Der Wettlauf zum Suedpol
und robust. Am faszinierendsten ist das kleine Gewächshaus, in dem über den antarktischen Winter Salat, Karotten und einiges anderes Gemüse mit einem erdlosen Hydrokultur-System gezüchtet werden. Am Eingang steht eine kleine Couch, damit sich die Forscher ab und zu an echten, grünen Pflanzen erfreuen können.
Obwohl sich die Wettläufer nach fast vier Wochen in der Kälte alle auf eine heiße Dusche, ein warmes Bett und ausreichend Schlaf freuen, gibt es noch einen kleinen Rundgang, ein paar Kekse und die Gelegenheit, ein bisschen zu staunen. Doch dann müssen sie schon wieder raus – was auch nachvollziehbar ist, da es eine aktive Forschungsstation und keine Touristenattraktion ist. Allzu lange hätte sich das Team in der Station ohnehin selbst nicht mehr ertragen, denn während Gerüche in der Kälte eliminiert werden, fällt in der Station doch rasch auf, dass alle schon seit einer Weile dieselben Sachen auf dem Leib tragen …
Den Jahreswechsel feiern dann alle mit einigen Wissenschaftlern aus der amerikanischen Station am Südpol. Zu neuseeländischer Zeit stoßen sie bei strahlendem Sonnenschein und minus 35 Grad an – mit Dosenbier, das schon gefroren ist, bevor man die Dose ausgetrunken hat. Am Neujahrstag dann werden die Teams Zeugen der jährlichen Zeremonie, bei welcher der geografische Südpol neu markiert wird. In hundert Jahren ist der Pol über zwei
Abb 186
Das deutsche Team an der Metallkugel, die den Südpol markiert.
Kilometer »gewandert«, tatsächlich befinden sich sogar noch immer in dieser Entfernung vom heutigen Pol und in gut 35 Meter Tiefe Amundsens Zelt sowie einige seiner Ausrüstungsgegenstände wie der Sextant, mit dem er die Position des Südpols bestimmt hat. Für 2011 wird der Pol mit einer Kopie von Amundsens Sextanten markiert sein. Diese Zeremonie stellt im »Südpoljahr« anlässlich des hundertjährigen Jubläums der Entdeckung durch Amundsen und Scott einen ganz besonderen Anlass und einen würdigen Abschluss des »Wettlaufs zum Südpol« dar.
Letzte Hoffnungen
Die Wahrheit war bitter, doch noch sollte sie der Welt lange verborgen bleiben. Nur Stunden, nachdem Scott und seine drei Gefährten den toten Edgar Evans zurückgelassen hatten, fanden sie am frühen Morgen des 18. Februar ihr unteres Gletscherdepot und konnten nach fünf Tagen endlich wieder eine vollwertige Lebensmittelration zu sich nehmen. Sie gönnten sich fünf Stunden Schlaf und zogen weiter zum wenige Meilen entfernten Shambles Camp, wo sie eines der getöteten Ponys ausgruben und ihrem Hoosh zum ersten Mal nach mehr als zwei Monaten wieder einmal frisches Fleisch beifügen konnten. »Mit der reichlicheren Nahrung kehrte auch fast augenblicklich neues Leben in uns zurück«, notierte Scott erfreut, dachte jedoch im gleichen Augenblick mit Sorge an die Oberfläche auf der Eisbarriere.
Leider sollte er mit seinen Befürchtungen recht behalten. Denn als sie nach dem Umpacken des Schlittens am Mittag des nächsten Tages endlich weiterzogen, kamen sie nur äußerst mühsam voran. Der Schnee war weich und sandig, und es bereitete ihnen unendliche Mühen, den im Vergleich zum Hinweg geradezu federleichten Schlitten auch nur einige Meilen weit zu ziehen. »Schreckliche Plackerei den ganzen Tag, und zeitweise verfielen wir in trübe Gedanken«, hieß es am 21. Februar. »Noch auf keinem Marsch haben wir 8½ Meilen mit größerer Schwierigkeit zurückgelegt als heute. So darf es nicht weitergehen!« Doch die Klagen über den schlechten Untergrund rissen in den folgenden Wochen nicht ab, und die erschöpften Männer schafften manchmal nicht einmal zehn Kilometer am Tag – viel zu wenig, um darauf hoffen zu können, die nordwärts liegenden Depots in der kalkulierten Zeit erreichen zu können.
Abb 200
»Schreckliche Plackerei den ganzen Tag …«: Eine endlose wellige, windgepeitschte Schneewüste, in der Scott und seine Kameraden sich kaum noch zurechtfanden.
Scott hoffte auf Südwind, um erneut wie auf dem Hochplateau das Segel setzen zu können und mit dem Wind im Rücken den Schlitten leichter vorwärtszubekommen. Als der Wind dann kam, brachte er Schnee mit sich, und dieser verwehte die Spuren und Wegmarkierungen, denen sie folgen mussten. Sie kamen vom Kurs ab und stritten sich, ob sie zu weit östlich oder westlich geraten waren, und fanden nur mit viel Glück wieder auf ihren Weg zurück. Am 24. Februar erreichten sie das nächste Depot, was den vier Männern eine weitere Wochenration Lebensmittel
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