar einkassieren konnten.
In ihrem Privatkontor saßen die beiden Firmeninhaber vor einem Stapel von Zahlentabellen und statistischen Kurven.
„Unser Buch wird wieder rund“, bemerkte Bradley vergnüglich. „Alles, was früher auf die Zahlen bis 35 gesetzt wurde, dürfte uns sicher sein.“
„Gott sei Dank, Bradley! Die Zahlen von 33 bis 35 haben mir eine schlaflose Nacht gemacht.“
Bradley warf seinem Kompagnon einen verstohlenen Blick
zu.
„Was fehlt Ihnen denn? Sie sehen ja so verdrossen aus!“ Harrow strich sich mit einem Seufzer über die Stirn.
„Wir haben einen Fehler gemacht, Bradley. Wir hätten es vorher bekanntmachen sollen, daß wir Einsätze nur bis zu einem bestimmten Termin annehmen. Das haben wir leider versäumt. Jetzt werden die Narren uns die nächsten Stunden überlaufen und noch bis in die letzte Stunde des Rennens ihre Einsätze machen wollen. Sie können sich ja selber sagen, was dabei für uns herauskommt“
„Hm, hm!“ Bradley legte die Stirn in Falten. „Allerdings faul, Harrow, wenn die Geschichte so kommt. Das müssen wir irgendwie verhindern.“
„Leicht gesagt, aber schwer getan, Bradley. Das Volk lyncht uns, wenn wir unsere Schalter schließen.“
Ein breites Grinsen lag auf Bradleys Gesicht, als er antwortete:
„Wir werden unsere Schalter nicht schließen, Harrow. Wenigstens vorläufig nicht. Nach unseren Bedingungen zahlen wir die Gewinne erst an dem Tage aus, der auf die offizielle Bekanntgabe des Siegers und seiner Flugzeit durch Mr. Sharp folgt. Das bedeutet für uns einen Zeitgewinn von 24 Stunden.“
„Schon gut, Bradley. Was dann?“
Bradley griff nach seinem Bankbuch. Seine Augen glitten
über Zahlenreihen und Finnennamen.
„Wir haben ganz gut transferiert, Harrow. Zwei Millionen in Melbourne, eine in Kalkutta ... drei in London... In Kanada sollten wir nicht so viel stehenlassen. Kanada ist zu nahe bei den Vereinigten Staaten. Es darf nur als Zwischenstation für die weiteren Transfers benutzt werden. Was heute noch an Wettgeldern eingeht, muß auch gleich über die Grenze gebracht werden. Einer von uns muß heute Nachmittag nach Kanada fliegen.“
Harrow schüttelte abwehrend den Kopf.
„Wenn Sie es nicht wollen, Harrow, bringe ich das Geld dorthin.“ Er unterbrach sich und lauschte einen Augenblick. „Hören Sie den Lärm da draußen an den Schaltern? Das Volk kann sein Geld nicht schnell genug loswerden. Vielleicht kommt in den nächsten 12 Stunden noch mal eine Million zusammen.“
Bradley hatte recht gehört. Das Gedränge an den Wettschaltern in den unteren Räumen war beinahe lebensgefährlich und ließ auch während der Mittagsstunden nicht nach.
Für die Eagle 2 hatten die Wettlustigen sich von Trinidad bis zur Walfischbay eine Flugdauer von 3 1/2 Stunden errechnet. Kurz nach 13 Uhr 30 Minuten New Yorker Zeit konnte er dort sein. Etwa zur gleichen Zeit konnten auch die japanischen Flieger, deren Route sich hier mit der amerikanischen kreuzte, die afrikanische Küste erreichen. Sollte man da nicht fiebern, wenn man alles verfügbare Geld gesetzt hatte? Noch belebter als am Tag zuvor blieben die Straßen der New Yorker City. Wo immer ein Lautsprecher sich hören ließ, da stauten sich die Massen, um die letzten Nachrichten zu vernehmen.
Nachrichten kamen, aber sie klangen anders, als man sie erhofft hatte. Ein schwerer Oststurm tobte über dem Südatlantik.
Es war gerade die Mittagsstunde, als ein Funkspruch von der Insel St. Helena in Radio-City eintraf. Zwei von den
Weitere Kostenlose Bücher