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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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worden.
    Bosch plazierte die Uhr wieder auf dem Fußboden und richtete sich mit knackenden Knien auf. Nach einem letzten Blick auf das Zimmer trat Bosch durch die Glastür auf den Balkon hinaus. Dort waren ein kleiner Tisch und zwei Stühle. Über einen der Stühle war ein weißer Frotteebademantel geworfen. Bosch schaute über die Brüstung. Das Erste, was ihm auffiel, war, dass sie ihm nur bis zu den Oberschenkeln reichte. Sie kam ihm niedrig vor, und obwohl er keine Ahnung hatte, wie groß Irving gewesen war, zog er sofort die Möglichkeit eines versehentlichen Sturzes in Betracht. Er fragte sich, ob das der Grund war, weshalb er hier war. Niemand will einen Selbstmord im Stammbuch haben. Ein versehentlicher Sturz über eine niedrige Brüstung machte sich da wesentlich besser.
    Er schaute direkt nach unten und sah das von der Spurensicherung aufgestellte Zeltdach. Er sah auch die Leiche, die unter einer blauen Decke auf einer fahrbaren Bahre lag und in einen Wagen der Rechtsmedizin geladen wurde.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst«, sagte Solomon hinter ihm.
    »Ja? Was denke ich denn?«
    »Dass er nicht gesprungen ist. Dass es ein Unfall war.«
    Bosch antwortete nicht.
    »Es gibt aber einiges, was dagegen spricht.«
    »Und das wäre?«
    »Der Typ ist nackt. Das Bett wurde nicht benutzt, und er ist ohne Gepäck hergekommen. Er hat sich in der Stadt, in der er wohnt, ein Zimmer genommen – ohne Gepäck. Er will ausdrücklich eines im obersten Stock. Er fährt in sein Zimmer hoch, zieht sich aus, schlüpft in den Bademantel, den man in einem Hotel wie diesem gestellt bekommt, und geht auf den Balkon raus, um sich den Sternenhimmel oder was weiß ich anzusehen. Und dann zieht er den Bademantel aus und fällt versehentlich kopfüber vom Balkon?«
    »Und kein Schrei«, fügte Glanville hinzu. »Niemand hat einen Schrei gemeldet – deshalb haben sie ihn auch erst am Morgen gefunden. Man fällt nicht aus Versehen von einem Balkon, ohne sich die Lunge aus dem Leib zu brüllen.«
    »Dann war er vielleicht nicht bei Bewusstsein«, sagte Bosch. »Vielleicht war er nicht allein. Vielleicht war es kein Unfall.«
    »Sag bloß, das ist, warum du hier bist«, maulte Solomon. »Der Stadtrat möchte Mordermittlungen, und dann schicken sie dich her, damit er sie kriegt.«
    Bosch bedachte Solomon mit einem Blick, der deutlich machte, dass es ein Fehler war, ihm zu unterstellen, er tanzte nach Irvings Pfeife.
    »Versteh mich nicht falsch«, sagte Solomon rasch. »Das war nicht persönlich gemeint. Damit wollte ich bloß sagen, dass wir uns das in diesem Fall überhaupt nicht vorstellen können. Ob nun Selbstmord oder nicht, es läuft nur auf eins hinaus. Auf einen Kopfsprung.«
    Bosch antwortete nicht. Sein Blick fiel auf die Feuerleiter am anderen Ende des Balkons. Sie führte zum Dach hinauf und zu dem Balkon einen Stock tiefer hinunter.
    »War schon jemand auf dem Dach?«
    »Noch nicht«, sagte Solomon. »Wir haben auf weitere Anweisungen gewartet.«
    »Und der Rest des Hotels? Habt ihr schon jemandem Fragen gestellt?«
    »Das Gleiche. Warten auf Anweisungen.«
    Solomon machte Mucken, aber Bosch ignorierte es.
    »Wie habt ihr die Leiche identifiziert? Das Gesicht war extrem entstellt.«
    »Allerdings«, sagte Glanville. »Bei dem werden sie den Sarg zu lassen, das ist mal klar.«
    »Wir hatten sowohl den Namen im Gästebuch des Hotels als auch das Kennzeichen des Autos in der Garage«, sagte Solomon. »Das war, bevor wir den Zimmersafe geöffnet und die Geldbörse gefunden haben. Wir wollten lieber auf Nummer sicher gehen und schnell machen. Ich habe mir von der Streife den MPR bringen lassen und dem Toten damit den Daumenabdruck abgenommen.«
    Jede Polizeistation des LAPD hatte einen sogenannten Mobile Print Reader, einen mobilen Fingerabdruckscanner, der einen digitalen Daumenabdruck erstellte und diesen sofort mit der Datenbank des Department of Motor Vehicles ( DMV ) verglich, der Kfz-Zulassungsbehörde. In erster Linie kam das Gerät in den Haftzellen der Polizeistationen zum Einsatz, um die Identität der Inhaftierten zu überprüfen. Es kam nämlich immer wieder vor, dass per Haftbefehl gesuchte Straftäter bei der Festnahme falsche Angaben zu ihrer Person machten und deshalb wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, bevor jemand vom Gefängnispersonal feststellte, dass sie es mit einem gesuchten Straftäter zu tun gehabt hatten. Aber bei der Polizei versuchte man das Gerät auch für andere Zwecke einzusetzen, und in diesem

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