Der Widerstand
erledigen, dabei aber nur wenige Passwörter benutzten, weil ihr organisches Gedächtnis sich nicht mehr einprägen kann. Die ferngesteuerten Rechner waren vor allem an Angehörigen des US-Militärs interessiert, und da so viele emsige Roboter auf der Suche waren, mussten sie einfach irgendwann fündig werden.
Und dann war der Moment gekommen.
Der erste Treffer war ein Air Force E-6, ein Technical Sergeant, stationiert auf der Nellis Air Force Base in Nevada. Technical Sergeant James war ein Airsoft-Fan, der sich entschlossen hatte, ein GR25 SPR zu bestellen – die elektrische Version des M25-Scharfschützengewehrs.
Er erledigte die Bestellung online über eine Website mit einer 1024-bit-SSL/TLS-Verschlüsselung, die mittels der derzeitigen von Menschenhand entwickelten Technologie nicht geknackt werden konnte. Sogar Shongair-Technologie hätte damit Probleme gehabt, aber die Roboter waren von Anfang an gar nicht darauf aus gewesen, die Verschlüsselung zu knacken. Vielmehr hielten sie Ausschau nach menschlichen Fehlern, nach Unzulänglichkeiten und Lücken, und dann wurden sie fündig, und zwar in der Form eines Skripts, das zurückgeblieben war, als man das System eingerichtet hatte. Nachdem die Roboter diese offene Tür durchschritten hatten, konnten sie auf die Daten der Website zugreifen und sich speziell nach militärischen Nutzern wie Technical Sergeant James umsehen. In diesen Daten stießen sie auf James’ E-Mail-Adresse und das Passwort, das er für seine Bestellungen benutzte … und das dummerweise identisch war mit dem Passwort, mit dem er sich in das logistische Trackingsystem der Air Force einloggte. Darüber wurde der Zugriff auf viele weitere Daten und noch viel sensiblere Systeme möglich.
Natürlich nahm das alles Zeit in Anspruch, aber Sergeant James war nur eine von vielen Lücken, auf die die ständig wachsende Armee aus automatisierten Eindringlingen stieß. Computer sind geduldig, es kümmert sie nicht, wie lange ein Auftrag dauert, und sie beginnen auch nicht, sich zu langweilen. Sie arbeiten einfach immer weiter an einem Problem … und dabei kümmert es sie auch nicht, für wen sie arbeiten.
Und so dauerte es nicht mal eine Woche, seit Rasul Lady Gaga heruntergeladen hatte, bis Basislagerkommandantin Shairez über die nötigen Zugriffspunkte verfügte.
.IX.
»Entschuldigen Sie, Sir, aber ich glaube, das sollten Sie sich ansehen.«
General Thomas Sutcliffe, befehlshabender Offizier des United States Strategic Command, sah hoch und warf Major General Yolanda O’Higgins einen fragenden Blick zu, als sie sein Büro betrat. O’Higgins war eine Marine, und unter normalen Umständen beherrschte sie wie kein anderer den dieser Truppe eigenen Fetisch, stets ein makelloses Erscheinungsbild abzugeben. In dieser Hinsicht kam es ihr zugute, dass sie von Natur aus eine präzise und ordentliche Person war – die Sorte, die sich nur selten von Unvorhergesehenem überraschen ließ, weil sie für gewöhnlich jedes Problem lange im Voraus kommen sah. Und ihr kam auch noch zugute, dass sie zu den drei oder vier klügsten Menschen gehörte, denen Sutcliffe je begegnet war (er selbst konnte gleich mehrere Doktortitel vorweisen). Sie hatte zudem eine wichtige Rolle beim Ausformulieren der Anmerkungen des Korps zum F-35 Joint Strike Fighter gespielt. Aber ihre wahre Stärke war ihr stets neugieriger Intellekt, gepaart mit der ausgeprägten Fähigkeit, jenseits der Konventionen zu denken. Außerdem hatte sie sich einen Namen als vorrangige Expertin auf dem Gebiet von Kybernetik und Informationskriegführung gemacht, weshalb sie auch momentan die Führung über das Joint Functional Component Command-Network Warfare hatte.
JFCC-NW, eine von vier gemeinsamen Kommandokomponenten, über die das USSTRATCOM den Oberbefehl hatte, war verantwortlich für die »Zusammenarbeit mit anderen Nationalstaaten« bei der Verteidigung von Computernetzwerken und bei der offensiven Informationskriegführung. Sutcliffe verfügte über eine beachtliche technische Ausbildung, aber selbst er musste zugeben, dass er Lichtjahre von O’Higgins’ Klasse entfernt war, wenn es um Themen wie den Cyberkrieg ging. Er sah in ihr eine Expertin, gegen die die meisten Experten wie Amateure wirkten, und er zollte ihr allen Respekt, den eine so undurchschaubare Magierin wie sie verdiente.
Deswegen war er umso erstaunter, sie an diesem Morgen in seinem Büro zu sehen, denn normalerweise war sie äußert korrekt, wenn es darum ging, einen
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