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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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einigermaßen intelligent zu sein. Ich nehme an, dass Sie Ihre Gründe haben, solch eine gefährliche und geächtete Tätigkeit zu wählen?«
    »Ich bin knapp bei Kasse«, sagte Blaine, »und ich kann nichts anderes finden.«
    »Natürlich«, sagte Hull, als hätte er es die ganze Zeit schon gewusst. »Also haben Sie sich der Jagd zugewandt. Und doch ist die Jagd nichts, dem man sich so einfach zuwendet; auch die Bestie Mensch zu jagen ist nichts für jedermann. Dieser Beruf erfordert gewisse Fähigkeiten, von denen nicht die unwichtigste die ist, töten zu können. Glauben Sie, dass Sie die Fähigkeit dazu haben?«
    »Ich glaube schon«, sagte Blaine, obwohl er sich mit dieser Frage bisher noch nicht beschäftigt hatte.
    »Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte Hull nachdenklich. »Trotz Ihres kämpferischen Aussehens scheinen Sie
nicht der Typ dazu zu sein. Was, wenn Sie feststellen sollten, dass Sie nicht dazu in der Lage sind, mich zu töten? Was, wenn Sie im entscheidenden Augenblick, wenn Stahl auf Stahl trifft, zögern?«
    »Ich werd’s riskieren«, sagte Blaine.
    Hull nickte freundlich. »Ich auch. Vielleicht glimmt, tief in Ihnen verborgen, ein winziger Funken, der Sie zum Mörder werden lassen kann. Vielleicht auch nicht. Dieser Zweifel wird das Spiel noch aufregender machen – obwohl Sie dann vielleicht nicht mehr genügend Zeit haben werden, es zu genießen.«
    »Das ist mein Problem«, sagte Blaine und fühlte eine starke Abneigung gegen seinen eleganten und sprachgewandten Arbeitgeber in sich aufwallen. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Betrachten Sie mich als zu Ihren Diensten stehend.«
    »Danke. Warum wollen Sie sterben?«
    Hull starrte ihn an, dann brach er in Gelächter aus. »Jetzt weiß ich, dass Sie aus der Vergangenheit sind! Was für eine Frage!«
    »Können Sie sie beantworten?«
    »Natürlich«, sagte Hull. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und seine Augen nahmen den konzentrierten Ausdruck eines Mannes an, der zu einer Rede ansetzt.
    »Ich bin dreiundvierzig Jahre alt und der Tage und Nächte satt. Ich bin ein Mann mit Vermögen und habe keinerlei Verpflichtungen. Ich habe experimentiert, intrigiert, gelacht, geweint, geliebt, gehasst, gevöllert, getrunken – zur Genüge. Ich habe alles gekostet, was mir die Erde bieten kann, und ich ziehe es vor, diese Erfahrung nicht bis zur völligen Ermüdung immer wieder zu wiederholen. Als ich noch jung war, da stellte ich mir diesen wunderbaren grünen Planeten, der auf so geheimnisvolle Weise um seinen flammenden gelben Lichtspender kreist, als eine Schatztruhe
vor, golden glänzend, voll unerschöpflicher Kostbarkeiten, voller Reize, grenzenlos und unermesslich in ihrem Umfang und zur Erfüllung all meiner Wünsche bestimmt. Aber nun bin älter geworden und alle Verführungen sind schal geworden. Und ich sehe, mit welch spießbürgerlicher Selbstzufriedenheit unsere fette runde Erde sich dreht, in sicherem Abstand und in immer gleicher Bahn um ihren schimmernden, gefürchteten Stern. Und die Schatztruhe der Erde erweist sich als eine bemalte Spielzeugkiste für Kinder, mit wertlosem Inhalt und mittelmäßigen Genüssen für die Sinne, die viel zu schnell für Verlockungen taub geworden sind.« Hull blickte Blaine an, um die Wirkung seiner Worte zu prüfen, dann fuhr er fort. »Vor mir erstreckt sich nun die Langeweile wie eine riesige, unfruchtbare Ebene – und ich ziehe es vor, mich nicht zu langweilen. Ich begehre weiterzugehen, vorwärtszugehen, hinauszugehen; mich verlangt nach dem letzten großen Abenteuer der Erde – dem Abenteuer des Todes, dem Tor zum Jenseits. Verstehen Sie das?«
    »Natürlich«, sagte Blaine, der von Hulls theatralischem Benehmen irritiert, aber auch fasziniert war. »Aber warum die Eile? Das Leben könnte doch immer noch ein paar schöne Sachen für Sie parat haben. Der Tod ist doch sowieso unvermeidlich. Warum ihn dann beschleunigen?«
    »Wie ein echter Optimist des zwanzigsten Jahrhunderts gesprochen«, sagte Hull lachend. »›Das Leben ist die Wirklichkeit, das Leben ist ernst …‹ In Ihrer Zeit musste man doch einfach daran glauben, dass das Leben wirklich und ernst sei. Was gab es denn sonst für Alternativen? Wie viele von Ihnen haben denn wirklich an ein Leben nach dem Tod geglaubt?«
    »Das ändert nichts am Wert meines Standpunkts«, sagte Blaine und hasste die verhaltene, vorsichtige, rationale Haltung, zu der er sich gedrängt fühlte.

    »Aber natürlich tut es das! Die Perspektiven

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