Der Wettlauf zum Suedpol
arktischen Archipel gekreuzt. Eine für Amundsen ungewöhnliche Verpflichtung war Olav Bjaaland, einer der besten norwegischen Skiläufer, der 1902 die Nordische Kombination (Skispringen und Skilanglauf) am Holmenkollen gewonnen hatte. Mit ihm kam Amundsen zufällig im Wartesaal eines Bahnhofs ins Gespräch, und weil er wie Nansen davon ausging, dass der Pol nur darauf harrte, von norwegischen Skiern erobert zu werden, lud er ihn auf die Reise ein.
Abb 12
Olav Bjaaland (1873 – 1961), seinerzeit einer der besten norwegischen Skisportler, sollte Amundsen in die Antarktis begleiten.
Abb 13
Probeaufbau der norwegischen Überwinterungshütte, des späteren Zentrums von »Framheim«, im Garten Amundsens.
Die Auswahl der Teammitglieder
Hundert Jahre später startet der Wettlauf mitten im Sommer 2010 mit einem Aufruf im deutschen und österreichischen Fernsehen. ORF und ZDF suchen für die Neuauflage des Südpolrennens als TV-Event »abenteuerlustige und sportliche Frauen und Männer mit guter körperlicher Fitness und stabiler Psyche«. Mehr als 4000 Österreicher und Deutsche bewerben sich für das eisige Abenteuer auf den Spuren von Amundsen und Scott. Allein von den deutschen Bewerbern kommen etwa 1000 Frauen und Männer in die engere Auswahl, doch nur jeweils 60 Topathleten schaffen es schließlich in die beiden Auswahlcamps dies- und jenseits der Alpen.
30-stündige Belastungstests sollen die Kandidaten an ihre Grenzen bringen, denn nur so zeigt sich, wer wirklich ins Team passt. »Das müssen Leute sein, die einerseits nicht zu still sind, sich nicht zu sehr zurückhalten, die aber dennoch in der Lage sind, sich zurückzunehmen, wenn es darauf ankommt, sprich: sich ins Team zu integrieren«, erläutert der deutsche Teamleiter Markus Lanz das Anforderungsprofil für seine Begleiter auf der Südpolreise. Deshalb werden nicht nur Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer getestet, sondern auch Teamfähigkeit, Ideenreichtum und Kommunikation – und das Verhalten in Extremsituationen.
Gegen elf Uhr abends, als die Kandidaten glauben, das Schlimmste schon hinter sich zu haben, müssen sie hinaus in die Dunkelheit und stundenlang einen schweren LKW-Reifen hinter sich herziehen. Eine scheinbar sinnlose Übung, aber genau so ein Szenario wird die Kandidaten in der Antarktis erwarten: stundenlanges Ziehen eines Schlittens ohne jegliche Form von Abwechslung, jeder allein mit sich, seinen Gedanken und hoffnungslos übermüdet. Hatte der eine oder andere Bewerber bis dahin vielleicht noch »schauspielern« können, so zeigt sich jetzt rasch, wer die Belastungen des Laufs zum Pol schon körperlich nicht durchhalten würde. Als die völlig erschöpften Kandidaten nach kaum zwei Stunden Schlaf im Freien schon wieder zum Frühsport geweckt werden, trennt sich endgültig die Spreu vom Weizen. Zuletzt bleiben nur noch zehn Deutsche und zehn Österreicher für die entscheidende Auswahlrunde übrig.
Jetzt geht es zum ersten Mal in die Berge. Finale in Kaprun – auf dem Gletscher am Kitzsteinhorn in 3000 Meter Höhe soll die Eistauglichkeit der Polaspiranten aus beiden Ländern getestet werden. Die erste Prüfung: Aufstieg zum Gletscher mit schwerem Gepäck – 1500 Höhenmeter in vier Stunden,
danach wieder Reifenziehen, schließlich Überlebenstraining: Wie rettet man sich aus einer Gletscherspalte? Eine echte Herausforderung, auch für die Teamleiter. Die beobachten ihre zehn Finalisten genau: Wer verhält sich geschickt in Eis und Schnee? Kaum einem scheint die Kälte etwas auszumachen. »Sie sind sportlich alle großartig drauf, sie sind in der Lage, große Kälte zu ertragen, sich zu quälen und auch in der Gruppe füreinander aufzugehen«, so Markus Lanz. Dennoch muss eine Entscheidung fallen. Nach 30 Stunden Belastungsprobe in Eis, Schnee und Wasser rückt die Stunde näher, in der die endgültigen Teilnehmer am Südpolrennen gekürt werden. Schließlich steht fest: Für Deutschland werden der 30-jährige Bundeswehrhauptmann Dennis Lehnert und die ebenfalls 30 Jahre alte Bioingenieurin Claudia Beitsch zum Südpol gehen. Die Österreicher setzen auf die 27-jährige Soldatin Sabrina Grillitsch und den 38 Jahre alten Huskytrainer Alexander Serdjukov.
Abb 40
Der Sprung ins eiskalte Wasser ist Teil des Ausbildungscamps in Norwegen.
Drei Monate bleiben für ein hartes Trainingsprogramm inklusive medizinische Belastungstests in Europas größter Kältekammer: ein Fleckchen Antarktis mitten in Wien. Den Abschluss bildet
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