Der widerspenstige Planet
beobachteten, keine ordentliche Arbeit verrichten. Die Kameras selbst störten mich nicht einmal; es lag an ihrem surrenden Geräusch. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren.
Ich beschwerte mich beim Inneren Sicherheitsdienst. Ich sagte: »Hört mal her, Leute, warum setzt ihr bei mir nicht auch neue, geräuschlose Kameras ein, wie bei allen anderen?« Aber sie waren zu sehr beschäftigt, um sich um meine Beschwerde zu kümmern.
Dann, nach und nach, begannen mich immer mehr Kleinigkeiten zu stören. Zum Beispiel das Tonbandgerät in meinem Fernsehapparat. Das FBI hatte es nicht richtig justiert und es summte die ganze Nacht. Ich ließ mindestens hundert Beschwerdebriefe los. Ich sagte zu ihnen: »Kein Mensch außer mir hat ein Tonbandgerät, das solche grässlichen
Geräusche von sich gibt. Warum dann also ich?« Aber es war immer dieselbe Leier, die ich zu hören bekam: Den Kalten Krieg zu gewinnen, sei wirklich wichtiger; im Übrigen könne man es nicht jedem recht machen.
Solche Dinge erzeugen Minderwertigkeitsgefühle. Ich war schließlich fast davon überzeugt, dass sich der Staat für mich gar nicht interessierte.
Ein gutes Beispiel dafür ist mein Spitzel. Ich war Verdächtiger der Klasse 18 D – in dieselbe Klasse gehörte der Vizepräsident – und das berechtigte mich zu zeitweiliger Überwachung. Mein Spitzel schien sich für einen Filmschauspieler zu halten, denn er trug stets einen schmutzigen Trenchcoat und einen tief in die Stirn gezogenen Schlapphut. Er war ein hagerer, nervöser Bursche und trat mir praktisch die ganze Zeit auf die Hacken, nur um mich nicht aus den Augen zu verlieren.
Na ja, immerhin versuchte er sein Bestes. Bespitzelung ist ein konkurrenzreiches Geschäft und irgendwie tat er mir auch leid, weil er sich so unbeholfen anstellte. Aber es war doch recht peinlich mit ihm. Meine Freunde lachten sich halb krank, wenn ich irgendwo auftauchte und er mir buchstäblich ins Genick hustete. »Bill«, sagten sie, »etwas Besseres kannst du dir wohl nicht leisten?« Und meinen Freundinnen kam er unheimlich vor.
Natürlich ging ich zum Untersuchungsausschuss des Senats und beklagte mich: »Warum stellt man mir denn eigentlich keinen professionellen Spion zur Verfügung, wie ihn jeder andere auch hat?«
Sie versprachen, sich darum zu kümmern, aber mir fehlten die richtigen Beziehungen und so blieb alles beim Alten.
All diese Ärgernisse machten mich immer reizbarer. Jeder Psychologe wird bestätigen, dass auch eine Anhäufung geringfügiger Dinge zum Überschnappen führen
kann. Und ich war bald so weit. Ich hatte es satt, links liegengelassen und missachtet zu werden.
Genau zu dieser Zeit begann ich mich mit der Weite und Tiefe des Weltalls zu beschäftigen. Dort draußen gab es Milliarden Quadratkilometer Leere – eine Leere, die nichts weiter barg als unermesslich viele Sterne. Und unter diesen gab es genug Planeten, die der Erde ähnelten, für jeden Mann, jede Frau, jedes Kind einen. Auch für mich würde irgendwo ein Plätzchen sein.
Ich kaufte mir die Sternenliste des Universums und einen beinahe neuen Galaxisführer, las den berühmten Band über Schwerkraftgezeiten und studierte die Interstellar-Pilotenkarten. Schließlich gelangte ich zu der Ansicht, dass ich so viel über dieses Thema wusste, wie ein Mensch darüber nur wissen konnte.
Meine ganzen Ersparnisse investierte ich in die Anschaffung eines alten Chrysler-Sternenclipper. Bei diesem antiquierten Exemplar drang der Sauerstoff zu den Schweißnähten hinaus. Mit der Atombatterie war auch nicht zu spaßen und der verbogene Allantrieb würde die Reise eher zu einem Zufallsunternehmen machen. Das alles war natürlich mit Gefahr verbunden, aber ich riskierte schließlich nur mein eigenes Leben. Das dachte ich damals jedenfalls.
Ich besorgte mir einen Pass, die blaue und rote Freigabe, Angaben zur Schwerebeschleunigung, Spritzen gegen die Raumkrankheit und Auswanderungspapiere. In meiner Firma ließ ich mir das Geld für die letzten paar Tage auszahlen und winkte noch einmal den Kameras zu. Zu Hause packte ich all meine Sachen und sagte den Tonbandgeräten Lebewohl. Schließlich drückte ich auf der Straße meinem armen Spitzel die Hand und wünschte ihm viel Glück.
Ich hatte alle Brücken hinter mir abgebrochen.
Nun brauchte ich nur noch ein letztes Dokument. Ich eilte zur staatlichen Behörde für Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Ein Angestellter mit weißen Händen und im Solarium gebräuntem Gesicht sah mich
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