Der Widerstand
Außerhalb dieses Einzugsgebiets kümmerten sie sich dagegen zumindest bis auf Weiteres nicht um die rumänischen Überlebenden.
Es regte Buchevsky über alle Maßen auf, dass die Shongairi hochherrschaftlich dasaßen und den Menschen nur Verachtung entgegenbrachten, doch das war eine rein emotionale – und wie er selbst sagen musste, eine ausgesprochen dumme – Reaktion seinerseits. Ganz gleich, welche Gefühle sich bei dieser Vorstellung regten, wusste sein Verstand doch verdammt gut, dass es umso besser war, je weiter die Shongairi sich von seinen Leuten fernhielten und je passiver sie dabei blieben.
Die auf der Flucht befindlichen Menschen stellten dagegen eine ganz andere Bedrohung dar, und Buchevsky konnte von Glück reden, dass er mit diesem Problem nichts zu tun hatte, jedenfalls noch nicht. Hunger, Erschöpfung und Krankheiten hatten vermutlich mindestens die Hälfte jenes Teils der Zivilbevölkerung das Leben gekostet, der nach den ersten Angriffswellen die Flucht angetreten hatte. Diejenigen, die in den Überresten der Städte geblieben waren, gerieten zunehmend in Verzweiflung, da der Winter näher rückte. Einige Enklaven hatten bereits zum Teil unerbittlich gegen Flüchtlingsgruppen vorgehen müssen, um die Vorräte zu beschützen, die ihre eigenen Leute benötigten, wenn sie den Winter überleben wollten.
In vieler Hinsicht hatte Stephen Buchevskys tief sitzender Zorn auf die Aliens seinen Grund darin, dass die durch ihr Handeln die Menschen dazu zwangen, sich gegenseitig zu töten, nur um selbst zu überleben. Vermutlich hatte diese Tatsache auch etwas mit seinem Widerwillen zu tun, allzu intensiv über Basarabs Vorschlag nachzudenken.
Aber er hat recht, musste der Amerikaner zugeben und seufzte im Geiste. Und selbst wenn er nicht recht hätte, ist er immer noch der Boss.
»Also gut, Mircea«, sagte er schließlich. »Sie haben recht. Wir müssen irgendeine Übereinkunft mit den anderen Enklaven treffen, zumindest mit denen, die in unmittelbarer Nähe liegen. Und das bedeutet vermutlich, dass wir von unseren Vorräten etwas abgeben müssen, wenn eine von den anderen nichts mehr hat. Ja, okay, ich kann verstehen, welchen Sinn das hat, und das gilt auch dafür, dass wir uns gegenseitig helfen, wenn eine Enklave von Plünderern bedroht wird. Das verstehe ich alles. Aber ich gebe auch zu, dass mir der Gedanke missfällt, Pläne zu schmieden, um anderen Leuten dabei zu helfen, Menschen zu töten, während es da draußen genug Shongairi gibt, die wir stattdessen beseitigen könnten. Aber ich bin kein Schwachkopf, und außerdem ist es ja nicht so, als hätte ich in den letzten Jahrzehnten niemals auf einen anderen Menschen geschossen. Ich schätze, mein eigentliches Problem besteht darin, dass ich vielmehr den Gedanken hasse, irgendwem zu verraten, was wir hier gelagert haben. Ich weiß, wie die Menschen sind. Wenn die Kinder hungrig sind und es ist nichts mehr zu essen da, dann wird jeder Vater, der es verdient hat, Vater genannt zu werden, alles daran setzen, ihnen etwas zu beschaffen. Das kann ich nachvollziehen. Ich würde jedem Kind meine letzte Scheibe Brot überlassen. Aber wenn eine von den anderen Enklaven versucht, uns den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen, indem sie jemanden, der was von ihnen will, einfach an uns verweisen, damit sie ihre Ruhe haben, dann werde ich wirklich sehr, sehr gereizt darauf reagieren, sollten Sie wissen. Und ich kann mich nicht mal selbst leiden, wenn ich gereizt bin!«
Er zuckte mit den Schultern, und nach einem kurzen verstehenden Nicken begann der Rumäne leise zu lachen.
»Was ist?« Buchevsky sah ihn verdutzt an.
»Nichts, außer dass wir beide uns doch sehr ähnlich sind«, meinte Basarab. »Leugnen Sie es, so oft Sie wollen, mein Stephen, aber in Ihnen steckt ein Slawe.«
»In mir?« Buchevsky lachte auf und schaute auf einen sehr schwarzen Handrücken. »Hey, ich habe Ihnen das schon mal gesagt: Wenn meine Vorfahren jemals in Europa waren, dann nur, weil sie von Afrika eine Reise dorthin unternommen haben.«
»Ha!«, machte Basarab und hob einen Finger, während das Grün in seinen Augen im Kerzenschein eine ungewohnte Wärme ausstrahlte. »Ich weiß, dass Sie mir das schon mal gesagt haben, trotzdem bleibe ich dabei. Oder wollen Sie vielleicht behaupten, Buchevsky ist ein afrikanischer Name?«
»Natürlich nicht, aber wahrscheinlich hieß jemand so, dem einer meiner Ururgroßväter als Sklaven gehört hatte.«
»Unsinn! Slawen, die im 19. Jahrhundert
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