Der Wettlauf zum Suedpol
Hauptgrund für das Organisationschaos. Die Hunde hatten eigentlich schon Ende November 1911 umkehren und dann von Kap Evans aus zusätzliches Hundefutter sowie lebensnotwendige
Vorräte für die Rückkehrergruppen zum One Ton Depot und darüber hinaus bringen sollen. Doch statt der Hunde kamen kurz vor Weihnachten Day und Hooper von der ehemaligen Motorgruppe zum Basiscamp zurück und übergaben dem Meteorologen George Simpson, der während der Abwesenheit der Marineoffiziere das Kommando in Kap Evans führte, einen Brief Scotts. Darin hieß es, dass die Hunde aufgrund der geänderten Pläne möglicherweise geschwächt oder gar nicht mehr zurückkehren würden. Deshalb müsse der Nachschub irgendwie anders herausgebracht werden. Wie, das war Simpson überlassen. Der wusste sich nicht anders zu helfen, als dass er die zwei bedauernswerten Männer nach fünf Tagen wieder losschickte. Gemeinsam mit zwei weiteren Gefährten zogen Day und Hooper einen Schlitten mit einem Teil der Vorräte für die Rückkehrergruppen bis zum One Ton Depot – aber keinen Meter weiter. Das Hundefutter hatten die Männer nicht mehr mitnehmen können – zu diesem Zeitpunkt wusste ja ohnehin niemand, ob die Hunde jemals wiederkommen würden. Später geriet die Sache in Vergessenheit.
Abb 201
Abb 202
Gezeichnet von den Strapazen: Cecil Meares (links) und Dmitrij Girev in Kap Evans nach ihrer Rückkehr von der Eisbarriere.
Erst am 4. Januar kehrten Meares und der Russe Dmitrij mit den äußerst geschwächten Hunden nach Kap Evans zurück. Meares hatte keine
neuen Anweisungen bekommen und fuhr mit der Terra Nova , die Anfang Februar erneut im McMurdo-Sund ankerte, wieder nach Neuseeland – wobei unklar ist, ob er sich zuvor mit Scott zerstritten hatte und die Arbeit aus Protest niederlegte. Drei Wochen nach den Hundeteams traf mit der Gruppe um Cherry-Garrard auch der Marinearzt Edward Atkinson wieder im Basislager ein und übernahm nun das Kommando in Kap Evans. Atkinson war von Scott als Ersatzmann für Meares bestimmt worden und hatte von diesem eine grobe Orientierung für den weiteren Einsatz der Hundeteams erhalten. Diese sollten Scott seinem Zeitplan entsprechend auf der Barriere entgegenkommen, um ihn gegebenenfalls rascher zum Schiff zu bringen, sodass er der Welt seinen Triumph am Pol ohne Verzögerung verkünden konnte. Dem entgegen stand die Anweisung, die Hunde dabei keinesfalls aufs Spiel zu setzen, weil sie für weitere Arbeiten noch gebraucht würden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Scott noch geglaubt, dass er nicht von den Hunden abhängig sein würde.
Abb 203
Die Vierergruppe um Atkinson und Cherry-Garrard kehrt nach Kap Evans zurück, auf den letzten Metern unterstützt von weiteren Expeditionsmitgliedern.
Genauere Befehle gab es nicht – wobei sich Atkinson nicht sicher war, ob Ausführungen Scotts kurz vor seiner Abreise, mit den Hunden »so weit zu kommen wie möglich«, lediglich eine Überlegung des Expeditionsleiters
zu diesem Thema waren oder eine faktische Anweisung an ihn darstellten. Atkinson saß in der Zwickmühle: Was sollte er tun? Nachdem er festgestellt hatte, dass ein Teil des geplanten Nachschubs für die Rückkehrer im One Ton Depot noch immer fehlte, brach er am 13. Februar gemeinsam mit Dmitrij von Kap Evans zunächst nach Hut Point auf. Von dort aus wollte er dann mit den fehlenden Vorräten zum Depot fahren. Doch am 19. Februar taumelte plötzlich der Matrose Tom Crean von der letzten Unterstützergruppe um Teddy Evans in die alte Discovery -Hütte und berichtete, dass Evans auf der Rückreise schwer erkrankt sei, mehr tot als lebendig in der Nähe von Corner Camp im Zelt liege und Lashly ihn pflege. Atkinson entschied sofort, dass die Rettung von Evans Vorrang habe, und holte den Schwerkranken persönlich mit dem Hundeschlitten nach Hut Point. Weil er es als einziger Arzt nicht verantworten wollte, Evans jetzt allein zu lassen, blieb er bei ihm – und musste nun notgedrungen einen anderen Mann auf die Depotfahrt schicken. Dmitrij eilte mit einem Hundeschlitten zurück nach Kap Evans und teilte dem Physiker Charles Wright sowie Cherry-Garrard mit, dass einer von beiden diese Aufgabe übernehmen sollte.
Die beiden machten sich sofort auf nach Hut Point, wo Atkinson entschied, Cherry-Garrard die Aufgabe zu übertragen, da Wright für die wissenschaftliche Arbeit benötigt wurde. Zwar wusste Atkinson, dass Cherry-Garrard alles andere als ein erfahrener Hundetreiber war und keine Ahnung von Navigation
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