Der Wettlauf zum Suedpol
darauf 30 000 Kronen. Das Parlament bewilligte 75 000 Kronen für die Überholung der Fram , die unter anderem einen modernen Dieselmotor erhielt. Amundsen machte sich gemeinsam mit seinem Bruder Leon daran, den Rest zusammenzukratzen.
Abb 43
Handfeste »Diskussion« der US-Amerikaner Frederick Cook und Robert Peary darüber, wer zuerst am Nordpol war – vor Pinguinen, die sich wohl in die nördliche Hemisphäre »verirrt« haben dürfen. Titelblatt von Le Petit Journal , Paris 1909.
Doch Anfang September 1909 trat zunächst Amundsens alter Weggefährte von der Belgica , Dr. Frederick Cook, an die Öffentlichkeit und erklärte, dass er den Nordpol erreicht habe. Wenig später behauptete auch dessen amerikanischer Landsmann Robert Peary, am nördlichsten Punkt der Erde das Sternenbanner aufgepflanzt zu haben. Wie wir heute wissen, hatte in Wahrheit wohl keiner von beiden wirklich den Pol bezwungen. Damals freilich schlugen
diese Nachrichten ein wie eine Bombe. Nun hätte es Amundsen, dem offenbar so sehr an Ozeanografie, Meteorologie und Geomorphologie gelegen war, eigentlich ziemlich gleichgültig sein können, wenn die Eroberung des Nordpols, dieser kleine »Nebenaspekt« seiner Expedition, jetzt wegfallen würde. Dass es ihm ganz und gar nicht egal war, offenbarte seine eigentlichen Ziele: »Jetzt musste rasch und ohne Zögern gehandelt werden, wenn unser Unternehmen gerettet werden sollte«, schrieb er später. »Wenn ich meinen Ruf als Forscher nicht verlieren wollte, musste ich auf die eine oder andere Weise einen spektakulären Sieg erringen. Ich habe mich für ein neues Unternehmen entschieden.«
In London machte Robert Scott das amerikanische Tauziehen um den Nordpol weniger Sorgen – galt sein ganzes Trachten doch dem entgegengesetzten Ende des Erdballs. Dennoch lief ihm jetzt die Zeit davon: Im Sommer des folgenden Jahres wollte er in See stechen, und noch mangelte es an fast allem: dem nötigen Kleingeld, einem passenden Schiff, einer fähigen Mannschaft. Wie das Kaninchen auf die Schlange hatte er die vorangegangenen zwei Jahre auf Shackleton gestarrt und abgewartet, mit welchen Ergebnissen sein Konkurrent nach Hause kommen würde. Nun mussten plötzlich alle Angelegenheiten in großer Hast und Eile erledigt werden.
Für die Finanzierung konnte er sich diesmal nicht auf offizielle Sponsoren verlassen, sondern musste private Geldgeber auftreiben. Die Lage hellte sich auf, als die Regierung Anfang 1910, als Scott etwa 10 000 Pfund zusammenhatte, einen Zuschuss in der doppelten Höhe in Aussicht stellte. Den Rest versuchte er, durch kleinere Spenden zusammenzubekommen – er schrieb reiche Gönner an, bat Schulen, Geld zu sammeln oder überredete Firmen zu Sachspenden. Dann stellte sich die Frage nach einem Schiff. Die vertraute Discovery war inzwischen verkauft worden und stand nicht mehr zur Verfügung. Scott entschied sich für die Terra Nova , jenes Schiff, das ihm im Januar 1904 den nur widerwillig befolgten Befehl zur Rückkehr aus der Antarktis überbracht hatte. Der Dreimaster, ein ehemaliger schottischer Walfänger, hatte freilich schon einige Jahre auf dem Buckel und war technisch längst nicht mehr auf dem neuesten Stand.
Bei der Auswahl seiner Mannschaft griff Scott einmal mehr auf die von ihm so geschätzten Marineleute zurück. Den harten Kern bildeten die
einstigen Weggefährten von der Discovery : Edward Wilson, der mit Scott zum Pol aufgebrochen war, sowie William Lashly und Edgar Evans, mit denen er den Vorstoß nach Westen gewagt hatte. Auch andere Schlüsselpositionen blieben wieder in der Hand von Navy-Leuten: So wurde Edward »Teddy« Evans, der 1904 Zweiter Offizier auf dem zweiten Entsatzschiff neben der Terra Nova gewesen war, zu Scotts Stellvertreter ernannt. Der Rest der Truppe rekrutierte sich aus den über 8000 hoffnungsfrohen Freiwilligen, die sich auf einen entsprechenden Zeitungsaufruf gemeldet hatten. Wie schon bei der Discovery -Expedition setzte Scott eher auf Masse denn auf Klasse und lehnte auch zahlungskräftige Freiwillige nicht ab, deren Teilnahme jeweils 1000 Pfund in die Kasse spülte. Keiner dieser Männer hatte Polarerfahrung, dafür entsprachen sie dem Ideal des britischen Offiziers und Gentleman, des »begabten Amateurs«, der sich überall auf der Welt zurechtzufinden glaubte.
Abb 37
Motorschlitten mit Kettenantrieb sollten Scott den Weg zum Südpol ebnen. Allerdings verzichtete er darauf, die Gefährte ausgiebig in Norwegens Hochgebirgsregionen zu
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