Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
Vom Netzwerk:
gewachsen. Er steckte mich in meinen Raumanzug, reichte mir eine Schachtel mit Signalraketen, zog Rex ebenfalls einen Anzug an und sagte: ›Heutzutage kann es auch ein junger Mann im Weltraum zu etwas bringen.‹ – ›Sir‹, sagte ich, ›im Umkreis von zweihundert Lichtjahren gibt es keinen Planeten.‹ – ›Du schaffst das schon‹, sagte er übel grinsend und setzte mich auf diesem Gesteinsbrocken ab.«
    Der Junge holte tief Luft und sein Hund sah mich aus feuchten, ovalen Augen an. Ich gab ihm eine Schüssel voll
Milch und Brot und sah dann dem Jungen dabei zu, wie er ein Brot mit Erdnussbutter und Gelee verzehrte. Anschließend trug Mavis ihn in die Kabine und brachte ihn zu Bett.
    Ich kehrte zur Steuerung zurück, startete das Schiff wieder und schaltete die Bordsprechanlage ein.
    »Wach auf, du kleiner Idiot!«, hörte ich Mavis’ Stimme aus dem Lautsprecher.
    »Lass mich schlafen«, erwiderte der Junge.
    »Wach auf! Wieso schickt dich der Geheimdienst hierher? Begreifen die Leute denn nicht, dass es sich um einen Fall für das FBI handelt?«
    »Er ist als Verdächtiger der Klasse 10-F neu eingestuft worden«, meinte der Knabe. »Das verlangt eine Überwachung.«
    »Ja, aber ich bin doch schon da.«
    »Bei Ihrem letzten Fall haben Sie nicht sehr geglänzt. Tut mir leid, aber zuerst kommt der Geheimdienst.«
    »Und dann schicken sie dich«, schluchzte Mavis. »Ein zwölfjähriges Kind …«
    »In sieben Monaten bin ich dreizehn.«
    »Ein zwölfjähriges Kind! Und ich habe mich so angestrengt! Ich habe studiert, Bücher gelesen, Abendkurse und Vorträge besucht …«
    »Zu dumm«, sagte der Junge mitfühlend. »Ich persönlich möchte ja Raumfahrt-Testpilot werden. In meinem Alter kann ich nur auf diese Weise Flugstunden zusammenbekommen. Glauben Sie, dass er mich das Schiff fliegen lässt?«
    Ich schaltete ab. Eigentlich hätte ich mich sehr geehrt fühlen müssen. Zwei Berufsspitzel beschatteten mich. Das bedeutete, dass ich eine wichtige Persönlichkeit war, die man beobachten musste.
    Aber bedauerlicherweise waren meine Spitzel nur eine junge Frau und ein zwölfjähriger Junge. Man musste schon
sehr verzweifelt gewesen sein, dass man diese beiden ausgeschickt hatte.
    Mein Land ignorierte mich also immer noch, auf seine Weise.

    Der Rest des Fluges verlief wie am Schnürchen. Roy, wie der Knabe hieß, übernahm die Steuerung des Schiffes und sein Hund saß wachsam im Copiloten-Sitz. Mavis kümmerte sich um die Kocherei und die Hausarbeit. Ich verbrachte die Zeit damit, die Schweißnähte dicht zu halten. Wir waren eine glückliche Spitzel-Familie.
    Wir entdeckten einen unbewohnten Planeten vom Typ Erde. Mavis fand Gefallen daran, weil er klein und sehr hübsch war, mit grünen Feldern und düsteren Wäldern, von denen ihr Gedichtband erzählte. Roy freute sich über die klaren Seen und die Berge, die auch einem Kind das Klettern ermöglichten.
    Wir landeten und richteten uns häuslich ein.
    Roy interessierte sich sofort für die Tiere, die ich aus dem Kühlraum nahm und ins Leben zurückholte. Er ernannte sich zum Wächter der Kühe und Pferde, Beschützer der Enten und Gänse, Verteidiger der Hühner und Schweine. Das nahm ihn derart in Anspruch, dass seine Berichte an den Senat immer dürrer ausfielen, bis sie schließlich ganz aufhörten.
    Von einem Spion seines Alters kann man nichts anderes erwarten.
    Nachdem ich ein paar Kuppelhäuser gebaut und einige Hektar Land bestellt hatte, unternahmen Mavis und ich lange Spaziergänge in dem düsteren Wald und auf den hellgrünen und gelben Feldern.
    Eines Tages veranstalteten wir ein Picknick am Rande eines kleinen Wasserfalls. Mavis’ langes Haar hing bis auf die Schultern herab und ihre blauen Augen hatten einen
verträumten Ausdruck. Im Ganzen gesehen, wirkte sie recht harmlos, und ich musste mir unsere Rollen immer wieder ins Gedächtnis rufen.
    »Bill«, sagte sie nach einer Weile.
    »Ja?«
    »Nichts.« Sie zupfte an einem Grashalm.
    Ich begriff nicht ganz, was sie wollte. Aber ihre Hand näherte sich der meinen. Unsere Fingerspitzen berührten einander.
    Wir schwiegen lange Zeit. Nie war ich so glücklich gewesen.
    »Bill?«
    »Ja?«
    »Lieber Bill, könnten Sie eigentlich jemals …«
    Was sie sagen wollte und was ich vielleicht erwidert hätte, werde ich nie wissen, denn in diesem Augenblick wurde unsere Ruhe durch donnernden Düsenlärm gestört. Vom Himmel schwebte ein Raumschiff herab.

    Ed Wallace, der Pilot, war ein weißhaariger, alter Mann

Weitere Kostenlose Bücher