Der wilde Planet
Unterschied zu irdischen Raptoren hatten ihre Vettern auf Zara XXIII runde, fast katzenartige Köpfe und starke Arme, die in Händen mit opponierbaren Daumen endeten. Zararaptoren konnten ihre Beute packen und festhalten, damit sie ihren scharfen Zähnen nicht mehr entkam.
Gleich nach der Ankunft auf Zara XXIII hatte sich Holloway genauso wie jeder neue Prospektor Aufnahmen von Zararaptoren ansehen müssen, die unvorsichtige Menschen angriffen und töteten. Die Videos stammten von Überwachungskameras und in einem Fall sogar von einem auf tragische Weise leichtsinnigen Prospektor. Diese Szenen waren am schwersten zu ertragen, was in einem nicht unerheblichen Maße daran lag, dass das Blut des Prospektors auf die Linse spritzte. Aber sie machten anschaulich klar, dass menschliche Gehirne es trotz ihrer großen Leistungsfähigkeit nicht mit der Geschwindigkeit, der Kraft und den Zähnen der Zararaptoren aufnehmen konnten.
Im nunmehr geschlossenen Gleiter redete sich Holloway ein, dass er nicht kurz davor stand, in Panik zu verfallen, und ging vor dem kleinen Staufach neben seinem Sitz in die Knie. Er öffnete es und holte seine Schrotflinte heraus. Es war ein kleines, stumpfes Ding mit kurzem Lauf und ließ sich eigentlich nur auf sehr kurze Distanz benutzen. Holloway dachte sich, dass es in seiner derzeitigen Situation vermutlich die perfekte Waffe war. Er hatte sie kurz nach seiner Ankunft auf Zara XXIII gekauft, aber noch nie gebraucht. Wie es schien, gab es für alles ein erstes Mal.
Er öffnete den Verschluss, um sie zu laden, und suchte im Lagerfach nach der Schachtel mit Munition, die stets neben der Flinte lag.
Sie war nicht da. Holloway lief ein kalter Schauder über den Rücken.
Von draußen war ein metallisches Rasseln zu hören. Er blickte auf. Die Zararaptoren hatten den Zaun erreicht und zerrten daran.
Der Zaun.
Holloway hatte plötzlich eine verrückte und verzweifelte Idee, weil ihm im Moment kaum etwas anderes als verrückte und verzweifelte Ideen zur Verfügung standen. Er griff nach seinem Infopanel, während einer der Zararaptoren es schaffte, das Zaungeflecht vom Pfosten zu lösen.
Holloways Gleiter war im Wesentlichen ein einfaches Modell. Er hatte ihn von einem anderen Prospektor gekauft, der pleitegegangen war und so viel wie möglich zu Geld machen wollte, bevor er zur Erde zurückkehrte. Der Gleiter war eher im Hinblick auf Zweckmäßigkeit als auf Schönheit konstruiert. Er hatte einen großen Laderaum und eine spartanische Inneneinrichtung, und all das wurde von einer versenkbaren Fenster-Dach-Kombination überspannt. Vier große Rotoren an den Ecken des Fahrzeugs sorgten für Auftrieb und Schub. Sie waren verkleidet, um keine unachtsamen fliegenden Lebewesen oder Prospektoren zu zerhäckseln.
Holloway hatte fast nichts unternommen, um den Gleiter aufzumotzen, nachdem er ihn erworben hatte. Wie jeder andere Kerl mochte er schicke Fahrzeuge – schließlich war er sogar Anwalt gewesen – , aber so etwas wirkte nur dann, wenn man auch damit angeben konnte, und auf Zara XXIII gab es so gut wie niemanden, dem man damit hätte imponieren können. Hier waren die Menschen damit beschäftigt, Geld zu scheffeln und es nicht zur Schau zu stellen. Jegliche Prahlerei wäre vergebliche Liebesmüh. In gewisser Weise war das durchaus befreiend.
Nichtsdestotrotz hatte Holloway in einer Hinsicht geprotzt. Der Vorbesitzer des Gleiters hatte ihn mit einem einzigen zweckmäßigen Lautsprecher ausgestattet, der lediglich dazu diente, akustische Meldungen des Gleiters von sich zu geben und eine Unterhaltung mit Anrufern zu ermöglichen. Das war Holloway zu wenig gewesen. Wenn er die meiste Zeit in seinem Gleiter verbringen würde, wollte er Musik und Bücher und andere Dinge hören, die sein Gehirn auf unterhaltsame Weise beschäftigten, während seine Augen und Hände arbeiteten. Holloway wollte eine Soundanlage.
Die Soundanlage, die er sich einbaute, war unvernünftig teuer, nicht weil er dieses spezielle System wollte, sondern weil es das einzige war, das im ZaraCorp-Kaufhaus erhältlich war. Die meisten Prospektoren, so hatte man ihm gesagt, hörten ihre Musik über Ohrstöpsel und benutzten für alles andere die zweckmäßigen Lautsprecher des Gleiters. Der Verkäufer machte Holloway ein tolles Angebot, wie er ihm versicherte: zwei Ohrhörer in Passform. Holloway jedoch mochte es nicht, sich irgendetwas in die Ohren zu stecken. Also biss er in den sauren Apfel und zahlte den exorbitanten
Weitere Kostenlose Bücher