Der Widerstand
Schmerz und Verlust zuzufügen, doch eben diese Erfahrung hatte gezeigt, dass sie es gar nicht wagen konnten, sich vor die Invasoren zu stellen und sie herauszufordern. Letztlich wäre die Größe der Verluste egal gewesen, die sie den Aliens hätten zufügen können – jeder, der in der Lage war, ganze Großstädte mit kinetischen Geschossen in Mondlandschaften zu verwandeln, würde irgendwann auch drei entlegene Dörfer in der Walachei ausfindig machen und zerstören.
Das wusste er so gut wie Basarab, aber das änderte nichts daran, dass Basarab, so wie Buchevsky, eigentlich ein Typ war, der dazu neigte, in die Offensive zu gehen. Der den Feind suchte und ihn vernichtete, aber sich nicht vor ihm versteckte.
Buchevsky hatte immer gewusst, dass er von Natur aus in diese Richtung tendierte, und seine Jahre beim United States Marine Corps, als ihm dessen Philosophie und Doktrin in Fleisch und Blut übergegangen waren, hatten diese Neigung nur noch verstärkt. Dennoch vermutete er, dass Basarab noch viel eindringlicher von dem Verlangen angetrieben wurde, alles und jeden aufzuspüren und zu zermalmen, der seine Schutzbefohlenen bedrohte. Es gab Gelegenheiten, da konnte er dieses brennende Verlangen förmlich schmecken, wenn Basarabs kalte, hungrige Augen verrieten, wie gern er auf die Shongairi losgegangen wäre, voller Hass auf jene Kreaturen, die seinem Land so unsagbare Gewalt angetan hatten. Das waren die Momente, in denen ihn der Rumäne durch seine Selbstbeherrschung noch mehr beeindruckte, weil er es schaffte, sich nicht diesem Verlangen, dieser Begierde hinzugeben, blindlings zurückzuschlagen.
Und er hatte damit völlig recht. Einem solchen Verlangen nachzugeben wäre das Verkehrteste gewesen, was er hätte tun können.
Basarabs Boten hatten den Kontakt zu einigen anderen kleinen Enklaven in der Mitte und im Süden von Rumänien hergestellt – sogar zu einigen im Norden von Bulgarien, die über zweihundert Kilometer entfernt waren. Inzwischen bereitete es diesen Enklaven fast schon mehr Sorgen, andere Menschen abweisen zu müssen, als sich gegen Aliens zur Wehr zu setzen. Nach den ersten Bombardements und den Wirren der Kämpfe in den ersten Wochen hatten die Invasoren offenbar den Entschluss gefasst, sich aus dem ungastlichen Terrain der Gebirge zurückzuziehen und stattdessen offenere, weitläufigere Gebiete zu besetzen. Nach dem Zusammenbruch der planetenweiten Kommunikation ließ sich nicht einschätzen, ob das eine generelle Taktik war oder ob es sich dabei nur um eine rein lokale Entscheidung seitens der Shongairi handelte. Zumindest schienen die Beweggründe nachvollziehbar, sofern man sie einfach auf die Aliens übertragen konnte. Truman und Sherman als Buchevskys Berater hatten deutlich gemacht, dass der Truppentransport ein Faktor war, der jeder interstellaren Expedition Limitierungen auferlegte. Von daher war es sinnvoll, die Truppen nicht zu großflächig zu verteilen und sie erst recht nicht in Gebirgsdörfer zu schicken, deren Bewohner bettelarm waren.
Laut Vasile Constantinescu, dem Anführer einer anderen, gut zehn Kilometer entfernten Enklave am nordöstlichen Rand des Stausees, hatten die Shongairi einen Außenposten nahe der Stadt Viziru in Brăila judeţ eingerichtet, was sich in Buchevskys Ohren sehr nach einer verdammten vorgelagerten Einsatzbasis anhörte. Für Buchevsky war diese Stadt nur ein weiterer Punkt auf der abgegriffenen rumänischen Straßenkarte, der sich rund zweihundertfünfzig Kilometer von ihrer jetzigen Position entfernt befand. Doch von Basarab hatte er dann erfahren, dass sich dieser Ort im Westen des Schwarzen Meers inmitten von flachem, ertragreichem Ackerland befand. Das hörte sich nach einem Gebiet an, das sich viel leichter überblicken und kontrollieren ließ als die Berge hier ringsum. Sonderbar daran waren nur die Meldungen, die Shongairi würden sich dort überraschend passiv verhalten.
Constantinescu hatte in der Gegend Familie, und nach allem zu urteilen, was er von dort gehört hatte, begnügten sich die Aliens damit, ihre Präsenz auf ein Gebiet mit einem Durchmesser von gut hundert Kilometern zu begrenzen, in dessen Mitte die gut befestigte und umfassend verteidigte Basis lag. Innerhalb dieses Gebiets reagierten sie schnell und entschieden (anscheinend viel schneller und entschiedener, als es noch der Fall gewesen war, als er mit Basarab und den anderen den Weg zum Vidraru-Stausee zurückgelegt hatte) auf jede Form von bewaffnetem Widerstand.
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