Der Widersacher
Bosch vorbei zu seinem Kollegen schauen und stumme Zwiesprache mit ihm halten konnte.
»Haben Sie dafür einen Durchsuchungsbefehl?«, fragte der Disponent. »Sie brauchen nämlich nicht zu glauben, dass wir einfach den Namen eines Fahrers rausrücken, bloß damit Sie uns wieder so eine bescheuerte Anzeige aufdrücken können.«
»Dafür brauche ich keinen Durchsuchungsbeschluss«, sagte Bosch.
»Dass Sie sich da mal nicht schneiden!«, schnaubte der Disponent.
»Was ich brauche, ist Ihre Kooperationsbereitschaft, und wenn ich die nicht sehe, werden diese DUI s, die Ihnen solche Sorgen machen, noch das geringste Ihrer Probleme sein. Sie können es gern darauf ankommen lassen, aber am Ende bekomme ich doch, was ich will. Überlegen Sie sich also schnell noch mal, was Ihnen lieber ist.«
Die beiden B&W-Männer sahen einander wieder an. Bosch warf Chu einen Blick zu. Wenn der Bluff nicht funktionierte, musste er vielleicht noch eins drauflegen. Bosch hielt Ausschau nach einem Zeichen, dass Chu bereit war, mitzuspielen. Er entdeckte keines.
Der Disponent öffnete einen Ordner, der auf seinem Schreibtisch lag. Von da, wo er stand, konnte Bosch erkennen, dass es eine Art Dienstplan war. Der Mann blätterte zwei Seiten zurück zum Sonntag.
»Also, Sonntagabend hatte Hooch Rollins dieses Auto. Und jetzt gehen Sie, beide.«
»Hooch Rollins? Wie heißt er richtig?«
»Woher sollen wir das wissen?«
Das war wieder der Disponent. Langsam wurde Bosch richtig sauer auf ihn. Er machte einen Schritt auf ihn zu und schaute auf ihn hinab. Das Telefon läutete.
»Gehen Sie da jetzt nicht dran«, sagte Bosch.
»Wie stellen Sie sich das eigentlich vor, Mann?!«
»Der Kunde wird noch mal anrufen.«
Bosch sah den Disponenten an.
»Arbeitet Hooch Rollins gerade?«
»Ja, er legt heute eine Doppelschicht ein.«
»Also, dann hängen Sie sich schnell mal an den Funk und sagen ihm, er soll herkommen.«
»Aha, und was soll ich ihm erzählen, damit er das auch macht?«
»Sie sagen ihm, dass Sie sein Auto austauschen müssen. Sagen Sie ihm, Sie haben ein besseres für ihn. Es ist gerade geliefert worden.«
»Das glaubt er nicht. Wir kriegen keine neuen Autos geliefert. Wir gehen langsam pleite – dank Ihnen.«
»Lassen Sie sich einfach was einfallen, damit er Ihnen glaubt.«
Bosch sah den Disponenten finster an, und der Mann drehte sich zu seinem Mikrophon und rief Hooch Rollins in die Zentrale zurück.
Daraufhin verließen Bosch und Chu das Büro und berieten, wie sie vorgehen sollten, wenn Rollins auftauchte. Sie beschlossen, ihn erst anzusprechen, wenn er ausgestiegen war.
Wenige Minuten später kam ein ramponiertes Taxi, das schon seit mindestens einem Jahr dringend eine Wäsche benötigte, in die Halle gefahren. Am Steuer saß ein Mann mit einem Strohhut. Er stieg aus und sagte zu niemandem speziell: »Wo ist meine neue Karre?«
Bosch und Chu näherten sich ihm von zwei Seiten. Als sie nahe genug waren, um Rollins notfalls festhalten zu können, sagte Bosch: »Mr. Rollins? Wir sind vom LAPD und würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
Rollins sah sie verdutzt an. Dann änderte sich seine Miene, und er schien zwischen Flucht und Angriff zu schwanken.
»Wie bitte?«
»Ich habe gesagt, wir wollen Ihnen ein paar Fragen stellen.«
Damit er wusste, die Sache war offiziell, zeigte ihm Bosch seine Dienstmarke. Vor dem Gesetz konnte man nicht davonlaufen.
»Was soll ich getan haben?«
»Soviel wir wissen, nichts, Mr. Rollins. Wir möchten nur mit Ihnen über etwas sprechen, das Sie vielleicht gesehen haben.«
»Sie wollen mir also nicht was anhängen wie den anderen Jungs?«
»Nicht dass ich wüsste. Würden Sie bitte in die Hollywood-Polizeistation mitkommen, damit wir uns dort ungestört unterhalten können?«
»Bin ich verhaftet?«
»Vorerst nicht, nein. Wir zählen darauf, dass Sie mit uns kooperieren und uns einfach ein paar Fragen beantworten. Hinterher bringen wir Sie umgehend wieder hierher zurück.«
»Mann, aber in der Zeit, in der ich mit Ihnen rede, verdiene ich nichts.«
Bosch riss langsam die Geduld.
»Es wird nicht lange dauern, Mr. Rollins. Kooperieren Sie einfach mit uns.«
An Boschs Ton schien Rollins zu merken, dass es keine Rolle spielte, ob er sich für die harte oder die sanfte Tour entschied. Er würde auf jeden Fall auf die Wache mitkommen. Aus pragmatischen Erwägungen heraus entschied er sich für die sanfte Tour.
»Gut, dann bringen wir’s hinter uns. Handschellen anlegen
Weitere Kostenlose Bücher