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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Menschen, seine Krönung zum König, sein größtes Abenteuer als Ritter, die größte Tat seines Lebens. Und wie er sich bei diesem einsamen und gefährlichen Unternehmen beträgt, das ist sein wahrer Wertmaßstab als Mensch.«
    Marie riss Blaine aus seinen Erinnerungen. »Was wolltest du sagen?«
    »Ach ja.« Blaine dachte einen Moment lang nach. »Ich wollte nur sagen, dass die Gewohnheiten des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts anscheinend auf mich abgefärbt haben. Vor allem die aristokratischen Eigenheiten.« Er grinste und küsste sie. »Wobei ich selbstverständlich schon immer einen guten Geschmack hatte.«

36
    Blaine öffnete die Haustür. »Robinson«, sagte er, »kommen Sie mit mir zur Selbstmordkabine. Ich gebe Ihnen meinen Körper.«
    »Weniger habe ich auch von Ihnen nicht erwartet«, sagte der Zombie.
    »Dann gehen wir.«
    Gemeinsam schritten sie den Berg hinunter. Marie blickte ihnen einige Sekunden aus dem Fenster nach, dann lief sie hinter ihnen her.
    Sie blieben an der Tür zur Selbstmordkabine stehen. Blaine sagte: »Meinen Sie wirklich, dass Sie ohne Schwierigkeiten übernehmen können?«
    »Da bin ich mir sicher«, sagte Robinson. »Tom, ich bin Ihnen dankbar dafür. Ich werde gut mit Ihrem Körper umgehen.«

    »Ist ja eigentlich gar nicht meiner«, sagte Blaine. »Hat einem Burschen namens Kranch gehört. Aber ich habe ihn liebgewonnen. Sie müssen sich schon an seine Eigenarten gewöhnen und ihn nur ab und zu daran erinnern, wer der Chef ist. Manchmal möchte er auf die Jagd gehen.«
    »Ich glaube, das wird mir gefallen«, sagte Robinson.
    »Ja, das dachte ich mir. Na dann, viel Glück!«
    »Das wünsche ich Ihnen, Tom.«
    Marie kam näher und küsste Blaine mit eisigen Lippen. Auf Wiedersehen. Blaine fragte: »Was wirst du jetzt tun?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich fühle mich so taub … Tom, musst du es wirklich tun?«
    »Das muss ich«, antwortete Blaine.
    Er blickte sich noch einmal um und besah sich die Palmen, die im Sonnenschein raschelten, die blaue Weite des Meeres und den großen dunklen Berg vor ihm, der mit silbernen Wasserfällen geschmückt war. Dann wandte er sich wieder um und betrat die Selbstmordkabine. Er machte die Tür hinter sich zu.

    Es gab keine Fenster und auch keine Möbel bis auf einen Stuhl. Die Anleitungen, die auf einem Plakat an der Wand standen, waren sehr einfach. Man musste sich einfach setzen und den Schalter am rechten Stuhlarm irgendwann betätigen. Dann würde man sterben, schnell und schmerzlos, und der Körper würde für den nächsten Bewohner zur Verfügung stehen.
    Blaine setzte sich, überzeugte sich von der Existenz des Schalters, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    Er dachte wieder an das erste Mal, als er gestorben war, und wünschte sich, dass es aufregender gewesen wäre. Von Rechts wegen hätte er diesmal seinen Fehler wiedergutmachen und wie Hull untergehen sollen, in wildem Kampf am Abhang eines Berges, zum Sonnenuntergang.
Warum hatte es nicht so sein können? Warum hatte der Tod nicht kommen können, während er mit einem Taifun kämpfte, sich gegen einen Tiger wehrte oder den Mount Everest bestieg? Warum musste sein Tod schon wieder so langweilig, so mittelmäßig, so gewöhnlich sein?
    Warum nur hatte er niemals richtige Jachten entworfen?
    Ein solcher Tod, das wurde ihm wieder klar, hätte nicht seinem Charakter entsprochen. Zweifellos war er dafür bestimmt, auf ebendiese schnelle, unspektakuläre, schmerzlose Weise zu sterben. All sein Leben in der Zukunft musste auf diese Art des Todes hingewirkt haben – ein vager Hinweis, als Reilly starb, eine Gewissheit im Palast des Todes, ein unausweichliches Schicksal, als er sich in Taiohae niedergelassen hatte.
    Und doch erschien ihm der Tod, so gewöhnlich er auch sein mochte, als eines der interessantesten Ereignisse in seinem Leben. Blaine war sehr gespannt darauf.
    Er hatte keinen Grund, sich zu beschweren. Obwohl er über ein Jahr in der Zukunft gelebt hatte, hatte er schon ihren höchsten Preis errungen – das Jenseits! Er spürte noch einmal, was er empfunden hatte, als er aus dem Jenseits-Gebäude gekommen war – Befreiung von der schweren, trübsinnigen, immerwährenden, unbewussten Angst vor dem Tod, die auf hinterhältige Weise jede Handlung und jede Bewegung durchdrungen hatte. Kein Mensch seines Alters konnte ohne den Schatten leben, der sich wie ein schauriger Bandwurm durch seine Gehirnwindungen schlängelte, das Gespenst, das Tag und Nacht

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