Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
hatte aufbringen und eine Menge Tränen vergießen müssen, bis ihr Vater ihr endlich erlaubt hatte, sich mit Kenton zu treffen. Dass Professor Bole ein gutes Wort für sie eingelegt hatte, war hilfreich gewesen. Nachdem Bole seiner Tochter auf wundersame Weise die Erinnerung wiedergeschenkt hatte, hielt der Präsident große Stücke auf ihn.
Aaliz bat ihre Gäste mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen, und setzte sich ihnen gegenüber. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, begann sie. »Wie Sie sicherlich gelesen haben, war ich in letzter Zeit krank, aber jetzt habe ich mich einigermaßen erholt.«
Kenton reagierte mit »Gott sei Dank«, seine Gattin mit einem milden Lächeln. »Vielleicht sollten wir ein Gebet sprechen«, schlug er vor. »Denken Sie daran, was Jesus uns gesagt hat, mein Kind. ›Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, dass ihr’s empfangen werdet, so wird’s euch gegeben werden.‹«
»Amen«, sagte Marsha Kenton.
»Markus 11, 24«, bemerkte Aaliz freundlich, nachdem sie PINC befragt hatte, doch insgeheim fand sie Kentons bevormundenden Ton zum Kotzen. Kind, also echt! »Wie gesagt, die Krankheit hat mich traumatisiert, ich lag sogar eine Weile im Koma. Doch als ich aufwachte, hatte ich eine radikale spirituelle Wandlung durchgemacht. Meine Krankheit, Mr. und Mrs. Kenton …«
»Jim und Marsha, bitte.«
»Meine Krankheit, Jim und Marsha, hat mich geläutert. So wie Paulus auf dem Weg nach Damaskus seine Erleuchtung hatte, fand ich meine im Walter Reed Hospital. Fazit, Jim und Marsha: Ich habe zu Gott gefunden.«
»Halleluja«, antworteten die beiden Kentons unisono.
»Und Gott hat mir eine große Aufgabe übertragen: Ich soll Amerikas Kinder wieder zurück zum Heil führen.«
»Führen?«, fragte Marsha Kenton. Aaliz vermutete, dass sie sich daran störte, dass Gott jemand anderem als ihrem Mann eine Führungsrolle angetragen haben sollte.
»Ja, Gott hat mir gezeigt, wie der Satan das spirituelle und moralische Heil unseres geliebten Landes untergräbt, indem er Amerikas Jugend korrumpiert. Die jungen Leute von heute sind abhängig: von Drogen, vom teuflischen Alkohol, von Sex und den Freuden des Fleisches. All das ist das Werk des Satans, und Gott hat mir aufgetragen, sie von diesen Süchten zu befreien und auf den richtigen Weg zu führen.«
Aaliz gab sich dermaßen selbstsicher, dass es Kenton die Sprache verschlug. Er saß mit offenem Mund auf dem Sofa, ein jämmerlicher Anblick. Seine Frau musste die Situation retten. »Haben Sie denn mit Gott gesproche n?«, fragte sie ungläubig.
Die Kentons behaupteten stets, mit Gott in regelmäßiger, vertraulicher Verbindung zu stehen, jetzt aber hatten sie es mit jemandem zu tun, der dasselbe von sich behauptete. Dass ihr Mann mit Gott sprach, war für Marsha ein Zeichen dafür, dass er auserwählt war, wenn aber jemand wie Norma Williams erklärte, mit Gott gesprochen zu haben, demonstrierte das nur, wie plemplem sie war.
»Ja«, beteuerte Aaliz mit einem strahlenden Lächeln. »Ich habe mit Gott gesprochen, und seine Botschaft war eindeutig. Ich soll einen Jugendverein mit dem Namen The Fun/Funs gründen.«
»The Fun/Funs?« Marshas Ausdruck nach entwickelte sich die Unterhaltung schnell von etwas seltsam zu völlig irre.
»Eine Abkürzung für Fundamentalisten, die auf Fun stehen. Gottes Name für eine Bewegung, die die Freude und den Glauben wieder in die Herzen der Menschen tragen soll.«
»Wir haben aber schon mehrere Jugendorganisationen«, stotterte Marsha. »Zum Beispiel unsere Jungen Gläubigen.«
Aaliz hielt inne und schenkte ihren verdutzten Gästen Kaffee ein. »Tatsache ist, dass Gott sich ziemlich abschätzig über die gegenwärtigen Jugendorganisationen ausgelassen hat, Marsha. Er hat sie als ›Micky-Maus‹-Vereine bezeichnet.«
»Das hat Gott gesagt?«
»Das waren seine Worte. Er sagte, die Jugendbewegungen würden niemals erfolgreich sein, weil ihnen zwei wichtige Dinge fehlten.«
»Als da wären?«, fragte Jim Kenton vorsichtig.
»Nun ja, das erste ist ganz offensichtlich. Sie haben keinen charismatischen Führer.«
Die Kentons wechselten einen Blick, vermutlich, weil sie Jim Kenton für den charismatischen Führer schlechthin hielten. »Und wer wäre der charismatische Führer Ihrer Fun/Funs?«
»Nun, ich natürlich. Gott verlangt von mir, mein Leben der Rettung der amerikanischen Jugend zu widmen. Wir Amerikaner haben über viele Jahre hinweg das Vertrauen missbraucht, das
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