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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Blaine intensiv über den seinen nach. Er wollte alles wissen über diese letzten Minuten, diese kostbaren letzten Sekunden, in denen sein ganz persönlicher Tod auf dem dunklen Highway in New Jersey auf der Lauer lag. Hatte es Vorzeichen gegeben, eine Warnung? Was hatte er getan in diesen Momenten, was gelassen? Und woran hatte er gedacht?
    Diese letzten Sekunden waren von entscheidender Bedeutung für Blaine. Wie war sein Tod abgelaufen, in allen Details?

    Er war über einen schnurgeraden, leeren Highway in die endlose Dunkelheit hineingefahren. Die Scheinwerfer ließen die Straße wie ein weißes Band leuchten. Sein Tacho zeigte knapp über hundert. Er hatte das Gefühl, nicht schneller als fünfzig zu fahren. Weit vor ihm tauchten Scheinwerfer auf, die ersten seit Stunden.
    Blaine kehrte gerade von einer Woche Urlaub in seinem Blockhaus an der Chesapeake Bay nach New York zurück. Er hatte die Zeit mit Fischen und Schwimmen verbracht, hatte ausgiebig auf den groben Planken des Kais in der Sonne gedöst. Einmal war er mit seinem kleinen Segelboot hinüber nach Oxford gefahren, um an einer Feier in einem Jachtclub teilzunehmen. Dort lernte er ein albernes, stupsnasiges Mädchen in einem blauen Kleid kennen, das ihm sagte, in seinen Khaki-Hosen sehe er aus wie ein Südsee-Abenteurer, so hochgewachsen und braungebrannt, wie er sei. Am nächsten Tag segelte Blaine zum Blockhaus zurück, um weiter in der Sonne zu dösen und davon zu träumen, alles aufzugeben, einfach sein Boot mit Konservendosen zu beladen und nach Tahiti zu verschwinden. »Oh, Raiatea, ihr Berge von Moorea, der frische Passatwind …« , summte er.
    Aber zwischen ihm und Tahiti lagen ein Kontinent und ein Ozean und noch eine Menge anderer Dinge. Der aufkommende Gedanke taugte nur für eine halbe Stunde Tagträume, aber nicht dazu, ihn umzusetzen. Jetzt ging es zurück nach New York zu seinem Job als Jachtbauer bei der alten, berühmten Firma Mattison & Peters.
    Die Scheinwerfer des anderen Wagens kamen näher. Blaine bremste bis auf achtzig hinunter.
    Viele Jachten zu bauen gab es allerdings nicht für Blaine. Der alte Tom Mattison kümmerte sich um die gewöhnlichen Jachten, sein Bruder Rolf, bekannt als Wizard of Mystic, war weltweit für seine Hochsee-Rennjachten und
schnellen Einheitsklassenboote bekannt. Was blieb da für einen jungen Jachtbauer übrig?
    Blaine zeichnete Grundrisse und Deckpläne, war für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Es handelte sich um eine verantwortungsvolle Position, die durchaus ihre befriedigenden Momente mit sich brachte – aber Jachten baute er nicht.
    Zwar wusste er, dass er versuchen sollte, auf eigenen Füßen zu stehen, doch es gab so viele Jachtbauer und so wenige Interessenten. Wie er Laura einmal erklärt hatte, hätte er genauso gut Armbrüste, Skorpione oder Katapulte entwerfen können- alles interessante, kreative Beschäftigungen, aber wer würde sich schon für die Ergebnisse interessieren?
    »Für deine Segeljachten würde es einen Markt geben«, hatte Laura ihm beunruhigend direkt gesagt. »Warum versuchst du es nicht einfach?«
    Blaine versuchte es mit einem einschmeichelnden, jungenhaften Lächeln. »Große Taten sind nicht meine Stärke. Ich bin Experte für tiefe Kontemplation und stille Reue.«
    »Damit willst du sagen, dass du faul bist.«
    »Keineswegs. Dann könnte man auch einem Falken vorwerfen, dass er nur mangelhaft galoppiert, oder einem Pferd seine armseligen Flugfähigkeiten vorhalten. Unterschiedliche Arten kann man einfach nicht vergleichen. Und ich gehöre eben nicht zur Kategorie der Draufgänger. Träume, Sehnsüchte, Visionen und Pläne bleiben bei mir, was sie sind, sie werden nie ausgeführt.«
    »Ich kann es nicht ausstehen, wenn du so redest.« Laura seufzte.
    Natürlich hatte Blaine ein bisschen dick aufgetragen. Aber es war doch viel Wahres daran. Er hatte einen bequemen Job, ein angemessenes Gehalt, sein Arbeitsplatz war ihm sicher. Er hatte ein Apartment in Greenwich Village,
eine Stereoanlage, ein Auto, ein Blockhaus an der Chesapeake Bay, ein hübsches Segelboot und die Zuneigung Lauras sowie einiger anderer Mädchen. Ja, vielleicht hatte Laura Recht mit ihrer etwas abgedroschenen Bemerkung – vielleicht war er im Fluss des Lebens in einen Strudel abgedriftet. Wenn schon! Mit seiner langsamen, sanften Drehung bot ein Strudel viel mehr Gelegenheit, die Umgebung zu betrachten.
    Die Scheinwerfer des entgegenkommenden Wagens waren nun sehr nah. Erschrocken

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