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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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können und es auf Kosten des Empfängers an Nansen geschickt. Doch ein besonders pflichteifriger Telegrafenbeamter hatte die unverschlüsselte Nachricht unterwegs abgefangen und an die Presse weitergegeben – weshalb sich der Exklusivvertrag, den Amundsen mit der Londoner Times und anderen Blättern geschlossen hatte, in Luft auflöste. Die Folge war, dass Amundsen statt einer hübschen Summe auf dem Konto plötzlich einige tausend Kronen Schulden hatte. Das sollte ihm nicht noch einmal passieren. Diesmal würde er als Barzahler das Telegrafenamt betreten und seinem Bruder Leon nach einem zuvor vereinbarten Code eine Nachricht senden, deren Inhalt niemand anderer als nur sie beide verstanden.

    Abb 195
    März 1912: Stolz präsentiert sich die Fram nach ihrer Rückkehr in Hobart auf der australischen Insel Tasmanien.

    Abb 191
    Nicht minder selbstbewusst blicken die fünf Poleroberer Hassel, Wisting, Amundsen, Bjaaland und H. Hansen an Deck ihres Schiffs.
    Abb 192
    Doch ohne die Unterstützung der restlichen Fram -Besatzung wäre es ihnen sicher nicht gelungen, ihr großes Ziel zu erreichen.

    Am 6. Februar hatte das Schiff das Packeis glücklich hinter sich gebracht und kämpfte sich mühsam voran. Die für das Eis gebaute Fram schaukelte in offenem Gewässer wie eine Nussschale auf den Wellen, zumal sie jetzt nur noch leicht beladen war. »Diese Wochen waren eine harte Geduldprobe für die vielen an Bord, die vor Eifer brannten, mit unseren Neuigkeiten an Land zu kommen«, schrieb Amundsen, und er meinte wohl zuallererst sich selbst. Zu tun hatte er immerhin genug: Jeden Tag saß er in seiner Kajüte und verfasste Telegramme, Presseartikel und ein erstes Vortragsmanuskript über die Eroberung des Pols. Außerdem ließ er eine Liste herumgehen, in der er seine Männer fragte, ob sie ihn nach dem »Abstecher« nach Süden auch weiter in Richtung Norden begleiten würden – Johansen selbstverständlich ausgenommen. Alle bis auf einen Matrosen sagten ab, ein erschütterndes Ergebnis für den Kapitän. Er griff nun zu seiner bewährten Taktik und knöpfte sich seine Leute in Einzelgesprächen vor, und bald war das Bild komplett umgekehrt: Nur noch Bjaaland blieb bei seinem endgültigen Nein.
    Am 4. März kam zum ersten Mal Land in Sicht, doch erst drei Tage später kreuzte die Fram vor dem Hafen von Hobart. Der erste Kontakt mit der Außenwelt bestand in einem Lotsenboot, dessen Crew Amundsen gleich von der größten Sorge befreite – von der Rückkehr der Terra Nova hatte niemand etwas gehört. Also nahmen die Dinge ihren lange geplanten Verlauf: Die Fram verzichtete auf die Lotsendienste und warf außerhalb des Hafens Anker. Mit dem Zollboot, das wenig später am Schiff festmachte, ging Amundsen von Bord, in der Hand eine Mappe mit Unterlagen – »ich würde schwören, dass er sie nicht aus der Hand gibt«, meinte Hassel. Am Pier hatte sich unterdessen eine stattliche Menschenmenge eingefunden, wusste man doch auch in Tasmanien, mit welchem Ziel die Fram anderthalb Jahre zuvor aufgebrochen war. Doch Amundsen ließ sich keinen Satz entlocken, sosehr ihn die Reporter der lokalen Presse auch belagerten; und auch seine Männer, die an Bord der Fram ausharren mussten, blieben stumm. Er mietete sich im Orient Hotel ein, wo er mit seiner Schirmmütze und seinem Wollpullover für einen Landstreicher gehalten wurde und nur ein »schäbiges kleines Zimmer« bekam. Nachdem er im Büro des norwegischen Konsuls vorgesprochen und die ihm nachgesandte Post durchgesehen hatte, kam endlich der große Moment: Kurz vor vier Uhr nachmittags Ortszeit gab er drei Telegramme auf – das erste an König Haakon, das zweite an Nansen, das letzte an seinen Bruder Leon. Alle waren chiffriert, und der Text ergab für Außenstehende keinen Sinn, da einstweilen nur die beiden Amundsen-Brüder den Schlüssel besaßen – doch der Inhalt war eine echte Sensation: »Pol erreicht vierzehnter Dezember neunzehnelf. Alles wohlauf. Roald Amundsen. « Danach ging er in sein Hotel und wartete auf die Rückantwort seines Bruders.

    Abb 180
    Professionelle Vermarktung: In großen Lettern verkündete die Tageszeitung Aftenposten aus Kristiania, mit der Amundsen neben zwei anderen Blättern einen lukrativen Exklusivvertrag über einen Reisebericht abgeschlossen hatte, bereits am 9. März 1912 die Sensation, die ihr der Poleroberer telegrafisch übermittelt hatte.

    Leon Amundsen hatte einen Exklusivvertrag mit dem Londoner Daily Chronicle und zwei

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