Der widerspenstige Planet
reagiert.
»Was haben Sie zu sagen, Claude Thompson?« Auf Terrys Frage hin war Claude, der Sprecher der Thompsons, ans Mikrofon getreten, ein magerer, glattrasierter Mann im dunklen Anzug.
»Ich sage«, hatte Claude Thompson mit heiserer Stimme geantwortet, »ich sage, dass wir nicht schlechter sind als alle anderen auch. Ich meine, wie Soldaten im Krieg, sie töten doch auch. Und sehen Sie sich die Korruption in den
Behörden und Gewerkschaften an. Jeder bereichert sich auf seine Weise.«
Das war in wenigen dürren Worten Thompsons Lebensanschauung. Aber mit welcher Geschwindigkeit und Zielsicherheit hatte Mike Terry sie bloßgestellt und zerstört! Terrys Fragen hatten sich tief in die schmutzige Seele des Anführers gebohrt, bis am Ende des Gespräches Claude Thompson der Schweiß auf der Stirn gestanden hatte. Er hatte sich das Gesicht mit einem seidenen Taschentuch abgewischt und seinen Leuten nervöse Blicke zugeworfen.
Dann war Mike Terry zu Raeder gegangen und hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt. »Hier ist der Mann, der sich bereiterklärt hat, Ihr Opfer zu sein – wenn Sie ihn fangen können.«
»Wir erwischen ihn«, war Thompsons zuversichtliche Antwort gewesen.
»Verlassen Sie sich nicht zu sehr darauf. Jim Raeder hat gegen wilde Stiere gekämpft – jetzt steht er Schakalen gegenüber. Er ist ein Durchschnittsmensch. Er ist das Volk – das schließlich Sie und Ihre Leute zu Fall bringen wird.«
»Wir schnappen ihn uns«, hatte Thompson nur gesagt.
»Noch eins«, hatte Terry mit leiser Stimme hinzugefügt. »Jim Raeder ist nicht allein. Die Menschen Amerikas stehen hinter ihm. Gute Samariter aus allen Gegenden unserer großen Nation sind bereit, ihn zu unterstützen. Der unbewaffnete, wehrlose Jim Raeder kann auf die Hilfe und Anständigkeit des Volkes zählen, dessen Stellvertreter er ist. Geben Sie sich also nicht zu selbstbewusst, Claude Thompson! Der Mann von der Straße ist für Raeder – und er ist die Mehrheit!«
Raeder dachte darüber nach, regungslos im Unterholz liegend. Ja, die Leute hatten ihm geholfen. Aber auch seinen kriminellen Verfolgern …
Ein Schauder überlief ihn. Er hatte seine Entscheidung gefällt, erinnerte er sich. Er allein trug die Verantwortung. Das hatte der psychologische Test bewiesen.
Trotzdem, welche Verantwortung trugen die Psychologen, von denen er getestet worden war? Welche Verantwortung trug Mike Terry, wenn er einem unbegüterten Mann so viel Geld bot? Die Gesellschaft hatte den Strick geflochten und ihn als Schlinge um seinen Hals gelegt; er erhängte sich selbst damit und das nannte man dann »freien Willen«.
Irgendetwas stimmte doch hier nicht.
»Aha«, rief jemand.
Raeder richtete seinen Blick nach oben und bemerkte einen dicken Mann über sich. Er trug ein auffallendes Tweedjackett. Um seinen Hals hing ein Fernglas, in der Hand hielt er einen Spazierstock.
»Hallo«, flüsterte Raeder, »verraten Sie mich bitte nicht!«
»Hierher!«, rief der Dicke und deutete mit dem Spazierstock auf Raeder. »Da ist er!«
Ein Verrückter, dachte Raeder. Der verdammte Narr glaubt wohl, wir spielen hier Räuber und Gendarm.
»Genau vor mir! So beeilt euch doch!«, schrie der Mann.
Fluchend sprang Raeder auf und rannte davon. Er ließ den Hohlweg hinter sich und sah in der Ferne ein weißes Gebäude. Er lief darauf zu. Hinter sich konnte er immer noch den Mann rufen hören.
»Hierher, diesen Weg. Schaut doch hin, könnt ihr ihn denn nicht sehen?«
Die Verbrecher schossen wieder. Raeder hastete weiter, stolperte auf dem unebenen Boden, raste vorbei an drei Kindern, die in einem Baumhaus spielten.
»Da ist er!«, schrien die Kinder. »Da ist er!«
Raeder stöhnte laut und lief weiter. Er erreichte die Stufen des Gebäudes und sah, dass es eine Kirche war.
Als er die schwere Tür aufdrückte, traf ihn eine Kugel in die rechte Kniekehle.
Er stürzte, kroch in die Kirche hinein.
Das Fernsehgerät in seiner Tasche lief auf Hochtouren: »Was für ein Endspurt, meine Damen und Herren, was für ein Endspurt! Raeder ist getroffen! Er ist getroffen, liebe Zuschauer, er kriecht jetzt, er hat Schmerzen, aber er gibt nicht auf! Jim Raeder gibt nicht auf!«
Raeder lag im Mittelgang vor dem Altar und hörte die eifrige Stimme eines Kindes sagen: »Er ist dort hineingegangen, Mr. Thompson. Wenn Sie sich beeilen, erwischen Sie ihn noch!«
Galt denn eine Kirche nicht mehr als Zufluchtsort?, fragte sich Raeder. Dann wurde die Tür aufgestoßen und er
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