Der Widersacher
Alkoholkontrollen durchzuführen, weil sich eine Häufung solcher Kontrollen und Anzeigen nachteilig auf die Bemühungen dieses Taxiunternehmens ausgewirkt hätten, die Lizenz zu behalten.«
Irving beugte sich über den Tisch und deutete mit dem Finger auf Bosch.
»Da liegen Sie völlig falsch. Ich weiß, auf wen Sie hier anspielen, aber dieses Ersuchen erfolgte auf eine in meinem Büro eingegangene Beschwerde hin. Es war ein Ersuchen, das bei einem gesellschaftlichen Anlass gestellt wurde, nichts weiter. Wenn Sie es genau wissen wollen: Es war auf der Feier anlässlich des Highschool-Abschlusses meines Enkels.«
Bosch nickte.
»Ja, auf einer Party, und diese Party war zwei Wochen nachdem Ihr Sohn einen Beratervertrag über einhunderttausend Dollar mit Regent Taxi abgeschlossen hatte, das daraufhin seine Pläne bekannt gab, sich für die Lizenz zu bewerben, die gegenwärtig das Unternehmen hält, über das Sie sich beschwert haben. Ich kann hier nur Vermutungen anstellen, aber ich glaube, dass eine Grand Jury einen solchen Zufall schwerlich für glaubhaft hielte. Ich bin sicher, Ihr Büro könnte uns den Namen der Bürgerin nennen, die die Beschwerde eingelegt hat, und sie und ihre Beanstandung würden auf Herz und Nieren geprüft.«
Bosch sah ganz gezielt den Assistenten mit dem Notizblock an.
»Vielleicht wollen Sie sich das ja auch aufschreiben.«
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Kopfende des Tischs.
»Besagter Polizist merkte, dass er von den Irvings für ihre Zwecke eingespannt worden war, und stellte daraufhin George Irving zur Rede. Das war das Ende ihrer Freundschaft. Im Lauf von vier Wochen verlor George Irving drei der wichtigsten Menschen in seinem Leben. Sein Freund entlarvte ihn als hintertrieben, wenn nicht sogar kriminell, sein einziges Kind zog zu Hause aus, um aufs College zu gehen und sein eigenes Leben zu leben, und letzte Woche eröffnete ihm die Frau, mit der er zwanzig Jahre verheiratet war, dass sie ihn verlassen wollte. Solange ihr Sohn noch zu Hause gelebt hatte, war sie bei ihrem Mann geblieben, aber dann hatte auch sie die Nase voll.«
Irving reagierte, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen. Die Implosion der Ehe war eindeutig neu für ihn.
»George Irving versuchte eine Woche lang, seine Frau von ihrem Entschluss abzubringen«, fuhr Bosch fort. »Vergeblich. Am Sonntag – zwölf Stunden vor seinem Tod – kaufte er seinem Sohn ein Flugticket, damit er am nächsten Tag nach Hause kommen könnte. Dahinter stand die Absicht, den Jungen in die Trennung seiner Eltern einzuweihen. Aber stattdessen nahm sich George Irving am Abend ein Zimmer im Chateau – er hatte übrigens beim Einchecken keinerlei Gepäck bei sich. Er bat ausdrücklich um Suite Nummer neunundsiebzig, weil er in dieser Suite die Hochzeitsnacht mit seiner Frau verbracht hatte.
Er verbrachte etwa fünf Stunden in diesem Zimmer. Nach unseren Informationen war er deutlich betrunken – er hatte eine 0 , 35 -Liter-Flasche Whiskey geleert. Er wurde von einem ehemaligen Polizisten namens Mark McQuillen aufgesucht, der zufällig mitbekommen hatte, dass er sich im Hotel aufhielt. McQuillen war fünfundzwanzig Jahre zuvor im Zug einer politischen Hexenjagd, an deren Spitze Deputy Chief Irving stand, aus dem Polizeidienst entlassen worden. Gegenwärtig ist er Teilhaber des Taxiunternehmens, das George Irving zu ruinieren versuchte. McQuillen stellte George Irving in seinem Hotelzimmer zur Rede, und ja, er attackierte ihn körperlich. Aber er stürzte ihn nicht vom Balkon. Das hat George Irving selbst getan, nachdem McQuillen gegangen war. Ich konnte zu keinem anderen Schluss gelangen. Er ist gesprungen.«
Bosch lehnte sich in seinem Stuhl zurück, als er mit seinen Ausführungen fertig war. Von keinem der Anwesenden kam sofort eine Reaktion. Irving brauchte einige Zeit, um die Geschichte von allen Seiten zu durchleuchten und etwas dagegen vorzubringen.
»McQuillen sollte in Haft genommen werden. Hier handelt es sich offensichtlich um ein sorgfältig geplantes Verbrechen. Ich hatte also recht, als ich es als einen Racheakt bezeichnete. McQuillen war der Auffassung, ich hätte ihm seine Karriere verbaut. Deshalb hat er meinem Sohn das Leben genommen.«
»McQuillen hat für den Todeszeitpunkt ein Alibi, und es ist absolut unanfechtbar«, entgegnete Bosch. »Er hat mehr als zwei Stunden vor dem tödlichen Sprung Ihres Sohns dessen Hotelzimmer verlassen. Wir haben einen Zeugen, und wir haben ein
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