Der widerspenstige Planet
dass ich kein Wort mehr herausbrachte.
»Unter diesen Umständen haben wir kein Recht mehr, hier zu sein«, erklärte Mavis. »Wir fliegen sofort ab.«
»Aber das geht doch nicht!«, rief ich. »Ich habe eure Sphinx-Röhren doch noch gar nicht repariert!«
»Alle Spione führen Ersatz-Sphinx-Röhren und Beile mit sich«, sagte sie sanft.
Als ich sie in einer langen Reihe zu den Schiffen hinausmarschieren sah, stellte ich mir vor, welch furchtbare Einsamkeit mich erwartete. Ich hatte keine Regierung mehr, die mich beschatten ließ. Nie mehr würde ich nachts Schritte hören, mich umdrehen und das entschlossene Gesicht eines Spitzels hinter mir sehen; nie mehr würde mir das Surren einer alten Kamera die Arbeit erleichtern, nie wieder das Summen eines defekten Tonbandgeräts mich in den Schlaf lullen.
Und doch taten die anderen mir noch mehr leid. Diese armen, ernsthaften, ungeschickten, tollpatschigen Spitzel kehrten in eine hastende, tüchtige, von Konkurrenz strotzende Welt zurück. Wo würden sie jemals wieder einen Verdächtigen wie mich finden, oder einen Planeten wie den meinen?
»Leb wohl, Bill«, sagte Mavis und reichte mir die Hand. Dann sah ich sie zu Mr. Wallaces Schiff gehen. Erst in diesem
Augenblick begriff ich, dass sie nicht mehr meine Spionin war.
»Mavis!«, rief ich und rannte ihr nach. Sie eilte auf das Schiff zu.
Ich ergriff sie beim Arm. »Warte. Ich wollte damals auf der Fahrt schon immer etwas sagen. Auch später bei unserem Picknick.«
Sie versuchte sich loszumachen.
Mit höchst unromantischer Krächzstimme stieß ich hervor: »Mavis, ich liebe dich.«
Sie lag in meinen Armen. Wir küssten uns und ich sagte ihr, dass hier ihr Zuhause sei, auf diesem Planeten mit seinen düsteren Wäldern, seinen gelben und grünen Feldern. Hier bei mir.
Sie war zu glücklich, um sprechen zu können.
Da Mavis blieb, änderte auch Roy seine Meinung. Mr. Wallaces Gemüse reifte eben heran und er wollte sich darum kümmern. Auch alle anderen hatten irgendeine Arbeit, die dringend ihrer bedurfte.
Hier bin ich also: Herrscher, König, Diktator, Präsident – welche Bezeichnung ich mir auch immer zulegen will. Von jedem Land drängen seither die Spitzel heran, nicht nur aus Amerika.
Und alle Untertanen wollen ernährt sein – ich werde bald Nahrungsmittel einführen müssen. Doch die anderen Herrscher weigern sich, mir Unterstützung zu gewähren. Sie glauben, ich hätte ihnen ihre Spione abgeworben.
Das trifft nicht zu, ich schwöre es. Sie kommen von selbst.
Ich kann nicht zurücktreten, weil mir der Planet gehört. Und ich bringe es nicht übers Herz, sie wegzuschicken. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.
Da meine gesamte Bevölkerung aus ehemaligen Regierungsspitzeln besteht, könnte man glauben, dass es mir
leichtfiele, eine eigene Regierung auf die Beine zu stellen. Aber nein, sie machen nicht mit. Ich bin der absolute Herrscher eines Planeten von Farmern, Viehzüchtern, Schäfern und Molkereifachleuten; verhungern werden wir also nicht. Aber das ist nicht der springende Punkt. Entscheidend ist: Wie soll ich eigentlich regieren?
Nicht ein Einziger von diesen Leuten will für mich Spitzeldienste leisten.
DER WIDERSPENSTIGE PLANET
Morrison verließ das Zelt und bemühte sich, keinen Lärm zu machen. Dengue, der Beobachter, lag jetzt tief schlafend und schnarchend in seinem Segeltuchsessel. Morrison wollte ihn nicht wecken. Er hatte auch so schon genug Sorgen. Er musste im Laufe des Tages eine Abordnung der Einheimischen empfangen, dieselben Schwachköpfe, die auf den Klippen getrommelt hatten. Danach hatte er die Aufsicht bei der Zerstörung des Berges ohne Namen; sein Assistent, Ed Lerner, befand sich bereits vor Ort. Aber zuerst einmal musste er den neuesten Unfall untersuchen.
Es war Mittag, als er durch das Lager ging. Die Leute machten Mittagspause: Sie lehnten an ihren gigantischen Maschinen, verzehrten ihre Brote und schlürften Kaffee. Das Ganze machte einen durchaus normalen Eindruck, aber Morrison war schon zu lange Leiter bei Planetarkonstruktionen, um sich täuschen zu lassen. Niemand riss Witze, keiner beschwerte sich. Die Männer saßen im Schatten ihrer Maschinen auf dem Boden und warteten darauf, dass etwas passierte.
Diesmal war ein riesiger Bulldozer beschädigt worden. Er stand mit gebrochener Achse am Ende der Straße. Die beiden Fahrer saßen im Führerhaus und erwarteten Morrison.
»Wie ist das passiert?«, fragte er.
»Ich weiß nicht«, sagte der eine
Weitere Kostenlose Bücher