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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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herausfinden, ob jemand versuchte, ihm über seinen Sohn an den Karren zu fahren. Der Haken an der Sache war nur, dass er nicht damit gerechnet hat, dass du dorthin kommen würdest, wo du am Ende gelandet bist.«
    Bosch nickte.
    »Vielleicht.«
    »Weißt du, der Chief hat es sich in Irvings Beisein zwar nicht anmerken lassen, aber du hast ihm gerade zu einem Freifahrschein verholfen. Und die gute Nachricht ist, dass er sicher nichts dagegen haben wird, dich dafür zu belohnen. Deshalb wollte ich damit schon mal anfangen, indem ich deinen DROP auf die vollen fünf Jahre verlängern lasse. Wie fändest du das, Harry?«
    Sie lächelte, denn sie glaubte, Bosch würde sich über die zusätzlichen einundzwanzig Monate im Polizeidienst freuen.
    »Darüber würde ich lieber erst noch mal nachdenken«, sagte Bosch.
    »Im Ernst? Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist.«
    »Weißt du was? Schau lieber, ob du Chu aus Offen-Ungelöst woandershin versetzen kannst, aber so, dass er bei der RHD bleibt. Beschaffe ihm irgendwo eine gute Stelle.«
    Sie kniff die Augen zusammen, aber er fuhr fort, bevor sie etwas erwidern konnte.
    »Und tu es, ohne lange Fragen zu stellen.«
    »Du willst nicht darüber reden?«
    »Nein, Kiz, will ich nicht.«
    »Okay. Ich werde sehen, was ich tun kann. Inzwischen müsste Irving eigentlich mit dem Lift nach unten gefahren sein. Sieh also lieber zu, dass du dich an deinen Bericht setzt. Du weißt ja, um zwei will ihn der Chief auf dem Schreibtisch haben.«
    »Dann bis um zwei.«
    Bosch verließ das Büro und schloss die Tür hinter sich. Chu wartete auf ihn. Er lächelte voller Stolz über seinen Auftritt und ahnte nicht, dass gerade ohne eine Frage nach seinen Wünschen und Präferenzen über seine weitere Karriere verfügt worden war.

[home]
    32
    D er Samstag begann früh für Bosch und seine Tochter. Es war noch dunkel, als sie den Hügel hinunterfuhren, den Freeway 101 in Richtung Downtown nahmen und dann auf den 110 nach Long Beach wechselten. Sie erwischten die erste Fähre nach Catalina. Bosch ließ den verschlossenen Waffenkoffer keinen Moment aus den Händen, als sie in die kalte graue Morgendämmerung hinausfuhren. Nach der Ankunft auf der Insel frühstückten sie im Pancake Cottage in Avalon, dem einzigen Lokal, das in Boschs Augen an das Du-par’s in L.A. herankam.
    Bosch wollte, dass seine Tochter ordentlich frühstückte, weil sie vorhatten, erst nach dem Schießwettbewerb Mittag zu essen. Er wusste, das leichte Hungerkitzeln, das sich am frühen Nachmittag einstellen würde, würde ihr helfen, konzentriert zu bleiben und exakt zu zielen.
    Als sie ihm ein Jahr zuvor erklärt hatte, sie wolle Polizistin werden, hatte sie angefangen, alles zu lernen, was man über Gebrauch, Pflege und Lagerung von Schusswaffen wissen musste. Zu einer Grundsatzdiskussion kam es darüber nicht. Bosch war Polizist und hatte Waffen im Haus. Das war einfach so, und er sah nichts Verfängliches darin, seiner Tochter den Umgang mit Waffen beizubringen. Ergänzend zu seinen Unterweisungen meldete er sie bei einem Schießstand in Newhall zu mehreren Kursen an.
    Maddie beließ es jedoch nicht dabei, sich lediglich simple Grundkenntnisse über Handhabung und Aufbewahrung von Schusswaffen anzueignen. Sie begann mit wahrer Leidenschaft, das Schießen auf Zielscheiben zu trainieren, und entwickelte eine sichere Hand und ein gutes Auge. Schon nach sechs Monaten schoss sie besser als ihr Vater. Sie beendeten jedes Training mit einem Wettschießen, und bald war sie für Bosch unschlagbar. Sie traf aus zehn Metern konstant die Zehn und kam auch bei einem Magazin mit sechzehn Schuss nicht ins Wackeln.
    Bald genügte es ihr nicht mehr, ihren alten Herrn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Und das führte sie heute nach Catalina. Maddies erster Wettbewerb war ein Jugendturnier im Gun Club auf der Rückseite der Insel. Es war eine Einzelausscheidung im Pistolenschießen, bei der die jugendlichen Teilnehmer nach dem K.-o.-System gegeneinander antraten. Bei jeder Ausscheidungsrunde mussten aus zehn, fünfzehn und fünfundzwanzig Metern Entfernung jeweils sechs Schüsse auf eine Zielscheibe abgegeben werden.
    Maddie und Bosch hatten sich für Catalina als Einstiegswettbewerb entschieden, weil es ein kleines Turnier war und weil sie wussten, sie könnten sich unabhängig von Maddies Abschneiden einen schönen Tag machen. Maddie war noch nie auf Catalina gewesen und Bosch schon seit Jahren nicht mehr.
    Wie sich

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